Half Speed zum Normalpreis
Ein Kompromiß, der deutlich besser klingt.
Rechtzeitig zur immer stärker wogenden Welle an Super-Pressungen (wir berichteten mehrfach in der Importspalte) hat jetzt die CBS als erste Firma hierzulande reagiert und einen Teil der bislang nur via Import erhältlichen „CBS Master Sound“-Serie in ihr Programm übernommen. Als deutsche Pressung mit holländischer Hülle und auf der Basis amerikanischer Pressmatrizen, wie man annehmen darf. Der deutlichste Vorteil liegt dabei im Preis: Bezahlt man für die CBS-Importe ca. DM 38,- (und für Überspielungen vom Master-Band bei anderen Firmen gar noch mehr), so sind die deutschen Superschnitte für etwa DM 20,- erhältlich, plus minus DM 2,- je nach örtlichem Plattenladen- So weit so gut…
Aber: verglichen mit den CBS-Importen klingen die deutschen Superpressungen denn doch merklich schlechter, doch wiederum besser als die regulären LPs hiesiger Herstellung. Versuchen wir eine Erklärung: Übernommen hat die CBS neben Unwichtigkeiten von Neil Diamond und Barbra Streisand BORN TO RUN von Bruce Springsteen, DISCOVERY von E.L.O., BOSTON von eben diesen, BAT OUT OF HELL von Meat Loaf und Simon & Garfunkel BRIDGE OVER TROUBLED WATER. Alles also analog, nicht digital eingespielte, gängige Produktionen, die im Half-Speed-Verfahren in die Matrize geritzt wurden. Dabei drehen sich Mutterband (Master Type) und Lackiolie, aus der die Matrizen entstehen, mit halber Geschwindigkeit, was wesentliche Vorteile besitzt: Der Schneidestichel kann den Rillenauslenkungen besser folgen; die Verstärker zur Überspielung brauchen weniger Leistung; man erhält geringere Verzerrungen, größere Dynamik, verbesserte Linearitat des Frequenzgangs.
All dies kann, englisch und deutsch, im jeweils beiliegenden Info nachgelesen werden. Leider jedoch hat man bei CBS auch jene Passagen ins Deutsche übersetzt, die auf die deutschen Half-Speed-LPs offenbar nicht zutreffen. Denn um die bei der Überspielung erzielten Verbesserungen auch wirklich auf die Platte zu bringen, braucht’s noch mehr. Beispielsweise eine antistatische Verpackung; beispielsweise neues Vinyl als Preßmasse, ohne Verschmutzung wie das übliche Recycling-Vinyl; und ganz gewiß Veränderungen an den Preßmaschinen. Auf dieses hat man bei den CBS-Importen geachtet, bei den deutschen LPs offensichtlich nicht oder zumindest nicht genügend. Anders wäre der Qualitätsunterschied nicht erklärbar. Der geringe Preis allerdings schon…
Wer also deutliche Verbesserungen hören will, sollte weiter auf Importe zurückgreifen. Trotzdem empfehle ich die deutschen LPs ebenso – eingedenk des Preises. Während die Unterschiede bei BAT OUT OF HELL unwesentlich sind, machen sie sich bei BORN TO RUN und DISCOVERY deutscher bemerkbar. Die Hali-Speeds klingen durchsichtiger (Titelsong „Born To Run“!) und mit größerer Dynamik -E.L.O.’s „Dont Bring Me Down“ scheppert erheblich wüster, wie’s wohl auch ursprünglich gedacht war. Bei BRIDGE OVER TROUBLED WATER, für damalige Zeiten schon eine gute Produktion, kann man wegen der unterschiedlichen Instrumentierungen noch intensiver vergleichen: Die Half-Speed-LP rückt zunächst einmal die beiden Stereokanäle zurecht, verzeichnet kräftigere Mitten und eine räumlichere Aufteilung der Klangkörper. Silibanten (Zwischenlaute wie’s‘) tönen ausgeprägter, Simon & Garfunkel stehen „echter im Zimmer“. CBS hat damit einen Kompromiß geschlossen, der Puristen verärgern wird und trotzdem nicht faul ist: Nicht das Bestmögliche, aber zum erschwinglichen Preis. Ungewollt demonstriert die CBS aber auch, mit welch geringen Mitteln die zum Teil katastrophale Qualität unserer LPs verbessert werden könnte. Nur ist das nicht Aufgabe der CBS von ihr kommen nämlich nicht die schlechtesten Normal-LPs…