„Er ist eben mein Freund“
Stones-Gitarrist Ronnie Wood sammelt in seinem Haus in Irland Kraft für neue Taten und sinniert über Kumpel Keith.
Mr. Wood, was machen Sie nach dem Ende einer Tournee, wenn Sie plötzlich ganz allein zu Hause sind?
„Oh Mann, es gibt nichts, was man gegen dieses schwarze Loch der Depression tun kann. Ich versuche ganz bewußt, mich zu entspannen, aber trotzdem raste ich jeden Abend gegen 21 Uhr aus: Wo ist die Bühne? Wo ist die verdammte Show? In so einer Phase male ich viel. Es ist verdammt schwer, von einer Tour wieder ‚runterzukommen. Dazu brauchst du Monate. Keith und ich sagen immer: wie Fische ohne Wasser.“
Was malen Sie denn derzeit?
„Ich habe gerade eine weitere Serie über meine Rennpferde fertiggestellt. Insgesamt besitze ich zwölf Pferde, darunter zwei Fohlen. Nach zehn Jahren haben in dieser Saison sogar zum erstenmal Pferde aus meinem Stall Rennen gewonnen: „Flip The Switch“, Julia“ und „Have Mercy“.“
Auch Sie haben – als letzter Rolling Stone – Inzwischen die Fünfzig passiert. Ein komisches Gefühl?
„Ich weiß nicht – und ich möchte auch gar nicht daran denken, alt zu werden. Immer, wenn ich mich alt fühle, rufe ich meine Mutter an. Sie ist inzwischen 87 Jahre alt und rockt noch immer! Wenn mein Körper nicht mehr mitmachen würde, dann wäre es an der Zeit, sich Gedanken zu machen. Aber glücklicherweise bin ich noch ganz okay.“
Dabei haben Sie doch gerade erst Ihre Lehrzeit abgeschlossen.
(kichert) „Stimmt. Ich habe die längste Lehrzeit der Welt hinter mir. Aber jetzt, nachdem ich seit 25 Jahren oder so bei den Stones spiele, ist es wirklich sehr nett, von den anderen allmählich als vollwertiges Bandmitglied akzeptiert zu werden.“
Vor jeder Show spielen Sie sich mit Keith im sogenannten „tuning room“ hinter der Bühne warm. Was geht da vor sich?
„Erstens wollen wir dort unsere Ruhe haben, und zweitens haben Keith und ich dort unsere alten semiakustischen Gitarren – ich eine Gibson aus meinem Geburtsjahr 1947 und Keith seine Blondie aus den 5oern. Wunderbare Instrumente mit einem sehr coolen, jazzigen Feeling. Wir spielen dort einfach ein paar Riffs, dudeln ein wenig Chuck Berry und genehmigen uns ein paar Wodkas.“
Man sagt Ihnen und Keith ein Verhältnis wie bei Brüdern nach. Man hört aber auch, daß Keith Ihnen schon das eine oder andere Mal an den Kragen wollte.
„Och, er hat mich im Laufe der Jahre schon mit Messern, Flaschen und selbst mit ’ner Wumme bedroht. Aber das ist mir völlig egal. Er ist schließlich mein Freund. Keith macht so etwas eben. Er ist furchtbar. Aber ich mag es, mit furchtbaren Typen herumzuhängen.“
Charlie Watts wird zitiert, diese Tournee sei seine vielleicht letzte gewesen. Er wolle sich gut überlegen, ob er diesen Streß nochmal mitmache.
„Charlie hat das gesagt? Ich glaube ihm nicht – der Kerl lügt.“
Die Stones gelten als perfektes Entertainment-Unternehmen. Abgesehen von Keiths berühmtem Leitersturz was ging noch schief auf der „Bridges To Babylon“-Tour?
„Eigentlich ging alles glatt. Das einzige, was uns auf dieser Tour passierte war, daß wir in irgendeinem Stadion – keine Ahnung, welche Stadt das war – den Weg von der Garderobe zur Bühne nicht gefunden haben. Da standen wir also an einem verdammten Seiteneingang vor einem Pförtner, der aufgeregt meinte: Nein, meine Herren, der Weg zur Bühne geht dort entlang. Wir schauten uns an und grölten im Chor: scheißegal -that’s rock’n’roll!“