Frantic


Roman Polanski auf den Spuren des großen Meisters: In Paris drehte der Ausnahme-Regisseur (Foto u.) einen „klassischen Hitchcock“: Harrlson Ford auf der Jagd nach dem verlorenen Schatz und allein gegen den unsichtbaren Dritten.

Alles scheint klar: der Held und das hübsche Mädchen. Harrison Ford und Emanuelle Seigner werden in der Gefahr zum Paar. Ein Krimi über den Dächern von Paris, ein bißchen Eiffelturm, natürlich auch ein bißchen Nachtleben. Doch im neuen Film von Roman Polanski ist vieles anders, als es scheint. „Frantic“ ist einer der besten und am raffiniertesten konstruierten Thriller seit langem. Die solide Grundlage ist eine uralte Geschichte: Am Flughafen von Paris werden Koffer vertauscht. Die nichtsahnende Ehefrau (Betty Buckley) des amerikanischen Arztes Richard Walker (Ford) wird daraufhin entführt. Ihr Mann findet sich plötzlich in einem atemberaubenden Strudel lebensgefährlicher Abenteuer wieder.

Polanski und Gerard Brach, Co-Autorbeiden meisten Polanski-Filmen, spielen genüßlich und geschickt mit Kino-Klischees und überraschenden Wendungen.

Natürlich denkt jeder sofort an Rauschgift beim Koffer-Krimi. Also schicken sie den etwas unbedarften All-American-Guy Walker in eine düstere Disco, in der Original-Gäste aus der In-Disco „Bains-Douches“ die Statisten abgeben.

Bevor der verstörte Walker durchblickt, taucht das Mädchen auf, das an allem Schuld ist: Michelle (Seigner) hat an der Gepäckabfertigung nach dem falschen Koffer gegriffen. Sie sollte einen Gegenstand von San Francisco nach Paris bringen, abliefern und dafür kassieren. Jetzt liegt der Empfänger mit durchgeschnittener Kehle in seiner Wohnung — und sie ist genauso ratlos wie Walker. Natürlich rechnet jeder mit einer Affäre zwischen dem Team wider Willen. Polanski überläßt diese Spekulation aber den unfähigen Behörden- und Botschafts-Fuzzis im Film. Er selbst hat ganz andere Pläne mit den beiden Partnern wider Willen, die er bis zum Schluß im Unklaren läßt, ob sie nun wirklich miteinander oder gegeneinander kämpfen.

„Frantic“, was auf deutsch „wahnsinnig“ heißt, bietet Spannung in bester Hitchcock-Tradition. Seit 12 Jahren, seit „Der Mieter“ (dazwischen lagen nur „Tess“ und „Piraten“) wieder ein wahnsinniger und ein wahnsinnig guter Film von Roman Polanski.