Frank Spilker hebt ein Glas auf Der Bürgermeister der Nacht
Frank Spilker ist Autor sowie Sänger von Die Sterne. Mit denen nahm er die Band Der Bürgermeister der Nacht auf ihre letztjährige Tournee. Hier erklärt Spilker, wer und was Fynn Steiner und Joachim Franz Büchner eigentlich sind.
Seit einiger Zeit behaupten sich in Hamburg zwei im Umfeld der „Mutter“-Bar und der bildenden Kunst herumlungernde wilde Hummeln zum „Bürgermeister der Nacht“ hoch. Es sind dies Fynn Steiner und Joachim Franz Büchner. Dieser Tage haben sie ihren ersten Langspieltonträger vorgelegt. Der lustige Bandname hat ihnen schon vor etwa einem Jahr den Job des Supports auf der letzten Tour meiner Band Die Sterne eingebracht. Humor ist eine der Einstellungsbedingungen für diesen Job. Aber auch wenn sie ihn in fast jedem Titel ihres Erstlings IN CHAMPAGNERLAUNE versprühen ist er nicht unbedingt ihr Thema oder auch nur vorherrschendes Stilmittel. Vielmehr geht es darum sich einen Freiraum zu verschaffen, Akzeptanz für wichtige Forschungsaufgaben. Denn das ist es was sie eigentlich sind: Forscher.
Joachim Franz Büchner hat in Bands gespielt, die dem Namen nach – Bessere Zeiten hieß eine – Bezug nehmen auf die erste Generation der Hamburger Schule. (Viele junge Leute tun das heute wieder ohne sich zu schämen). Er spielt so ziemlich jedes Instrument und somit die erste Geige an der Front der Umsetzung abstrakter Ideen in konkrete Musik. Fynn Steiner kommt von der Lyrik (postet seit der Jahrtausendwende eigene Texte in das Gästebuch von Die Sterne) und der bildenden Kunst, Instrumente interessieren ihn eher weniger. So darf das sein in einem Team. Während jener einen fatalen Hang zur Opulenz in sich trägt, neigt dieser zur Reduktion. Fynn Steiner ist ein Minimalist. Nicht nur in seinen Bildern auch in seiner Lyrik: Er schleift die Sätze und lotet die Doppeldeutigkeit der Konnotationen aus bis sich aus möglichst wenigen Zutaten möglichst komplexe Gebilde ergeben. Auch so ein Widerspruch darf nicht nur sein, er ist möglicherweise die Grundvorraussetzung für spannende Experimente. Die Lieder auf ihrem Debütalbum machen klar (schon im ersten „Alles für die Kunst“), dass es nicht um den direkten Zugang durch die Vordertür geht, selbst wenn sie manchmal so tun („10 Euro“.)
Viele werden sich nach dem Anhören der „Champagnerlaune“ fragen: „Was soll mir das jetzt sagen?“, „Wo stehen die eigentlich politisch?“ und was weiß ich noch alles. Es ist kein klares Konzept auszumachen, das eine Message zu transportieren hat, vielmehr geht es darum mit den Mitteln der Musik und den Texten einen Weg zu finden, der letztendlich vor allem eines ist: der eigene. Nicht nur die Fragen der Hörer, das prophezeite ich, werden sie auf diesem Weg begleiten, auch das Kritikerherz, das gerne mit Eindeutigkeiten verhätschelt werden will, wird möglicherweise seine Schwierigkeiten damit haben. Umso wichtiger ist mir hier an dieser Stelle meine Stimme dem Bürgermeister zu geben. Möge er die Nacht ausloten und neu definieren. Immer besteht die Möglichkeit einer Party. Da trink’ ich ein Glas Champagner drauf.
Der Bürgermeister der Nacht auf Tour:
04.11. Leipzig, Conne Island mit Schnipo Schranke
14.11. Hützel, Welcome KulturRaum