Hauptfach Gelassenheit
Ex-Grundschullehrer Amos Lee hat berühmte Förderer. Dabei ist ihm die Musik gar nicht so wichtig.
Üblich ist das nicht. Bob Dylan, B.B. King und Norah Jones haben es trotzdem getan: einen total unbekannten Singer/Songwriter ohne Plattenverrrag in ihr Vorprogramm geholt und ihn in großen Arenen auftreten lassen. Auch ohne Business-Rückendeckung hatte sich in Musikerkreisen herumgesprochen, welch bemerkenswertesTalent in Amos Lee wohnt. Jetzt hat das einstige Jazzlabel Blue Note, das mittlerweile auch jazzferne Künstler wie Anita Baker, AI Green und Van Morrison beherbergt, den 27jährigen an sich gebunden. Sein schlichter Name ziert nun ein Album, das von Lee Alexander, Norah Jones‘ Bassist und Lebensabschnittspartner, produziert wurde. Sie selbst ist übrigens auf zwei Stücken dezent im Hintergrund zu hören. Folk, Soul und Blues sorgen für die wesentlichen Färbungen in den melancholisch getönten, weitgehend akustisch instrumentierten, hinreißenden Songs des Manns aus Philly. Stimmlich erinnert er phrasenweise an Wilson Pickett, aber auch Vorbilder wie Bill Withers und Stevie Wonder machen sich auf Arnos Lees Stimmbändern bemerkbar. Und wie steht es mit den Inhalten seiner Songs? Kommt da seine Vergangenheit als Grundschullehrer zum Tragen? Bei der Frage muß er lachen: „Ich glaube schon, daß meine Songs oft einen didaktischen Hintergrund haben. Bill Withers und John Prine sind meine Lieblingssongschreiber. Deren Musik verehre ich, weil ihre Songs so persönlich sind und eine zeitlose Wahrheit enthalten. Da gibt es immer großartige Charaktere und eine richtige Handlung.“ Wenn Lee mal kein vernünftiger „Plot“ zufällt, bleibt er gelassen. „Wenn mir was in den Sinn kommt-fein. Wenn nicht-so what! Musik ist die Sache, die mir am wenigsten Kopfzerbrechen bereitet. An unserer verrückten Welt hingegen könnte ich verzweifeln. Es macht mich traurig, wenn ich im Fernsehen sehe, wie Leute umgebracht, abhängig gemacht, unterdrückt oder anderswie zerstört werden. Die Gefühle, die da bei mir hochkommen, kann ich natürlich auch aus meiner Musik nicht raushalten.“ Er nimmt einen Schluck Kaffee, schaut nachdenklich aus dem Fenster. „Daß wir uns mit dem eigenen Tod auseinandersetzen müssen, macht uns hochneurotisch. Wir stehen als Lebewesen an der Spitze der Nahrungskette, sind aber im Grunde total unglücklich. Als Musiker ist man zwar nicht in der Lage, die eigene Sterblichkeit zu bewältigen, wohl aber das Leben etwas mehr zu genießen.“
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