Flucht aus dem Busch


Ein Job, und dann gleich als Leadsängerin, das ist in London wie Gold. Da fragst du nicht lange“, sagt Sabiha Kara, dunkelhäutige Schönheit mit indischafrikanischem Elternhaus. Zeit zum Wundern blieb also kaum, Grund dazu hingegen gab’s reichlich, denn die beiden, die da ihrem knurrenden Magen wieder auf die Sprünge helfen wollten, waren ausgerechnet zwei Jungs aus Köln: Keyboarder Jumpy Zerlett und Schlagzeuger Stefan Krachten.

Die zwei, seit ihrem heimlichen Hit „Masimbabele“ besser als Unknown Cases bekannt, waren nach London gekommen, um dort unter der Ägide von Rosko Gee die alte Sly Stone-Nummer „If You Want Me To Stay“ neu aufzunehmen. Mit dem Ex-Traffic- und Can-Bassisten hatten sie sich ins Matrix-Studio zurückgezogen, wo auch jener Reebop Kwaku Bah zuletzt gelebt und gearbeitet hatte, der vor seinem plötzlichen Tod „Masimbabele“ Stimme, Rhythmus und „spirit“ gegeben hatte.

Der Stempel, den das afrikanische Percussion-Wunder dem Stück aufgeprägt hatte, war für Stefan und Jumpy Verpflichtung zur Echtheit, aber keinesfalls ein Grund, auf ähnliche Art weiterzuarbeiten. Statt Afro-Perkussion bietet „If You Want Me To Stay“ lupenreinen Funk, statt guttural-ekstatischem Sprechgesang nun eine ausgeprägte Melodie.

Und dafür suchten die Kölner eine richtige Soul-Kehle. Mit Sabiha Kara war sie schnell gefunden. Sie hatte viel Zeit und wenig Geld. Ein Projekt, bei dem Dave Stewart sie als Sängerin zusammen mit der Eurythmics-Begleitband produzieren wollte, war gerade an Stewarts Überlastung gescheitert. Inzwischen ist sie der „dritte Mann“ bei den Unknown Cases, die zu Anfang stets als Duo gearbeitet hatten und auch Reebop nur als Gast eingeplant hatten.

Mit seiner Person allerdings ist der Erfolg von „Masimbabele“ eng verknüpft. Er, der keine Zukunft mehr haben sollte, hat den Unknown Cases ihre ermöglicht. Denn was Stefan und Jumpy ihrem Freund vor drei Jahren in Köln vorspielten, war zunächst nichts weiter als ein musikalischer Geistesblitz, eine nächtliche Momentaufnahme.

„Reebop war so begeistert, daß er noch in derselben Nacht mit dem Demo ins Studio wollte, um Gesang und Rhythmus-Overdubs aufzunehmen. “ Ein einziger Take – und ein Maximum an Intensität war auf dem Band.

Nach seinem Tod ließen Stefan und Jumpy das Stück in der Schublade, arbeiteten weiter bei Dunkelziffer, Joachim Witt und in Kölner Studios, bis sie die Platte auf Wunsch von Reebops Witwe dann doch veröffentlichten.

Mit dem zweiten Stück haben sie sich sehr viel Zeit gelassen – die Unknown Cases sind kein Fall für eine schnelle Hit-Mark. „If You Want Me To Stay“ ist ein Vorgeschmack auf das erste Album, das zur Zeit im Studio Gestalt annimmt und stilistisch weit über den Rahmen des bisher Bekannten hinausreichen wird.