Galliano – A Joyful Noise Upon The Creator


Noch nie war Tanzen so entspannt. Galliano sucht mit sanften Rhythmen nach der wahren Schwingung und findet erfrischend planlos zur Perfektion.

„Vibes“ sind Gallianos Zauberformel. Wenn die Formation um den irischstämmigen Rap-Poeten Rob Galliano, Rapper Constantine und Percussionist Spry ihre Mischung aus Jazz, Soul, Hip-Hop und Reggae zelebriert, steht alles im Zeichen der richtigen Schwingung, und die ist ansteckend. Als Musterschüler der Talking Loud-Label-Philosophie und mit der helfenden Hand des Jazz-Dance-Gründervaters Gilles Peterson gereichte ihr letztjähriges Debüt ,ln The Pursuit Of The 13th Note“ schon zum kleinen Kult. Und es ist der labeltypische Familiengeisl, der sich auch auf „A Joyful Noise …“ hörbar niederschlägt: Waren auf der Suche nach der 13ten Note noch Altmeister wie Roy Ayers, Pharoah Sanders und Jalal von den Last Poets beteiligt, vertrauten Galliano für die Produktion ihres zweiten Albums auf die Hilfe ihrer Labelkollegen Omar und Carlene Anderson. Als Produzent wirkte Ex-Style Council-Keyboarder Mick Talbot, der auch auf der Bühne behutsam und dezent die musikalischen Fäden zieht.

Verändert hat sich dabei vor allem die Qualität: Brillant arrangierte Kompositionen und lockere Reime demonstrieren deutlich den musikalischen Fortschritt.

,Beim ersten Album“, locht Spry, .saß doch eine Band im Studio, die total bekifft wor und ihr Glück nicht fassen konnte.‘ 18 Monate auf Tour haben daran einiges geändert. Noch immer do miniert die Galliano-typische Songstruktur, Raps mit sparsamer Instrumentierung locker voranzutreiben, nach wie vor lebt Galliano durch fantastische Partystimmung auf Tonkonserve. Die Stücke ober sind weniger fragmentarisch: echte Songs eben, wie „Prince of Peace“ und .Jus‘ Reachin“.

Thematisch bleiben Galliano nach wie vor der Gosse näher als der Cocktailbar — und das ist ihre Stärke: „Streetpoets“ reimen über den Traum von Liebe und Frieden zwischen den Menschen, den Schmelztiegel London und das Leben im Dschungel der Städte. .Calliano sind die am wenigsten kommerzielle Band auf Talkin loud“, stellt labelboss Pererson klar, „und sie hoben Zeil sich zu entwikkejn.“ Am liebsten ewig.

DER GEIST

Eigentlich sind Rob Galliano, Spry und Constantlne bloß geniale Dilettanten. .Ich zögere immer, mich Musiker zu nennen“, gibt Constantine auch offen xu. .Wir haben Ideen, doch mit dem Handwerk hapert es ein wenig.‘ Da hilft im Zweifelsfall der Mann im Hintergrund, der mit dem Wissen und Können einer erfolgreichen Karriere im Musikgeschäft die Fäden zieht: Mick Talbot. Der Produzent und Keyboarder von .A Joyful Noise Unto The Creator* trat zum ersten Mal mit The Style Council in Erscheinung und verblüffte dort mit seinem enorm jazzigen, druckvollen Tastenspiel. Gemeinsam mit Paul Weller war Mick Talbot einer der Motoren des ersten großen Jazi-Revlvals Anfang der Achtziger. Songs wie JWy Everchanging Moods‘ oder „You’re The Best Thing* wurden zu Hymnen einer sanften Dekadenz. Und Mick Talbot gewandete sich mit Vorliebe passend in beigefarbene Dufflecoats, karierte Stoffhosen und schwarze Roths — ein schweigsamer Stratege der Hipness. Als sich dann, Ende der Achtziger, The Style Council auflösten, arb° -ste Mick Talbot eine Weile hinter den Kulissen als begehrter Remixer von Club-Tracks. Seine engen Kontakte zur Londoner Szene aber blieben bestehen. Au* den ersten Acid-Jazz-Compilations war er dann schon wieder vertreten als Keyboarder und Co-Produzenf. Und mit der Gründung des Talkin‘ Loud-Labels wurde auch der Terminplan des Mick Talbot wieder voll. Denn nicht nur mit Galliano arbeitet er fest zusammen. Auch die Young Disciples, zweite Paradeband bei Talkin‘ Loud, betreut Mick Talbot als Produzent. .Ich bin ziemlich uneitel‘, lächelt der Hintermann. Jm Mischpult fühle ich mich einfach am wohlsten.‘

DIE VIBES

Vlbes: Kein Wort taucht öfter auf, wenn Rob Galliano und Konsorten ihre Musik beschreiben. Ohne Vibes keine Konzerte, der eigens bestellte Vibe-Controller beherrscht die Bühne, es gibt Vibes-Piakate, Vibes im Studio; Vibes, Vibes, Vibes – ohne Ende.

Doch, was eigentlich sind die legendären Vibes von Galliano?

.Wenn wir die Vibes genau beschreiben könnten‘, grinst Rob Galliano, .wäre auch unsere Musik nur noch ein exakter aber langweiliger Entwurf. Vlbes sind Improvisation, Spaß, Gemeinsamkeit. Ein gleicher Groove, den wir haben und den unser Publikum spüren soll. Davon lebt unsere Musik.“

Und nach einem tiefen Zug am Joint ergänzt Percussionist Brother Spry trocken: .Vibes sind manchmal auch bloß ein gewaltiger Pfurz im Kosmos.“

Rapper Constantine gerät ins Schwärmen. .Vibes haben eine Menge mit Sommer, Sonne und einem relaxten Lebensgeföhl zu tun, das wir versuchen, mit unserer Musik auszudrücken. Die Tiefe eines Solos von John Cottrone kann ich genauso in einem schweren Dub-Keggae wiederentdecken. HipHop, House, Soul, Jazz und Keggae die unbeschwerte Verbindung all dessen ist der Vlbe.“ .Die legendären Vibes stecken irgendwo im besonderen Sound der Band“, erklärt Produzent und Keyboarder Mick Tolbot. .Wir klingen sehr warm und zugänglich nicht so technisiert und kühl wie die meiste Tanzmusik. Ich glaube, das Hegt daran, daß wir auf Gitarren fast ganz verzichten und stattdessen einen breiten Teppich aus vollen Orgel- und Keyboardsounds stricken. Unser Schlagzeug klingt nie brutal hart, sondern immer etwas muffig. Wir setzen reichlich Percussions ein. Galliano klingen human. Das Ist der Vibe.“