Eine richtige Band


Für den Film "„Keine Lieder über Liebe" gründeten Mitglieder von Tomte und Kettcar mit Jürgen Vogel die Hansen Band. Jetzt läuft der Film an - und die Band hört trotzdem nicht auf.

Sie sehen aus wie eine richtige Band, wie sie da auf der Bühne des Münchner Ampere ste hen. Links außen Marcus Wiebusch, sonst Frontmann bei Kettcar, rechts außen Tomte-Zampano Thees Uhlmann, im Hintergrund Felix Gebhard am Baß und Max Schröder am Schlagzeug und vorne in der Mitte Jürgen Vogel, der Sänger, den man eigentlich als Schauspieler kennt. Das ist die Hansen Band, die vor dem Logo des Labels Grand Hotel Van Cleef ihre zehn für die meisten im Publikum noch unbekannten Songs zum besten gibt. Am Eingang des Clubs steht rauchend der Schauspieler Florian Lukas, an der Bar trifft man, von den Umstehenden kaum bemerkt, Heike Makatsch. Sie alle wirken so entspannt, wie man es nach getaner Arbeit ist. Sie haben zusammen einen Film gedreht, der am 27. Oktober ins Kino kommt, zur gleichen Zeit erscheint die Platte der Hansen Band und Heike Makatschs Buch zum Film. Und der Titel ist dreimal „Keine Lieder über Liebe“.

Vor eineinhalb Jahren hätte man die ganze Hansen-Familie in der gleichen Konstellation antreffen können, nur verkörperten sie da alle noch Figuren, die der Regisseur Lars Kraume sich ausgedacht hatte. Jürgen Vogel war Markus Hansen, ein Songwriter aus Hamburg. Florian Lukas war Tobias Hansen, ein angehender Filmemacher, der sich in den Kopf gesetzt hat, eine Dokumentation über die Band seines Bruders zu drehen. Heike Makatsch war Ellen, die Frau, die zwischen den beiden steht. Und die Musiker vom Grand Hotel Van Cleef waren die Hansen Band: die Labelchefs Uhlmann und Wiebusch, Felix Gebhard, der sich als Singer/Songwriter Home Of The Lame nennt, und Max Schröder, der bei Tomte Keyboard spielt und bei Olli Schulz den Hund Marie. Lars Kraume schickte diese Band, ohne die Identität ihrer Mitglieder zu verraten, auf eine Clubtour durch Norddeutsch land und begleitete sie mit seiner Kamera. Vier Wochen lang improvisierte man einen Film, dessen Handlung nur in groben Zügen festgelegt war, das Drehbuch, das Kraume für den Notfall dabei hatte, wurde kein einziges Mal angerührt.

Die Band, die man in „Keine Lieder über Liebe“ im Chez Heinz in Hannover und im KlingKlang in Wilhelmshaven bei ihren ersten Auftritten sieht, ist eine Band, die am Anfang steht, die den steinigen Weg geht, den die meisten ihrer Mitglieder eigentlich schon hinter sich haben. „Wir spielen in fucking Wilhelmshaven, wo die PA weniger kostet als dein Auto „, erinnert sich Marcus Wiebusch, „da funktioniert nichts, und das ist total anstrengend.“ Lars Kraume will eine junge Band am Beginn ihrer Karriere zeigen also läßt er seine Hansen Band einfach bei null anfangen. Thees Uhlmann findet den Film in dieser Hinsicht sehr realistisch. „Sofunktionierthalt Musik, wenn man Anfänger ist: Das ist Staubfressen, das ist Angst, und das ist Dedication. Das ist halt die dunkle Seite des Rock n ‚Roll. „Wie Markus Hansen und seine Band von Hannover über Oldenburg und Bremen bis zum Tourabschluß in Berlin immer sicherer und selbstbewußter werden, das zeigt Kraume ganz nebenbei. „Ich finde gut, daß das so selbstverständlich ist“, meint Jürgen Vogel, „daß das nicht so dargestellt wird: Jetzt fühlen sie sich gut zusammen! Jetzt! Ah! Esfunktioniert!‘ Und dann das Publikum ,Aaaahh!‘ Das ist alles weg. Das ist eine Stimmung, die man spürt, aber nicht genau sieht.“

„Keine Lieder über Liebe“ ist eigentlich kein Musikfilm. Es ist ein Film über die Unmöglichkeit von Kommunikation, darüber, wie im Zusammenleben von Menschen früher oder später das Vertrauen auf der Strecke bleibt. Die Entwicklung der Hansen Band wird nur in Momentaufnahmen erzählt: wie steif und atemlos Markus Hansen in Hannover auftritt, wie seine Ansage „Wir sind Hansen“ in Oldenburg schon viel selbstsicherer klingt, wie sich am Ende im Bastard in Berlin Thees und er scherzend die Bälle zuspielen. Im Windschatten der Story um die Hansen-Brüder hat sich da auch ein kleines „Rat Pack“ zusammengefunden, das einen Heidenspaß miteinander hat. Vor allem Thees und Marcus, seit Jahren Freunde und Geschäftspartner, genießen es sichtlich, zum ersten Mal in einer gemeinsamen Band zu spielen. „Es entertaint mich“, schwärmt Thees, „es vertreibt die Langeweile aus meinem Leben, daß ich weiß, daß ich mit Marcus Wiebusch in einer Band spiele. Ich sitze dann zu Hause und lache so vor mich hin. Ich finde das witzig und schön und große Kunst. „“Ein Hippie-Eiergeschaukel ist das hier“, quittiert der Geschmeichelte. „Kennst du die beiden Typen aus der Muppetshow auf dem BflM:on?“kommentiert Jürgen Vogel belustigt, „so sind die beiden zusammen.“

Inzwischen ist Thees Uhlmann wieder mit Tomte im Studio, Marcus Wiebusch mit Kettcar auf Tour, und Lars Kraume hat aus 150 Stunden Material einen 98minütigen Film geschnitten. Die Hansen Band hätte ihre Schuldigkeit getan. Bei den Gigs in Berlin, München und Hamburg, bei denen erstmals keine Kameras dabei waren, konnte aber jeder sehen, daß aus der Fiktion längst eine richtige Band geworden ist, in der Marcus Wiebusch auch durchaus Chancen für die Zukunft sieht. „We created a monster. Jetzt weiß man nicht, was passiert.Vielleicht spielen wir nächstes Jahr vor 100.000 Leuten Rock am Ring, vielleicht spielen wir auch wieder vor 20 im Kling Klang in Wilhelmshaven.“ Jürgen Vogel möchte nicht einmal ausschließen, daß es eine zweite Hansen-Platte geben könnte. Thees Uhlmann hätte damit sicher kein Problem:“Man muß sein eigenes Leben ja auch so ein bißchen ausbeuten.“

www.hansen-band.de