Gesäuberte Rocknacht beim ZDF


Nun hat das ZDF also auch seine Rocknacht absolviert. Natürlich nicht ganz so freihändig und ohne Metz wie es der Rockpalast des WDR handhabt. Die Bands Roxy Music, Dire Straits, Talking Heads und Mike Oldfield traten kurz vor Weihnachten zwei Abende hintereinander in der Dortmunder Westfalenhalle auf, und das ZDF zeichnete beide Male auf, um dann für die Ausstrahlung am 3. Januar eine gesäuberte Fassung aus beiden Auftrittstagen zusammenzuschneiden.

So mußte man sich für die lästigen Umbaupausen kein Füllprogramm ausdenken und konnte zudem für diese Eurosvisionssendung auch bei den einzelnen Auftritten noch die Schere ansetzen. Und Rockpop-Moderator Christian Simon (für den Anlaß in Leder gequetscht) mußte sich nicht in peinlichen Interviews exponieren.

Da ist der Rockpalast natürlich spannender, das direkte Live-Feeling, das gemeinsame Zittern vor Pannen und das unberechenbare Verhalten der Bands gehen einfach stärker an die Substanz. Andererseits macht so ein redigierter, eingängiger Block nach ZDF-Manier, das Ereignis konsumierbarer. Die Chance, alle Bands bei vollem Bewußtsein mitzuerleben, ist hier natürlich größer. Der Sound schien im ZDF besser als bei den Direktübertragungen der Rocknächte aus der Essener Grugahalle, das ist allerdings dadurch ausgeglichen, daß die Rockpop-Nacht ausschließlich über TV und nicht über den Rundfunk in Stereo ausgestrahlt wurde.

Roxy Music erschienen über den Bildschirm als recht uninteressanter act. Wer die Band bei ihren Konzerten im Sommer ’80 erlebt hatte, mag ziemlich enttäuscht gewesen sein. Nicht nur, daß Bryan Ferry mehrfach die Stimme entgleiste. Die vom ZDF gekürzte Fassung ihres Auftritts war diverser Highlights beraubt, so schien das Programm zum Großteil aus zähen Balladen zu bestehen. Dire Straits ohne David Knopfler, dafür aber mit erweiterter Tourbesetzung trafen in der Halle auf ein sehr dankbares Publikum. Es mag an der Kamera-Regie gelegen haben, daß Mark Knopfler am Fernsehschirm den Eindruck erweckte, die Pausen zwischen seinem Gitarrenspiel ein wenig zu selbstgefällig auszudehnen. Ein fantastischer Gitarrist, eine gute Gruppe; leider mit viel zu engem Variationsradius und daher entsprechend hohem Abnutzungsprozeß.

Die Talking Heads dürften die ersten Schläfer vor der Bildröhre wieder hellwach gespielt haben. Erstens kam der Sound glasklar und differenziert rüber wie von keiner anderen Band der mittellangen Nacht, und zweitens legten sie gleich mit ihrem „Psycho Killer“ ein Tempo vor, das die relaxt lähmende Atmosphäre, die während des Dire Straits-Auftritts aufgekommen war, im Nu wegwischte. Die Talking Heads wurden verstärkt durch den Bowie-Gitarristen Adrian Belew und eine schwarze Sessiontruppe, die die New Yorker Coolness der Heads durch extrovertierte Bühnenpräsenz spielend überstrahlte. Der Schwerpunkt dieses Auftritts lag (entsprechend der neuen LP) bei einer perkussiven Funkspielart, der auf der Bühne eigentlich nur Frontmann David Byrne genügend Power entgegenbrachte. Tina Weymouth verzog sich mit ihrem Bass völlig in den Hintergrund. Geradeso, als hätte sie vor der ungezügelten Power des Bassisten Buster Cherry Jones einfach resigniert. Auch die Kameraregie hielt sich beharrlich an die schwarzen Sessionleute (zu der noch Funcadelics Bemie Worell, keyb. gehörte u. Perkussionist Steven Scales) und vor allem die attraktive Sängerin Dollette McDonald.

Bezeichnenderweise holten sie Tina voll erst heran, als ihr ganz zum Schluß das Minikleid beim Spielen noch etwas höher rutschte… Nach einem derartigen Adrenalinstoß konnte Mike Oldfield nur noch auf die Treue seiner Fans hoffen, die ihn im Fernsehen als letzten in der Reihe sahen. Seine romantisch-tänzerischen Klänge mit Hang zum Folkrock verlangten eigentlich mehr Hingabe und Konzentration, als man nach den Talking Heads noch aufbringen konnte.

Diese ZDF-Rocknacht sollte nun aber nicht nach dem Motto „besser als gar nichts“ als Alibi für die sonstige Vernachlässigung der jugendlichen Fernsehzuschauer gewürdigt werden. Warum geht man eigentlich auch hier von vornherein ins Nachtprogramm? So aufregend ist eine Fete ohne Stereosound auch nicht und Nachtprogramm bedeutet nach wie vor Abstellgleis.