Frequency-Festival – Salzburgring, Salzburg
Das Festival mit dem unglaublichem Line-up hatte Glück: gutes Wetter, freundliches Publikum, gute bis supergute Konzerte.
Das „Frequency ist so ein Festival, bei dem das Line-up einen quält. Nicht, weil vielleicht zu viele fiese Metal-Bands gebucht worden wären oder Xavier Naidoo und James Blum – das Problem ist die Qual der Wahl. Geht man nun zu Belle & Sebastian vor die zweite Bühne oder zu Franz Ferdinand, die zeitgleich auf der Hauptbühne spielen? Schaut man sich die Arctic Monkeys an oder Art Brut? Nachdem die Futureheads obskurerweise nicht auftreten, kann man sich wenigstens ruhigen Gewissens die Eagles Of Death Metal ansehen und wird so Zeuge des ersten kleinen Rock’n’Roll-Höhepunkts am Donnerstag: esse Hughes dreht sich am Ende des Summertime Blues „I Want You So Hard“ urplötzlich um und erbricht einen Schwall undefinierbarer Flüssigkeit auf den Bühnenboden. Er verschwindet, kehrt kurze Zeit später grinsend zurück und ruft: „Let’s see if we can kill me with rock’n’roll tonight!“ Doch dazu kommt es nicht – es ist noch Nachmittag und das famos rumpelnde Set der Eagles auch schon vorbei.
Nach Nada Surfund Wir sind Helden wird es über der Hauptbühne so langsam dunkel, und endlich kommt: Stephen Patrick Morrissey. Regungslos steht er da, seinen Kopf zur Seite gedreht, die Augen starren ans Bühnendach. Im Publikum Jubel und Unsicherheit: Ist der launische „Mozzer“ gut drauf? Nach „How Soon Is Now?“ stellt sich heraus: Er ist blendender Laune. „For reasons only I’ve known to Jesus, my name is Morrissey“ sagt er überschwänglich undbeginnt ein großartiges Konzert. Er kniet nieder, tänzelt auf der Bühne hin und her, schwingt sein Mikrofonkabel wie ein Lasso und animiert das Publikum gar (kein Scherz!) zum Mitklatschen; nachdem sein Hemd immer wieder aus dem Hosenbund herausrutscht, zieht er es irgendwann ganz aus, wischt sich damit den Schweiß vom Oberkörper, steckt es kurz in die Unterhose und wirft es ins Publikum – was das natürlich ganz schön super findet. Die uniform gekleidete Band spielt perfekt, wuchtig, umwerfend, der Sound ist glasklar. Morrissey singt keinen einzigen falschen Ton in einem Set mit viel neuerem Material und „Panic“ zum Abschied.
Es ist zwar erst Donnerstag, aber es ist klar: Das gerade war der Höhepunkt des Festivals. Nach Mozzer spielen Muse. Die Bühne sieht komisch aus, seltsame spiralenförmige Säulen hängen von der Decke herab, klobige, quadratische Videowände stehen hinter dem weißen SchlagzeugPodest, und dass vordem Mikrofonständer von Matthew Bellamy ein Ventilator aufgebaut wird, macht erstmal stutzig. Der Anfang gerät dann auch ein wenig lahm, die kurzen Haare Bellamys flattern lächerlich im Wind, und man ist schon versucht, den Auftritt nach dem Opener „Starlight“ als albernen Kitsch abzutun.Tut man dann aber doch nicht, weil Muse im Folgenden zeigen, dass sie eine große Rockband mit sehr guten Musikern sind, Matthew Bellamy gar ein Virtuose am Piano und seiner bisweilen blinkenden Gitarre (das beides vereinende Nina-Simone-Cover „Feeling Good“ gerät umwerfend). Muse rocken die österreichische Festivalcrowd (die jede einzelne Textzeile auswendig zu kennen scheint) so. wie es am nächsten Tag erstmal keine Band schaffen wird – bis Mando Diao auf die Bühne kommen.
Im Hintergrund hängt das überdimensionale Plattencover von ODE TO ochrasy. die fünf Schweden stürmen zu einem Kirchenorgel-Intro auf die Bühne und steigen wortlos in ein krachendes „Welcome Home Luc Robitaille“ ein, dem eine gnadenlose Rockshow folgt. „Are you good in clappinq hands? Are you good in screaming?“ bleibt erstmal der einzige Interaktionsversuch mit dem Publikum, dem das herzlich egal zu sein scheint – wenn sich Gustaf und Björn das Mikrofon teilen, wenn Samuel Giers wie ein Tier auf seine Trommeln einprügelt, wenn die Songs auf halbem Weg langsamer werden, fast stehen bleiben und danach explodieren, dann interessiert sich niemand in der ekstatisch tanzenden Menge noch für Ansagen. Auch Kollege Lindemann ist total begeistert: Jeder Song ist anders, jeder Song hat eine Melodie, jeder Song ein Hit! Unglaublich.‘ Er hat Recht.