Go-Go’s
Bevor die Zyniker ans Werk gehen, sei’s laut und deutlich vorweg genommen: Der Auftritt der wiedervereinigten Go-Go’s im Shepherds Bush Empire entpuppte sich als veritable Seelenmassage. Auf der Bühne geschah zwar nichts Weltbewegendes, da wurden keine musikalischen Mauern eingerissen, da taten sich keine neuen Erkenntnisse auf — nein, was hier zelebriert wurde, war schlicht und einfach gute Laune. Nicht mehr, und nicht weniger.
Zugegeben, die Einführung eines neuen Designer-Bieres hätte in Britannien sicherlich für mehr Aufsehen gesorgt als die Reunion der Girlgroup aus L.A. Die kecken Pseudo Punk-Ladies konnten auf der Insel nicht annähernd die Erfolge verbuchen, die sie in den USA vor zwölf Jahren zu den Königinnen des Power-Pop avancieren ließen. Selbst ein längerer Aufenthalt in London vermochte ihren Ruf als leichtgewichtige Copy-Kätzchen nicht zerstreuen. Jedenfalls wird manche lichte Reihe gesichtet, als die Band zur Tonband-Begleitung von ‚Kung-Fu Fighting‘ auf die Bühne stürzt und dabei quietscht, als sei sie gerade mit Mühe und Not der Pubertät entkommen. Nur ein Ur-Go-Go fehlt: Charlotte Caffey ist wegen soeben erfolgreich abgeschlossener Schwangerschaft im verdienten Mutterschaftsurlaub. Statt Ihrer zupft links außen Ex-Bangle Vicky Peterson die Gitarre. Sie ist der ruhende Gegenpol zu der permanent hüpfenden, grinsenden, kreisedrehenden und witzelnden Jane Wiedlin am anderen Bühnenende. Dazwischen tut die mit Bubikopf und schimmerndblauem Minikleidchen außerordentlich keß dekorierte Belinda Carlisle ihr Bestes, nicht allzu professionell zu wirken. Und Schlagzeugerin Gina Schock drischt drauflos wie Ricky von den Ramones. Alte Hits (‚Our Lips Are Sealed‘, ‚We Got The Beat‘) harmonieren wunderbar mit den Cover-Versionen (‚Cool Jerk‘ von den Capitol’s, ‚Sedated‘ von den Ramones) – und auch die paar neuen Stücke fallen nicht aus dem Rahmen. Schon nach wenigen Minuten wird klar, daß die Go-Go’s ihre Daseinsberechtigung nicht verloren haben: Mit viel Humor gesegnet und ohne eitles Show-Gebaren, können sie mit den Ergüssen der aktuellen Neo-Punks noch allemal mithalten.