Female Empowerment im Deutschrap: So unterstützen diese Rapperinnen andere Frauen
Von Shirin David über Nura, Layla, Juju, Badmómzjay bis hin zu Eunique: Viele Deutschrapperinnen thematisieren Female Empowerment. Sie unterscheiden sich in ihrem Auftreten, Rap-Stil und den Thematiken – und doch repräsentiert jede von ihnen eine bestimmte Fokussierung auf ein feministisches Anliegen. Ob Frauensolidarität oder Anti-Sl*tshaming, das Female Empowerment ist genauso facettenreich wie die Frauen im Deutschrap.
Seit der Entstehung von Rap gibt es Tracks, die politische Ungerechtigkeiten ansprechen, zum Tanzen anregen sollten oder dem männlichen Ego schmeicheln. In den USA trieben zuerst Rapperinnen wie Lil’ Kim, Foxy Brown, Lauryn Hill und Missy Elliott das Female Empowerment im US-Rap voran. Sie thematisierten die weibliche Sexualität, Selbstbewusstsein und das Können der Frauen. In Deutschland hatten Frauen zehn Jahre nach Tic Tac Toe vor allen Dingen eine Rapperin, die ab 2006 den männlichen Pendants Konkurrenz machte: Kitty Kat. Mittlerweile kann man mehr Rapperinnen im Deutschrap-Game vorfinden, die sich besonders durch ihre Texte für Frauensolidarität, Sex-Positivity, Anti-Sl*tshaming und Frauenpower im Geschäftlichen stark machen.
Die Stärke der Frauen im Rap
Sei es in puncto Business, Ehrgeiz oder Kompetenz, im Deutschrap zeigen Rapperinnen nicht nur durch ihre Präsenz, dass Frauen Stärke repräsentieren können, sondern heben es auch lyrisch hervor. So fragte etwa Eunique mit ihrer Single-Auskopplung 2018, wer so „nice“ ist wie sie und ihre „Königinnen“.
„Wen von uns nennt ihr hier B*tch?
Komm wir machen allen klar
Dass wir Königinnen sind“
Sie forderte dadurch auf sich der Bezeichnung „B*tch“ entgegenzustellen und die Qualifikationen der Frauen zu unterstreichen. Dabei erklärte sie selbst die „Frau vom Fach“ zu sein und sich im Rap-Game einen Namen zu machen. Dadurch kombinierte die 25-Jährige ihre dargelegten Ambitionen mit dem Aufruf es ihr gleichzutun. Die gebürtige Hamburgerin thematisierte in ihrer Videosingle „Lost“ (2021) zudem die Situationen von Frauen, die häuslicher Gewalt ausgesetzt sind und kritisierte dadurch den Umgang von gewalttätigen Männern gegenüber Frauen. Auch im Interview mit uns verriet Eunique, dass sie Frauen stärken will, um ihnen auch in schwachen Momenten Mut zu verleihen und ihre Kompetenz anzuerkennen. Dabei macht die Deutschrapperin in „Bobby“ (2021) klar: Sie macht nicht schlapp bis sie es schafft und lässt sich währenddessen nicht hineinreden.
Anti-Sl*tshaming-Einstellung
Genauso viel Bestrebung, laut Songtexten, hat auch Rap-Kollegin Shirin David. Sie legt ihren Fokus besonders auf ein Thema: Anti-Sl*tshaming. Frauen sollten ihre Körper zelebrieren dürfen und nicht aufgrund ihres Kleidungsstils diskriminiert und reduziert werden. Dazu gab bereits ihre erste Videosingle 2019 „Gib ihm“ zu verstehen, dass sie sich nach eigenem freien Willen kleidet und sich keinem „Dresscode“ fügt. Auch in „Babsi Bars“ (2020) greift sie diese Aussage auf und beschreibt die gesellschaftliche Degradierung der Frau, wenn „die Nägel länger als die Shorts“ („Gib ihm“) sind.
„Von ‚Bei Gott ist sie sexy‘ hin zu ‚Vallah sie’s ’ne Sch**mpe!
Die deklarieren ein’ Minirock zu maximaler Schande
Doch ’ne Frau mit Grips im Kopf wird abgetan zu ’ner Emanze“
Textlich fängt sie die Doppelmoral auf, in der Frauen gesellschaftlich entweder zu freizügig oder zu „langweilig“ gekleidet sind. Und fordert dementsprechend in „Ich darf das“ (2021) Frauen auf, sich gegenseitig zu unterstützen und sich damit Sl*tshaming entgegenzusetzen. Frauen sollten sich folglich nicht gegenseitig in den Schatten stellen, sondern supporten.
Zwar stand David bereits in der Kritik über Female Empowerment zu rappen, die Texte jedoch von Männern verfassen zu lassen, doch gab dazu bereits ihr Statement ab. Auf Instagram sowie auch in ihren YouTube-Videos zum Entstehungsprozess ihres kommenden Albums B*TCHES BRAUCHEN RAP führte die 26-Jährige aus, dass Feminismus nicht bedeute, ohne Männer zu arbeiten, sondern eine Chancengleichheit zu erlangen.
Lyrics über Sex-Positivity
Die weibliche Sexualität geht über den Kleidungsstil von Frauen hinaus und das spiegelt auch der Deutschrap wider. Betrachtet man Layla, so findet man fast keinen Song, in dem sie nicht ihre Sexualität zelebriert und die weibliche Macht in dieser Thematik florieren lässt. Die gebürtige Münsteranerin kombiniert in ihren Songtexten ihren Ehrgeiz im Rap mit der Ansage, dass sie immer kriegt, was sie möchte. Sei es das Anpreisen des natürlichen weiblichen Körpers wie in „Queen“ (2021), der mit Dehnungsstreifen versehen ist oder das weibliche Geschlechtsteil, das entgegen der gesellschaftlichen Zuschreibung – durch beispielsweise Sprichwörter – in Laylas „Creamy“ (2021) eine süße Kiwi darstellt. Dabei macht die 35-Jährige bewusst, den weiblichen Körper und dessen Eigenschaften zu feiern, weshalb auch gerne mal das Licht wie in „Dichter“ (2021) angelassen wird.
„Alles creamy, alles creamy
Er klebt an meinem Arsch wie Panini
Alles creamy, alles creamy
Meine Kitty süß und sticky wie ’ne Kiwi“
Layla kehrt in ihren Lyrics die Machtpositionen um, in denen Frauen als passives Sexobjekt dargestellt werden und verleiht Deutschrap dadurch Frauen die Kraft eine aktive Präsenz in Sexualität und Business zu haben. So stellt sie in „Gangsta Shit“ (2020) auch klar: „Ich geb’ mir kein Gelaber, denn ich weiß, was ich habe“.
Männliche Vorurteile treffen auf Rap-Konter
Dabei stellen sich Deutschrapperinnen inhaltlich nicht immer ihren männlichen Rap-Kollegen entgegen, sondern übernehmen gerne mal ihre Sprache, um auf ihre Vorurteile zu reagieren. So auch Nura in ihrer im Januar erschienen Doppelsingle „F*tzen wieder da / Hier Oben“. Sie erklärte in ihrer Single vor niemandem Angst zu haben und auch als Frau keinerlei Schutz zu benötigen, um sich verteidigen zu können.
„Immer noch keinen Schwanz
Und trotzdem f*ck ich deine Ma“
Die gebürtige Wuppertalerin übernimmt hierbei die Sprache, die eher männlichen Rappern zugeordnet wird und kehrt den Inhalt geschickt um. Auch in anderen Songs greift sie auf, eine Frau zu sein und trotzdem – oder gerade deswegen – ebenfalls in der Lage zu sein, dieselben Moves wie Männer zu vollziehen. In ihrer Single „Auf der Kippe“ (2017) zusammen mit AchtVier rappte die 32-Jährige „Ich bin eine Frau und ich f*cke die Welt, mehrere Stiche“. Ebenso verfährt auch ihre ehemalige SXTN-Partnerin Juju in ihrer Solo-Karriere. Sie greift in ihren Songtexten degradierende Betitelungen auf und fügt ihnen empowernde Verben hinzu – „Dieses kleine Mädchen rasiert hier“ war bereits ihre Ansage in dem Intro ihres 2019 erschienenen Albums BLING BLING.
Erfolgreiches Rap-Business
Auch wenn sich die genannten Rapperinnen stilistisch und thematisch unterscheiden, verbindet sie nicht nur ihr Erfolg im Deutschrap, sondern vor allen Dingen dessen lyrische Darstellung. Sei es Eunique, Shirin David, Layla, Nura oder Juju: Alle geben klar zu verstehen, dass die Deutschrap-Szene lange nicht mehr nur den Männern vorbehalten ist. Auch Badmómzjay ist gerade mal 18 Jahre alt und doch bereits seit zwei Jahren erfolgreicher Teil der Szene, in dem sie Rappern in nichts nachsteht. Dessen ist sie sich auch bewusst und so rappt die gebürtige Berlinerin in ihrer Videosingle „Rapstar“:
„Mama, guck, dein Girl ist heute ein Rapstar
Wer hätte gedacht, dass ich damit mal Cash mach?
Zahlen nicht rot, nein, Mann, die sind jetzt pechschwarz
Sag ihnen, ab heute läuft nichts ohne badmómz
Nichts ohne badmómz“
Die Single, die von Jumpa produziert worden ist und im April dieses Jahres erschien, unterstreicht vor allem eines: Ihr Erfolg ist nicht nur groß, sondern basiert auf ihrer Leistung.
Durch das Behandeln solcher Themen als auch die grundsätzlich verstärkte weibliche Repräsentation im Deutschrap, wird das Selbstbewusstsein von Frauen gesteigert und unterstreicht nochmals, dass Frauen aktiv Macht und Ehrgeiz beherrschen können. Dadurch kreieren die Rapperinnen ein öffentliches Bewusstsein im Rap über Female Empowerment und zeigen wie dieses ausschauen kann. Auch wenn man dabei bedenken muss, dass sich nicht jede Frau durch die genannten Rapperinnen vertreten fühlt und inhaltlich berücksichtigen wird.