h.o.r.d.e.


Lollapalooza ist out. Wahre Hippies schließen sich der H.O.R.D.E. an. Und feiern gemeinsam mit den Black Crowes, Blues Traveler, Sheryl Crow & Ziggy Marley den „"Sommer der Liebe und des Friedens"

Die H.O.R.D.E.-Tour zieht mit einem Riesentroß treuer Anhänger durch die Vereinigten Staaten: Der etwas andere Zwillingsbruder der Alternative-Tournee Lollapalooza, das Festival für die Kiffer, für die Birkenstock-jünger, für die Luftgitarristen und für alle, die sich auch in den neunziger Jahren ein Hippie- und Make-Love-Not-War-Feeling bewahren wollten. Da werden Erinnerungen an die guten alten Zeiten der endlosen Grateful Dead-Tourneen wach: Viele der seit dem Tod von Jerry Garcia verwaisten Deadheads fanden sich in diesem Jahr in zunehmender Zahl bei H.O.R.D.E. wieder und tanzten blümchengeschmückt durch den Sommer. Am meisten überrascht vom Erfolg des an einen Wanderzirkus erinnernden Festivals ist der Veranstalter selbst: John Popper, Blues Traveler-Frontmann und zusammen mit Bandmanager Dave Frey einer der H.O.R.D.E.-Väter: „Damit haben wir nicht im entferntesten gerechnet.“ „Damit“ meint Popper, daß das Line-Up mit den Black Crowes (als Headliner), den Blues Traveler, Sheryl Crow, Ziggy Marley und der Newcomer-Formation Wilco in 23 Städten zur absoluten Zugnummer wurde, fast überall ausverkaufte, und daß H.O.R.D.E. heuer erstmals schwarze Zahlen schrieb. Ursprünglich ging es dem stämmigen Blues-Sänger nämlich nur um eines: „Ich wollte im Sommer einfach nicht mehr in Hallen auftreten. Das hasse ich! Doch die Kosten von Open Airs sind für eine Band von unserem Kaliber einfach viel zu hoch – also taten wir uns mit ein paar Gleichgesinnten zusammen.“ Frey fährt fort: „Wir beherzigten die Definition des Wörterbuchs von ‚Horde‘: Eine unorganisierte Gruppe, die sich in die gleiche Richtung bewegt.“ Es kursieren auch andere H.O.R.D.E.-Interpretationen, wie zum Beispiel: Hippies On Recreational Drugs Everywhere (Hippies auf Erholungsdrogen). Die offizielle – weil Poppers eigene – Übersetzung klingt da schon weitaus seriöser: „Horizons Of Rock Developing Everywhere“. Chris Robinson, den Marijuana-erprobten Chef der Black Crowes, kratzt es allerdings wenig, für was die vier Buchstaben nun ganz genau stehen sollen. Für ihn zählt nur die Idee, mit einem bunten Band-Troß durch die Lande zu ziehen und unter freiem Himmel eine flotte Party zu feiern. „Genau deshalb kamen so viele Leute“, sagt der dünne Chris, „weil wir den Leuten den besten Musik-Nachmittag des ganzen Sommers bieten konnten.“ Also bessere Unterhaltung als bei Lollapalooza, das in dieser Saison mit L7, Quicksand und Sublime antrat? „Auf alle Fälle. Lollapalooza ist weit mehr Geschäft und viel, viel weniger Spaß und Musik“, behauptet Robinson. Er muß es wissen. Schließlich spielten die Black Crowes im letzten Jahr bei einer Lollapalooza-Show in Atlanta. Sein Resümee: „Lollapalooza ist doch wie ein Supermarkt durchorganisiert – nur daß es mehr Piercing-Stände gibt.“ H.O.R.D.E. dagegen hat das Zeug zum Kult.