Eurythmics: Köln, Kölnarena
DAS SIND SIE ALSO WIEDER. EINFACH SO, NACH ZEHN Jahren Pause: Annie Lennox und Dave Stewart, die als Eurythmics eine ganze Dekade mit kühlem Synthie-Pop dominierte und in den 8oern sicherlich das best-stilisierte Duo waren. Hier der Stoiker Stewart, chronisch ausdruckslos als musikalischer Direktor, dort Lennox, ebenso facettenreich wie androgyn: mal verwandelte sie sich in einen Banker im Business-Look, mal gab sie den verruchten Vamp oder die Blondine mit den handelsüblichen Attributen. Nun, den Part mit der Androgynie füllen längst andere mit Inhalt, finanzielle Not kann es auch nicht sein da sind mehr als 50 Millionen verkaufte Platten vor-was also treibt Lennox und Stewart zur Wiedervereinigung? Ganz einfach: Sie können sich wieder gut leiden, und auf ihrem neuen Album „Peace“ heißt es einmal „Can’t be together, can’t be apart.“ Eine Textzeile nur, gewiß, aber die meinen das ernst. Das mit dem Frieden auf der „Peace-Tour“ sowieso, und dann sind da auch noch „amnesty international“ und „Greenpeace“, an die sämtliche Einnahmen der Tour gehen. Annie und Dave wollen Gutes tun, warum nicht? Seltsam allerdings, wie das Duo gewandet ist, die beiden tragen Armee-Kampfanzüge, der Rest der Band ist in olivgrün gekleidet. Was eine läßliche textile Sünde bliebe, wenn da nicht die Musik wäre. Was immer die Eurythmics an diesem Abend spielen – neue Lieder, Solo-Songs von Annie, das Best-Of-Programm von „There Must Be An Angel“ bis hin zu „Sweet Dreams“ – stets gebärdet sich die Band wie auf einer Leistungsschau, bei der die Kuh mit dem dicksten Euter gewinnt. Songs wie „Who’s That Girl“ oder „Here Comes The Rain Again“, die einen als Tonkonserve mit distanziertem Kühlschrank-Charme becircen, werden mit Keyboard-Kaskaden zugekleistert, da noch fix ein Trommelwirbel – schaut her, was wir an unseren Instrumenten alles können. Am allerschlirnmsten aber ist der Saxophonist, der sogar dann ran darf, wenn sein Instrument im Original gar nicht vorkommt. Dave Stewart tut an der Gitarre sein übrigens zur unappetitlichen Sound-Völlerei und ergeht sich ein ums andere Mal in Soli Marke Viagra: ich kann aber länger. Einmal jedoch, beim ersten Zugaben-Set, wird’s richtig schön. Emsige Bühnenarbeiter haben einen künstlichen Wald auf die Bühne gerollt, vor dem synthetischen Baumbestand zupft Stewart jetzt seine Akustische, und Annie Lennox singt wunderschön „Why“ von ihrem ersten Solo-Album „Diva“. Das ist selbst vor 10.000 Zuschauern ein kleiner Moment der Intensität, aber leider nicht von langer Dauer. Schon nach der Hälfte des dritten Akustik-Stückes wird die schreckliche Angst zur Gewißheit: der Mann mit dem Saxophon biegt aus dem Kunstwald um die Ecke und bläst zum Halali, der Keyboarder – selbst noch in den Bäumen – hört das Signal, und schon ist wieder alles eine Klangsuppe. Nun denn: Schwamm drüber. Die Eurythmics und die 90er, das ist sicherlich ein Irrtum. Des guten Zweckes wegen wollen wir milde sagen: Friede sei Annie Lennox und Dave Stewart, sie haben einer ganzen Generation seinerzeit zum Erwachsenwerden einen prima Sound geliefert. Aber dem Mann mit dem Saxophon, dem machen wir trotzdem einen doppelten Knoten in seine Tröte. Jede Wette, daß noch nicht einmal „amnesty international“ etwas dagegen hätte.