Gram statt Grunge: Smashing Pumpkins


MÜNCHEN. Letztes Jahr noch hatte man versucht, die Smashing Pumpkins — ihrer nicht gerade trendgemäßen Chicagoer Herkunft zum Trotz — in den großen Grunge-Topf zu werfen. Für die wenigen Flanellhemden jedoch, die sich in Erwartung anarchischer Gitarrenattacken in den alten Münchner Flughafenhallen eingefunden hatten, war der Abend kein Festmahl. Denn auf der Bühne präsentierte sich die Band um Kreativzelle Billy Corgan noch entrückter als auf ihren bisherigen Plattenveröffentlichungen. Wenn Corgan mit seiner Gitarre die Sinnfrage stellt und seine Band dazu schwer meditative Klangteppiche auswalzt, läßt sich dazu schlecht ekstatisch der Kopf schütteln.

Vielleicht waren deshalb in bester Vorahnung zum Konzert mehr kurzhaarige Philosophiestudenten erschienen als zerzauste Anarcho-Kids. Doch auch von denen fühlte sich Corgan weitgehend mißverstanden. Deplazierte Rufe nach Pumpkins-„Hits“ quittierte er mit eindeutigen Absagen. Je aufgeregter das Publikum wurde, desto ruhiger wurde die Band. Ganze Aufmerksamkeit war gefordert — und das ist offensichtlich keine leichte Aufgabe für durchschnittliche Konzertgänger.

Die ausufernde Schwermut, mit der sich die Smashing Pumpkins in deutlich anderen Sphären bewegen als aufrührerische Rock’n’Roll-Kollegen stellt ihre Ansprüche. Wer sich darauf nicht einlassen konnte, hatte allenfalls noch Spaß daran, das platinblonde Können von Bassistin D’Arcy zu bewundern. Pathologische Seelenkrämer jedoch konnten sich von der hypnotischen Behäbigkeit der Smashing Pumpkins-Gitarren bestens ins eigene Ich entführen lassen. Was kein lustiges Feierabendvergnügen ist, aber eine tiefgehende Erfahrung — und für einen Konzertabend fast so untypisch wie der dort zu vernehmende Satz im Publikum: „Pst, hört doch endlich mal auf zu reden‘. Ich würde gerne der Band zuhören. „