„Entspannt“ feiern in einer Pandemie: Zu Besuch bei einem Konzert von Paul Kalkbrenner
Masken-Reflexe, Respektabstand und Geld für Drinks ausgeben – für viele war das Paul-Kalkbrenner-Konzert die erste Großveranstaltung seit Beginn der anhaltenden Pandemie. Das sorgte oft für überfordernde Freiheit.
Nach anderthalb Jahren Pandemie lebt, trotz relativ hoher Inzidenzzahlen, das Nachtleben Berlins wieder auf. Clubs öffnen langsam ihre Türen, Musiker*innen treten wieder auf und DJs heizen dem Partyvolk der Hauptstadt versuchsweise wieder richtig ein. Dabei versprechen so genannte 2G-Veranstaltungen sogar Partys ohne Mundschutz. Nach anderthalb Jahren Maskenpflicht ein nahezu unglaublicher Gedanke. Paul Kalkbrenner ist einer der ersten Acts, der Großveranstaltungen mit 2G-Konzept in Berlin durchzieht. Wir waren am 8. Oktober 2021 in der Verti Music Hall live vor Ort. Wie ist das Feiern ohne Maske, welche Macken entwickeln sich und was hat einem die ganze Zeit gefehlt, ohne es wirklich zu merken?
Reflexartige Griffe zur Maske
Über ein Jahr nach den oft kritisierten Schlauchboot-Demonstrationen für mehr Party-Freiheit auf der Spree, dürfte es für Techno-Liebhaber*innen nun wohl höchste Zeit gewesen sein, ihr Genre endlich aus dem Dornröschenschlaf zu holen und die Partystadt zurück in eine Art Club-Normalität zu bringen. Für die meisten Besucher*innen muss Paul Kalkbrenners Konzert ihre erste (Groß)-Veranstaltung seit dem Beginn der Pandemie im März 2020 sein. Dies sorgte am Eingang der Halle sichtlich für Verwirrung: Im Alltag gibt es zwar Maskenpflicht-Beschilderungen, aber natürlich keine Masken-Absetz-Beschilderungen. Demnach tummelten sich in der Eingangshalle sowohl Menschen ohne Maske als auch Menschen mit Maske, die sich unsicher umschauten oder sicherheitshalber nochmal nachfragten, ob sie die Maske nun wirklich absetzen dürfen. Ähnliches war auch an der Rauchertür zu beobachten. Der reflexartige Griff zur Maske beim Betreten eines Raumes wird wohl noch lange in unserer Routine bleiben.
Nachdem einigermaßen Maskenklarheit herrschte, stieg die Stimmung mit der Personenanzahl an der Bar. Nach langem unfreiwilligem Sparen durch die Unmöglichkeit Geld für Freizeitaktivitäten auszugeben, scheint auch der Preis von 5,50 Euro für ein 0,4-Liter-Pils keine Rolle zu spielen, schließlich soll dies hier ein besonderer Abend sein.
Kalkbrenner spielt seine Karriere durch
Um 21.15 Uhr beginnt Paul Kalkbrenner sein Set. Der DJ, der eigentlich After-Hour-Techno macht, bildet auf Festivals oft den Abschluss einer Nacht, nun ist die Halle schon zu vergleichsweise früher Stunde gut gefüllt. Der DJ spielt in dem dreistündigen Set fast seine gesamte Karriere einmal durch. Unter anderem gibt er aktuellere Songs wie „Invisible“, Lexi & K-Pauls Remix „Happy Zombies“ und Songs seines aktuellen Albums PARTS OF LIFE zum Besten. Aber auch sehr viele ältere Songs wie „Gebrünn Gebrünn“ aus dem Jahr 2005 und der Remix zu Stromaes „Te Quiero“ aus dem Jahr 2010 sind zu hören. Natürlich fehlen Klassiker wie „Feed Your Head“ aus dem Nummer-1-Album 7 sowie „Aaron“ und „Sky and Sand“ aus dem Soundtrack zu „Berlin Calling“ nicht.
Ein Stück Normalität
Mitten in der Partymasse fällt auf, dass die Menschen, womöglich sogar unbewusst, versuchen einen Respektabstand einzuhalten. Gewisse Sachen legen sich an einem Abend „in Freiheit“ eben nicht ab. Aber es ist schön wieder in Gesichter blicken zu können und dabei Mimik und Emotionen sehen zu können ohne, dass ein Stück Stoff das verhindert. Es ist ein kleiner Schritt zurück in die so genannte Normalität – für den wir hoffentlich nicht wieder zwei Schritte in den Ausnahmezustand gehen müssen.
Paul Kalkbrenners aktuelles Album PARTS OF LIFE landete auf Platz 7 der deutschen Charts.