Flucht ins Idyll


Ein Stadtmensch ist Edward Droste von Grizzly Bear sehr ungern. Und Musiker wollte er eigentlich auch nicht werden.

Alle reden immer nur von New York und wie cool und interessant es doch sei, dort zu leben. Wenn man sich die Elogen so anhört, möchte man am liebsten umziehen. Edward Droste, mitten im nippen Brooklyn lebender Anführer von Grizzly Bear, will dagegen manchmal nur weg. „Ich weiß, es gibt eine Menge Bands hier, aber ich wundere mich darüber, wie sie hier Musik machen können. Ich finde es verdammt schwierig, mich in New York richtig hinter eine Sache zu klemmen und mich auf sie zu konzentrieren. Erst wenn ich die Stadtgrenze und all die Ablenkungen hinter mich gelassen habe, kommen mir gute Ideen für Songs. Droste ist für seine ungewöhnlichen Aufnahmevorlieben bekannt, horn of PLENTY, das erste Album von Grizzly Bear und genau genommen eine Soloveröffentlichung, entstand in seiner Wohnung, in die er sich nach einer beendeten Beziehung 15 Monate am Stück einschloss. Für den Nachfolger zitierte Droste seine auf vier Mann angewachsene Band in das auf einer Ausflugsinsel in der Nähe von Boston gelegene gelbe Landhaus seiner Mutter, yellow house ist das ultimative Landfluchtalbum der Neuzeit. Introvertiert, sphärisch, manchmal widerborstig, fast immer kunstvoll verästelt, angenauden richtigen Stellen zur Melodie bereit. Nie artet es in esoterischen Folk-Eskapismus aus, selbst wenn man das Zwitschern im Märchenwald zu hören glaubt. Eine denkbar denkwürdige Tat.

Die in Grizzly Bearsteckende Mischung aus akademischer Bastlerfreude und Musik mit Bauchgefühl könnte vererbt sein: Drostes Vater lehrte Musik an der Universität Harvard, seine Mutter tat dasselbe mit Kindern.“.Ich hatte als Kind etwas Gitarre gespielt, das war’s schon. Als Jugendlicher übernimmt man setten die Vorlieben der Eltern. Später wollte ich Journalist werden. Als ich aufhörte, gegen das Elternhaus zu rebellieren, entdeckte ich die Schönheit der Musik. Hätte ich es nicht getan, wäre das wohl der Fehler meines Lebens gewesen.“

Inzwischen spielt Droste eine Reihe von Instrumenten, wie sich beim einzigen öffentlichen Deutschlandkonzert Ende August in Berlin herausstellte. Neben der Gitarre greift der Frontmann auch gerne zu Waschbrett, Banjo und Blockflöte. Der Gig wurde zweimal jäh unterbrochen, weil der mitgebrachte Stromumformer seinen Geist aufgab. Droste und derzweite Sänger/Gitarrist Daniel Rossen nahmen es auf der Bühne locker und präsentierten den Zuhörern als Überbrückung eine tolle Akustikversion von Hot Chips „And I Was A Boy From School“. Schön zu erleben, dass große Künstler so natürlich und gelassen reagieren können.