Funk/Soul


Drei in etwa gleich gute, wenn auch grundverschiedene LPs von Ladies, deren Ausstoß in den vergangenen Jahren immer von allerhöchster Qualität war, verdienen diesen Monat die meiste Beachtung – Denise La Salles A LADY IN THE STREET (Malaco 7412), Betty Wrights WRIGHT BACK AT YOU (Epic EPC 25358) und Brenda Russells neueste, TWO EYES (Warner Bros. 23839-1).

Daß Denise La Salle zu Malaco gewechselt ist, einem Label, das sich wie kein zweites um tiefen und taktvollen Southern-Soul kümmert, hat sich rentiert. Malaco-Produktionen haben immer ihren unverwechselbar originären Sound, einen schweren, schleppenden, Bläser-getränkten, Memphis-nahen Sound (die Malaco-Studios liegen in Jackson, Mississippi) von einer heute seltenen Dichte und Reinheit; in Denises Fall ist ein solches backing maßgerecht.

Sie ist eine mächtige Frau mit einer Stimme, die in etwa ihrer Statur entspricht; sie kann sich die Seele aus dem Leib singen, ganz gleich, worum es hier geht (meist um Eifersucht, ums Schlafzimmer und die Rolle, die ihre bessere Hälfte darin spielt).

A LADY IN THE STREET kann einem schnell ans Herz wachsen ein reines, rassiges Soul-Album, das die zweijährige Wartezeit seit SATISFACTION GUARANTEED wert war.

Betty Wriyht hat sogar eine noch längere Pause hinter sich. Egal, WRIGHT BACK AT YOU entschädigt dafür. Betty hat sich in den letzten Jahren viel in Jamaica herumgetrieben (ein Katzensprung von ihrem Domizil in Miami), insofern ist es nur zu fair, daß gut die Hälfte der Songs von WRIGHT BACK AT YOU auf einem flotten und federleichten Reggae-Beat basieren. Wobei sie nur einmal – bei „Reggae The Night Away“ mit Donald Kinsey und der kompletten Peter Tosh-Band im Rücken – den harten Beat trifft, wie er heute im allgemeinen aus Kingstons Studios kommt.

Was ich an Betty Wright schon immer geschätzt habe, ist ihre unendliche Sorgfalt, mit Worten umzugehen; bittersüße, manchmal wirklich erschütternde Songs mit dem Charakter von Kurzgeschichten zu schreiben. Das unbedingt persönlich zu nehmende „She’s Older Now“ belegt das hier am eindrucksvollsten. Betty geht nicht mehr mit der Haltlosigkeit früherer Platten aufs Ganze -WRIGHT BACK AT YOU ist eine milde und besonnene Soul/Reggae-Mischung. die Marion Jackson (jawohl, Michaels älterer Bruder) mit seiner sehr zurückhaltenden Produktion abgerundet hat.

Brenda Russells zweites Album, TWO EYES, gehört zu der Sorte von Platten, mit der man erst nach mehrmaligem Abspielen richtig warrr. wird. Die einzige Vergleichsmöglichkeit, die mir zu Brendas Art mit Pop und Jazz umzugehen, einfällt, bieten frühere LPs von Patrice Rushen. Ihre Stimme ist anders (irgendwo zwischen Marlena Shaw und dem kristallklaren Gezwitscher von Minnie Ripperton), aber innerhalb des Singer/Songwriter-Formats schafft sie es, sich auf eine ähnlich ausgefallene Weise mitzuteilen.

Die Grundstimmung in ihren Songs ist eine nachdenkliche, intellektuell ausgeruhte, was vor allem bei den nach meinem Geschmack besten Titeln, „New York Bars“ und „Look Down, Young Soldier“, zum Tragen kommt. Der Musiker-Stamm ist übrigens der gleiche, der George Benson für seine neue Platte zur Verfügung stand.

Zu den wichtigsten Soul-Singles des Monats: Terri Wells; „You Make It Heaven“ (auf Philly World). Ich kann mir im Moment keinen Song denken, der auch nur in die Nähe dieser fünfeinhalbminütigen Tour de Force kommt. Die Vocal-Performance von „You Make It Heaven“ ist so unwiederbringlich intensiv, daß es weh tut; der zähflüssige Groove pendelt sich allmählich im Obergangsstadium zwischen Ballade und Midtempo ein. Sechs Platinsterne für Mrs. Wells!

Sarah Dash; „Low Down Dirty Rhythm“ (auf Megatone). Bei Labelle war Sarah Dash zu unrecht die Dritte im Bunde (obwohl sie besser aussah und besser sang als Parti und Nona Hendryx!); wenngleich sie später noch ein überragendes Album aufnahm, kam ihre Solo-Karriere nie so richtig in Schwung.

Ob diese Patrick-Cowley-Produktion etwas daran ändert, wissen die Gotter, eine kompakte, Kreise ziehende Uptempo-Nummer, vielleicht etwas zu sehr an die Synthesizereingeschmolzene Gay-Disco von Shirley Lites, Rhetta Hughes und Sylvester angelehnt.

Freeez; „I.O.U.“ (auf Virgin). Auch Freeez sind dank der US-Abmischung der zwei New Yorker Remix-Experten John Jellybean Bemtez und Arthur Baker kaum mehr wiederzuerkennen. Die beiden sind sogar imstande, den alten Linn-Dmm-Break umzuformulieren und aufregend neu klingen zu lassen, wenngleich hier manchmal die wüd drauflos prasselnden Computer hart an der Grenze sind, den eigentlichen Song zu ruinieren. (Für die hier rezensierten Import-Maxis checkt ihr am besten: Disco Pool/0991-24866/Deggendorf.)