Green Day
DIE EINZIGE ÜBERRASCHUNG DIESER SHOW WAR das Publikum. Bestandes vor vier Jahren noch ausnahmslos aus Halbwüchsigen, so waren es an diesem Abend vorwiegend ältere Semester, die die Neo-Punker aus der Bay-Area erleben wollten. Vielleicht sind es die gleichen Fans von früher, und sie sind alle entsetzlich schnell gealtert, vielleicht gehen die Kids heutzutage auch zu Ska-Bands und schicken ihre Eltern zu Green Day, vielleicht… nein, bestimmt sogar ist das Ganze keine Überlegung wert, die länger in Anspruch nehmen würde als der Verzehr von einem halben Glas Bier. Die Show war lang, zwei Stunden, und Mike Dirnt (bass), Billy Joe Armstrong (git) und Tre Cool (dr) spielten all die Hits ihrer letzten drei Alben. Wobei auf dem zweiten kaum Hits waren und deshalb auch nicht gespielt wurden. Sie spielten mit minimalen Unterbrechungen, nur einmal pausierte Billy Joe und überlegte laut, ob er aufs Publikum pinkeln solle. Eine rein rhetorische Überlegung, schließlich ist dies fäkalfreier, massenverträglicher Neo-Punk. Auch die große Schlußrandale, bei der wie es die Tradition will-alle Instrumente und Amps in einem Rückkopplungsrausch zertrümmert wurden, sah gerade mal so authentisch wütend und riskant aus wie eine Tanznummer von Fred Astaire und Ginger Rogers. Green Day spielen mit einer Perfektion, die nur Bands erreichen, die ständig touren. Naht- und mühelos reihen sie ihre Songs aneinander, bis diese sich zu einem einzigen, unendlichen Dreierakkord verdichten. Aber genau wie bei wirklichen Kompressoren, die Luft ansaugen und verdichten, verhält es sich auch bei Green Day: Sie wirbeln und wirbeln, aber am Ende kommt doch nur heiße Luft dabei raus.