Meinung

Goldene Kamera mit Böhmermann als Moderator? Wäre auch belanglos


Jan Böhmermann schlägt sich in einem langen Monolog selbst als Moderator der Goldenen Kamera vor. Leider trifft er damit nicht das eigentliche Problem der Verleihung.

Vorwurfsvolle Aussagen, die Jan Böhmermann in seinem Spotify-Podcast auf das ZDF, die gesamte deutsche Fernsehbranche und im Speziellen die Organisatoren der Goldenen Kamera abgefeuert hat, werden seit Montag auf verschiedenen Webseiten zitiert. Die Show war bis auf den Streich, den die „Circus Halligalli“-Redaktion den Veranstalter mit einem falschen Ryan Gosling gespielt hat, völlig belanglos, trauriger Tiefpunkt war ein „Stammestanz“, den Annette Frier um einen goldenen Umschlag aufgeführt hat.

https://www.youtube.com/watch?v=gE2opg6ajcY

Böhmermann sagte im Podcast, er habe für die Verleihung eine Familienfeier abgesagt und sich dann im Publikum der Goldenen Kamera gelangweilt – der Arme. Im „Fest und Flauschig“-Podcast holt er weiterhin richtig aus und erklärt, dass er selbst die Veranstaltung natürlich viel besser moderieren würde. Denn neben vielen sehr richtigen und sinnvollen Dingen, ließ sich Böhmermann zu folgenden Aussagen hinreißen:

Ich habe dem ZDF gesagt, als die mich vor Monaten überreden wollten – ich habe ja mal erzählt, ich soll zur Goldenen Kamera gehen, und da war wirklich ein Familienfest in Bremen an dem Abend, wo ich hingehen sollte, aber ich habe mich dann ja vom ZDF breitquatschen lassen. Und ich bin dann hingegangen, und ist ja auch okay, meine eigene Verantwortung. Aber ich habe [zuerst] gesagt: Okay, ich gehe erst wieder hin, wenn ich das moderieren darf, und keiner vom ZDF sich vorher die Texte anguckt, die ich auf der Bühne sagen werde. Und ich verspreche, das wird eine Sendung, über die man noch 20 Jahre reden wird, und alle haben eine Menge Spaß. Wenn ich das moderiere, wird das mega-lustig. Nicht im Sinne von, weil ich so ein geiler Typ bin, sondern ich weiß einfach: Das wird wirklich lustig. Und die Leute werden da sitzen und denken: Dass das erlaubt ist. Aber gut, ist lustig. Und es wird eine ausgelassene Stimmung sein, und zwar nicht, weil sich die Leute darüber unterhalten, wie scheiße das ist.

Die Wut des Moderators ist nachvollziehbar. Die Goldene Kamera ist genauso wie viele andere deutsche Preisverleihungen eine fade Veranstaltung. Böhmermann habe sich „zwischenzeitlich in ein türkisches Gefängnis gewünscht“, so schlimm fand er die Verleihung.

„Wetten, dass..?“ mit Böhmermann war auch ein Reinfall

Der Moderator offenbarte an einigen Punkten aber eine überraschende Selbstüberschätzung. Immerhin wirkt sein „Neo Magazin Royale“ oftmals selbst nur wie eine auf Sicherheit gespielte Kopie von US-Late-Night-Shows, die dafür aber ab und an einen Viralhit hervorbringt. In Gänze sind die 40 Minuten pro Woche weit weg davon, eine Innovation im deutschen Fernsehen zu sein. Böhmermann kritisiert zwar oft die richtigen Dinge, dies zu tun scheint mittlerweile aber auch sein Kerngeschäft zu sein, die Weiterentwicklung seiner Formate scheint da anstehen zu müssen.

In der Rolle als Moderator sieht er sich scheinbar selbst aber soweit, auch eine große Gala wie die Goldene Kamera übernehmen zu können. An dieser Stelle sollte man sich vielleicht an das „Wetten, dass..?“-Revival mit Böhmermann erinnern. Statt neuem Drive für ein altes Showkonzept gab es nur Langeweile und müde Gags.

Die Inszenierung ist nicht das größte Problem der Goldenen Kamera

Des Weiteren ist die Inszenierung einer Preisverleihung nur die halbe Miete. Was wirklich wichtig ist und der Goldenen Kamera seit Jahren fehlt: Der Preis muss etwas wert sein, etwas bedeuten. Ein „Ausgezeichnet mit der Goldenen Kamera“ hat man lange nicht mehr auf einem Plakat gesehen. Da liest man eher Europäischer Filmpreis, Golden Globe und natürlich Oscar. Weil diese Preise tatsächlich etwas wert sind, beziehungsweise sich noch vermarkten lassen. Frage: Wer hat am 4. März die Goldene Kamera als Schauspieler National gewonnen? Eben.

Böhmermanns Ansatz, die Verleihung vor allem durch bessere Inszenierung aus dem Tal zu holen – vor allem mit sich selbst – ist nicht weit genug und zu selbstherrlich gedacht. Da haben Klaas und Joko dem deutschen Fernsehen einen größeren Gefallen getan. Indem sie erst einmal gezeigt haben, wie austauschbar die verliehenen Preise sind. Und indem sie durch die Form der Kritik wiederum Entertainment kreiert haben, anstatt nur zu motzen.

Alle weiteren Aussagen Böhmermanns kann man bei meedia nachlesen oder bei Spotify hören.