Foo Fighters – Foo Fighters


Viele Erbschaften und ein Todesfall: Knapp eineinhalb Jahre nach dem Freitod von Kurt Cobain scheint der Schock überwunden zu sein. Die US-Alternative-Szene hat sich nach anfänglicher Starre innovative Trends und neue Stars ausgeguckt, das Stichwort „Grunge“ ist aus den Schlagzeilen verschwunden. Witwe Courtney Love hat eine erfolgreiche Tournee und die Produktion des ‚Tank Girl‘- Soundtracks hinter sich. Daß die Trauer um Cobain – nicht zuletzt bei den Nirvana-Mannen Krist Novoselic und Dave Grohl – groß war, steht außer Zweifel. Doch das Leben geht weiter, und mit ihm auch die Musik. Die Zeit heilt viele Wunden – und sie ist reif für die Post-Nirvana Ära. Dave Grohl, einst Drummer bei Nirvana, tritt mit seiner neuen Band Foo Fighters und dem gleichnamigen Debüt-Album ein dennoch schweres Erbe an. Denn obwohl sich die Gruppe aus hochkarätigen Musikern zusammensetzt, die ihrerseits bereits eifrig an der Musikgeschichte mitgeschrieben haben – Gitarrist Pat Smear spielte bei der legendären Punk-Combo The Germs, das Rhythmusgespann Nate Mendel am Baß und William Goldsmith am Schlagzeug kommen von der Band Sunny Day Real Estate – wird der Vergleich mit Nirvana wohl kaum zu vermeiden sein. Vielleicht ist gerade deshalb der Opener ‚This Is A Call‘ ein energetisch-trotziger Track, der in der Anfangssequenz des Gesangs unüberhörbar an den Song ‚All Apologies‘ vom letzten Nirvana-Album IN UTERO erinnert. Warum auch nicht: Dave Grohl hat die Drums mit der Gitarre vertauscht und bringt als kratziger Leadsänger sein Nirvana-Erbe mit in den Sound der Fighters ein. Auch bei ‚Alone + Easy Target‘ werden unweigerlich Erinnerungen wach: Der Song steigt mit gemäßigten Midtempo-Gitarrenriffs ein, um sich beim Refrain zum lärmigen Soundteppich mit dynamischen Drums und einer eingängigen Hookline zu steigern. Damit keine Mißverständnisse aufkommen: Die Foo Fighters erheben keinesfalls den Anspruch, Nirvana nachzueifern und haben sich als großes Vorbild die Band Hüsker Du aufs Banner geschrieben. Obwohl sich über Grohl das Nirvana-Genpool auf einige Songs prägend auswirkt, läßt der überwiegende Teil der CD nicht den kleinsten Zweifel an der Eigenständigkeit und virtuosen Vielseitigkeit des Quartetts: Da bezaubern verträumte Balladen wie ‚Big Me‘ mit hohem Ohrwurmpotential und beschwingter Leichtigkeit ä la Jayhawks, da machen Tracks wie ‚Good Grief oder ‚Watershed‘ mit punkigen Rhythmen Tempo, entführen Songs wie ‚Floaty‘ zur Reise auf einem fliegenden Klangteppich, der harte Riffs als Kontrapunkt auf hypnotisch beschwörende Gesänge krachen läßt. Auf Überraschungseffekte setzt ‚For All The Cows‘, das eben noch sanft vor sich hin groovt, um im nächsten Moment den Ausfallschritt zur lärmigen Hymne zu wagen. ‚Weenie Beenie‘ schließlich wirkt mit kreischenden Gitarren, verzerrtem Gesang und einer gehörigen Portion Metal-Einfluß, als hätten sich Cop Shoot Cop, Ministry und )esus Lizard mal eben zu einem gemeinsamen Jam eingefunden. Insgesamt muß man Grohl und seinen Kämpfern für ihren dynamischen, durchweg spannenden und musikalisch fesselnden Erstling ein ausgezeichnetes Händchen für perfekt durchstrukturierte Songs und bestechende Melodik attestieren. Für die brilliante Abmischung zeichnen Rob Schnapf und Tom Rothrock verantwortlich, die bereits bei Becks MELLOW GOLD ihre Offenheit für Ausflüge in ein unbegrenztes Sound-Universum unter Beweis stellten. Einen Nachruf auf Kurt Cobain sucht man übrigens vergeblich – und das ist wohl k auch gut so…