Freischwimmerin
Solange ist die Schwester von Beyonce. Aber man sollte sich hüten, sie mit ihr in eine Schublade zu stecken.
Niemand wusste so recht, werda im Vorprogramm der Berliner Show von Alicia Keys eigentlich auf der Bühne stand und diese überaus erfrischende Vorstellung hinlegte. Eine junge schwarze Frau mit wallender Mähne auf jeden Fall, die sich herrlich natürlich über den schlechten Sound auf der Bühne und ihr verrutschtes Oberteil beklagte. Die mit einer weißen Band wieausdem Indie-Bilderbuch auftrat und neben eigenen Songs mit 60er-Soul-Flair auch „Electric Feel“ von MCMT in ihr kurzes Set einbaute. Kannte man die? Man kannte sie nicht.
Stellen wir sie also vor. Die Dame heißt mit vollem Namen Solange PiagetKnowles, tritt öffentlich aber nur mit ihrem ersten, französisch auszusprechenden Namen auf-wie ihre Schwester Beyonce. Sie ist aber nichtwie Beyonce,obwohl mandaszuerstglauben könnte. 2001 tauchte Solange zum ersten Mal als Begleitsängerin von Destiny’sChild auf, späterschrieb sie Songs für alle drei Mitglieder. Ihr eigenes Debüt feierte sie als 17-Jährige mit solo star. Kurz darauf heiratete sie ihrejugendliebe und wurde Mutter-etwas verfrüht, wie sie heute zugibt. Die Scheidung vor gut einem Jahr hatte aber auch etwas Gutes. Solange fühlte sich durch sie im Glauben bestätigt, auf eigenen Beinen stehen zu müssen,auch musikalisch. Dabei nahm sie sich ihre Mutter zum Vorbild. „Sie sang früher in einer Mädchenband und stand auf die Supremes, Maruelettes und so weiter. Ich habe ständig ihre alten Platten heruorgekramt und bin dazu auf dem Bett herumgehüpft. Man konnte damit uiel mehr Spaß haben als mit diesem steifen Zeug, das seit einiger Zeit in Mode ist.“
Ihr Zweites Album SOL-ANGEL AND THE HADLEY ST. DREAMS hat aufgrund der Parallelität zum Sound der Sechzigerbereitsvergleiche mitAmyWinehouse und Duffy heraufbeschworen, aber das sagt man Solange bessernicht. Trotz ihrerjungenJahrepflegtdieTexanerin schon gewaltige Antipathien gegen die Gleichmacherei der Plattenfirmen. Nicht umsonst befindet sich auf ihrem Blogein MP3-Stücknamens“FuckThe Industry(SignedSincerely)“. Ihr Horizont ist keineswegs auf einen einzigen Punkt beschränkt. Auf dem Album flirtet sie auch mit der Welt desTechno, im Song „ThisBird“ stecken Passagen aus einem Song der rätselhaften schottischen Elektronikbastler Boards OfCanada. Am liebsten, sagt sie, hätte sie die Freiheiten einer Björk: „Erfolg ist für mich, wenn man sich so ausleben kann, wie man ist. Bei Björk habe ich da überhaupt keine Zweifel.“ Von welcher Person, die grundsätzlich dem amerikanischen Soul und R&B zuzurechnen ist, hat man je solche Worte gehört?
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ALBUMKRITIK ME 3/2009