Glückskind im Hintergrund
Wer auch nur ein einziges Mal das Vergnügen hatte, bei einem Olli-Schulz-&-der-Hund-Marie-Konzert dabei zu sein, hat hinterher vielleicht folgende Idee: Bei weltweit jedem knapp dreistündigen Konzert (außer Bruce Springsteen) sollte Schulz zwischen den Songs auf die Bühne kommen und Geschichten erzählen. Oder die Hardcore-Opis Agnostic Front parodieren und sich das Mikrophonkabel um die Hand wickeln, bis sie blau anläuft. Dumme bzw. unwissende Menschen halten Olli Schulz für bloß einen Witzbold; der Fernsehsender Pro7 wollte ihn mal erfolglos für eine dieser Comedy-Sendungen engagieren, die einen in ihrer Flachheit daheim vor dem Fernseher verrückt machen können. Nein, die Wirklichkeit sieht so aus: Olli Schulz erzählt uns auf seinen Platten Brichst Du Mir Das Herz, Dann Brech Ich Dir Die Beine Und Das Beige Album etwas über die Komik, die in der Tragik liegt, und das Tragische, das selbst den komischen Momenten innewohnt.
Was hat Schulz eigentlich gemacht, bevor Kettcar-Sänger Marcus Wiebusch ihm die Chance gab, auf dem damals gerade gegründeten Label Grand Hotel Van Cleef seine Musik zu veröffentlichen? „Ich habe Medienwissenschaften studiert und ah Aufnahmeleiterassistent bei einer Filmproduktion gearbeitet. Und bei „Premiere“. Ich habe Filmdrehbücher geschrieben, die immer abgelehnt worden sind. Mein Jugendtraum war eigentlich, einen Film zu drehen. Nebenbei habe ich acht Jahre als „Stagehand“ bei Konzerten gearbeitet – eigentlich nur, weil ich Bands sehen wollte. Mir ist Evan Dando auf den Kopfgefallen, und ich habe eine dicke Narbe auf dem Kopf von seiner Gitarre.“ Apropos Evan Dando: Weil Olli Schulz einen ganz bestimmten warmen und sehr persönlichen Sound im Kopf hatte, drückte er Produzent Swen Meyer Alben von Wilco, Damien Rice, Bonnie „Prince“ Billy und eben Dando in die Hand. Gute Idee, denn Das Beige Album klingt kein bißchen „deutsch“, sondern eher amerikanisch, wenn man sich das tendenziell hamburgerische Idiom des Songschreibers wegdenkt.
Schulz sieht müde aus; er schlafe zur Zeit nur fünf bis sechs Stunden täglich, sagt er, aber das sei gut gegen Depressionen. Sowieso befinde er sich momentan in einer eher harmonischen Lebensphase:
„Ich bin froh, daß ich bisher genug Platten verkauft habe, um meine Miete davon zahlen zu können und hoffe, daß mir das mit dem neuen Album wieder gelingt. Ich versuche, mit dem, was ich da mache, ein eigenständiger Mensch zu bleiben und mich nicht verbiegen zu müssen. Und ich bin wirklich ein Glückskind: Ich werde weder zu dieser neuen deutschsprachigen Welle gezählt, noch bin ich jemand, der sich in den Vordergrund spielt und wie Grönemeyer die ganze Nation als Geisel nehmen will. Ich hatte mich von mir aus nie bei einer Plattenfirma mit meinem Songs beworben, aber zu der Zeit, als man mir die Chance gab, hatte ich nichts zu verlieren. Ich habe es einfach gemacht.“
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