Erdmöbel über Coverversionen


Für ihr Album NO. 1 Hits haben die Kölner Welthits ins Deutsche und in „"Erdmöbelmusik" übersetzt-ohne Ironie und falsche Ehrfurcht, mit Gespür und Mut zur Albernheit. Stoppen konnten sie nur zickige Verlage- und der Westernhagen-Effekt.

Ende 2004, im zehnten Jahr ihres Bestehens, probierten die Kölner Pop-Eigensinnler Erdmöbel etwas für sie völlig Neues: Auf Anfrage ihres damaligen Labels Tapete für die Compilation quo tenrocker übertrugen sie einen englischen Song ins Deutsche; Burt Bacharachs „CloseTo You“ wurde zu Erdmöbels „Nah bei dir“. „Ohne die Anfrage wäre ich seiher nie auf so eine Idee gekommen „, sagt Sänger und Texter Markus Berges. Nun aber war das Interesse geweckt und bald das Konzept (Maßgabe: nur Nummer-eins-Hits) geboren für ein ganzes Album voller Coverversionen verschiedenster Couleur, von Bacharach über Nirvana bis zu den Vengaboys. Wir trafen das Quartett in München; das Wort führten Berges und Erdmöbels loriotesker Musikdirektor Ekimas.

Habt ihr Patti Smiths „Smells Litte Teert Spirit“-Version gehört? Die hat jetzt auch ein Couer-Album raus.

EKIMAS: Dass sie da ne Freigabe gekriegt hat… (lacht) Wie ist denn die Rechtslage bei Covers auf Platte?

ekimas: Man braucht eine Freigabe, weil es eine Bearbeitung ist. Wir haben ja neue Texte geschrieben, aber kriegen dafür keine Beteiligung als Urheber. Und man braucht die Genehmigung, das überhaupt machen zu dürfen. Man schickt die Aufnahme hin, den neuen Text und eine Rückübersetzung. Dann entscheiden die. Das war teilweise sehr schwierig.

Wer hat sich speziell geziert?

markus BERGES: „Up And Down“ von den Vengaboys hat gedauert, da musste man oft nachhaken. Für „Road To Mandalay“ hab ich mehrmals hingeschrieben. ekimas: Die Verlage haben da mitunter Direktiven von Autoren, dass Sachen nicht gecovert werden dürfen. MARKUS: Bei dem Gilbert-O’Sullivan-Stück hat uns Gilbert himself „good luck“ gewünscht, andererseits ist uns etwa „Smoke Gets In Your Eyes“ nicht genehmigt worden. Unsere Version war elektronisch, da hieß es: „Den Autoren gefallt das nicht, vergesst es.“ ekimas: Bei den Vengaboys vermuten wir, dass die dachten, wir wollen sie veräppeln. Wir haben immer wieder hingeschrieben, dass wir uns verbeugen wol len vor diesem großen Stück Pop. Irgendwann haben sie’s uns geglaubt und uns Glück gewünscht. Und gesagt, wenn wir ein Video dazu machen, sollen wir drin einen Vengaboy zeigen, der sichtbar Qualen erleidet.

Seid ihr auch selbst an uias gescheitert?

ekimas: Wir haben an einem Stück gearbeitet, das wirnichtfertiggemachthaben, weil uns peinlich war, was dabei rauskam. Das großartige Stück „Maggie May“ von Rod Stewart. Ließ sich leider nicht übersetzen, ohne dass es nach Marius Müller-Westernhagen klingt. Obwohl das Stück so schön ist im Original.

Ihr habt nicht eure Lieblingsheder gecouert, aber auch keine Stücke, die ihr explizit „hasst“.

ekimas: Es war mit einigen Stücken schwierig. Etwa für mich „Teen Spirit“. Das ist halt so’n Gitarrenlehrerstück. Ich hab viel mit Gitarrenlehrern zu tun gehabt, und jeden Tag musste ich das dann irgendwelche Schüler spielen hören. Das Stück ist ja gut. Aber man assoziiert eben Sachen, die man damit erlebt hat. Markus: Ich würde mal vermuten, dass Patti Smith keinen sehr weiten Weg zurücklegen musste, um da zu sein, wo sie meint, dass Kurt Cobain war, als er diesen Song geschrieben hat. Für uns ist das musikalisch und textlich ein sehr weiter Weg gewesen. Die Art, wie dort musiziert und getextet wird, liegt uns doch sehr fern. Für uns führt der Weg zur Emotionalität ja eher über die Künstlichkeit. Etwas zu schaffen, was Emotion erzeugt, und nicht einfach nur unsere Gefühle auszudrücken. Es ging uns darum, uns mit Respekt diese Songs … anzuverwandeln. Die musikhistorische Bedeutung einzelner Songs war dabei eher eine Last. ekimas: Wir haben der Legende „Smells Like Teen Spirit“ weggenommen, und das war nicht ganz einfach, weil die ihn nicht hergeben wollte.

Schön ander Platte ist, dass keinem Lied Gewalt angetan wird, etwa durch „lustige“ Ironisierung.

ekimas: Wie hieß der damals, der die lustigen Easy-Listening-Covers gemacht hat? Mike Flowers? Wir sind so weit weg von Mike Flowers, wie’s nur geht.

Und Boss Hoss.

ekimas: Ey, über so was müssen wir gar nicht reden, ja? Wir müssen auch nicht über Stefan Gwildis reden oder wie der Kerl heißt! Egal… Wir haben die Songs nicht in ihrer Bedeutung verändert, das war eine der Regeln, die wir uns gesetzt haben, weil wir das Gefühl haben, dass wir dadurch die größte emotionale Qualität erreichen: dass wir nicht einfach die Melodien missbrauchen, sondern dass wir den Song als Ganzes lassen. Wirkonnten’s nur nicht auf Englisch singen, weil das nicht unsere Muttersprache ist.

Kannst du die Ubertragungsarbeit an den Texten beschreiben? Wo war’s leichter, wo schwieriger?

ekimas: Was mir zum Beispiel leicht von der Hand ging, war „Fahler als nur fahl“. Da hab ich mich in der Übersetzung relativ weit vom Original entfernt, trotzdem ist es eine recht ähnliche Geschichte. „A Whiter ShadeOfPale gilt jaalsbesonders rätselhaft,so LSDmäßig. Aber so frei fließend Texte schreiben, das machen wir mit Erdmöbel eigentlich auch. Ich finde, wir sind da sehr nah am Spirit des Originals, obwohl wir von Bands wie Procol Harum total weit entfernt sind. ekimas: Bei „Was geht, Muschikatz“ sind wir das Wagnis eingegangen, dass der Text genau so albern sein durfte wie das Original („What’s New Pussicat“, Tom Jones; Anm.). Das ist ja ein Genre, das es offenbar im Amerikanischen schon lange gibt: Songs, die so übermütig sind, dass es albern wird, aber ohne dass es lächerlich wirkt. Das ist im Deutschen lange nicht gemacht worden, schon gar nicht im Rockmusik-Umfeld. Uns war schon klar, dass da die Nasen gerümpft würden, aber das fanden wir auch gerade gut. Markus: Etwas Bescheuertes zu machen, gehörte bei diesem Album einfach dazu. Ironiefrei etwas Bescheuertes machen, es gut zu machen und zu finden.

Bei der Maßgabe Nummer-ems-Hits hätte man z.B. auch ein Beatles-Lied nehmen können.

EKIMAS: Das war auch eine Regel, die wir hatten: kein Beatles-Lied. Da findet eh jeder, dass das Kunst ist und super. Die Beatles sind der Beweis dafür, dass Popmusik, die allen gefällt, trotzdem nicht schlecht sein muss. Aber sie sind auch die einzige Ausnahme. Die zu covern, wäre langweilig gewesen. Wichtig war uns, mit Songs zu arbeiten, die sich ein bisschen wehrten.

Es gibt ja diese piefige Haltung: Bands, die Lieder von anderen spielen, fällt wohl selbst nichts mehr ein?

EKIMAS: Das liegt an dem Vorurteil, dass man denkt, es macht einen großen Unterschied, wenn man einen Song spielt, dernicht von einem selber ist. Aber wenn man dabei nicht das Gefühl hat, dass man seinen eigenen Song spielt, wird das eh keine gute Musik.

Wie sehr beschäftigt man sich mit den Originalen?

ekimas: Es gibt Songs, die ich abgepaust habe. Zum Beispiel das Vengaboys-Stück, wo klar war: Die Noten müssen gleich sein. Wie bei klassischer Musik: Man darf den Notentext nicht verändern. Aber generell wollte ich mich nur inspirieren lassen von den Originalen und das aus dem Gedächtnis machen. Ein Beispiel ist „Mmm Mmm Mmm Mmm“ (Crash TestDummies; Anm.). Wir haben ja bei allen Stücken Klavier und Akustikgitarre genommen, aber bei dem kam das nicht in Frage, weil es dann wie das Original geklungen hätte, und ich lasse diesen fiesen Folkie-Sound. Nicht zuletzt, weil das 13 Jahre alt ist. Das ist genau die Zeit, die man nicht ertragen kann, modisch gesehen.

13 Jahre Abstand? Ist das die Schlüsselzahl?

ekimas: Ungefähr. Kannst mal drauf achten, wenn du ’nen Film siehst, der genau 13 Jahre alt ist; da haben die besonders hässliche Klamotten an – glaubst du. In vier Jahren sind das die tollsten Klamotten, die du willst.

Gibt’s eigentlich auch Covers uon Brdmöbel-Songs?

ekimas: Wir werden öfters mit Keimzeit verglichen, was komisch ist, weil wir nicht finden, dass wir denen ähnlich sind. Aber die spielen als Zugabe ,“Nah bei dir‘ von Erdmöbel“, wie sie selber sagen. Dabei ist das auch nur eine Coverversion. >» www.erdmoebel.de