Bingewatch-Klassiker

Eine Geschichte der Sitcoms: Die ikonischsten US-Comedy-Serien der 1970er-Jahre


Na, auch in der Corona-Isolation schon ganz Netflix durchgebingt? In „Eine Geschichte der Sitcoms“ stellen wir die besten Serien eines Jahrzehnts vor und liefern Euch damit mehr Inspiration für die Tage zuhause.

In einem Ausnahmezustand wie der aktuellen Coronavirus-Pandemie gibt es zwei Arten von Menschen: Die einen versinken liebend gerne in den Tiefen von dystopischen Serien, um sich selbstzerstörerisch noch tiefer in die mentale Apokalypse zu begeben. Die andere Hälfte wählt den Weg des Verdrängens und lässt sich von Sitcoms und Komödien berieseln, um Sorgen und Ängste sanft beiseite zu schieben.

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Wer sich stolz und ohne Scham der zweiten Kategorie zuordnet, aber nicht zum fünften Mal „The Office“ schauen möchte, kann hier fündig werden: In „Eine Geschichte der Sitcoms“ präsentieren wir jeweils die ikonischsten Comedy-Serien eines Jahrzehnts, um Euch ein wenig Abwechslung und Inspiration fürs Bingewatchen zu geben. Außerdem wollen wir ein paar Fragen auf den Grund gehen: Wie haben sich Sitcoms über die Jahrzehnte hinweg entwickelt? Und warum waren manche von ihnen so irrsinnig erfolgreich?

Was definiert eine Sitcom?

Sitcoms unterscheiden sich von anderen Formen der Comedy durch eine hohe Gag-Quote, wobei diese jedoch alle in eine dramatische Handlung eingepflegt sind – das gibt den Zuschauer*innen die Möglichkeit, persönliche Zuneigung und Bindungen zu den Charakteren aufzubauen. Eine Folge überschreitet meistens nicht die Dauer von 30 Minuten, auch die Sets sind oft einheitlich und ändern sich über mehrere Staffeln hinweg wenig.

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Bei der klassischen Sitcom war auch die Live-Aufnahme vor Publikum ein fester Bestandteil des filmischen Konzeptes – und das hörbare Gelächter der Zuschauer*innen sprach somit für eine hohe Qualität der Serie. Später wurden die Lacher immer öfter erst im Nachhinein eingebaut, bei den meisten aktuellen Sitcoms (wie bei „Modern Family“ oder „New Girl“) wird komplett darauf verzichtet.

Auch die Dramaturgie einer Sitcom hat sich über die Jahrzehnte verändert: Das ursprüngliche narrative Konzept einer Sitcom sieht eine „zirkuläre Dramaturgie“ vor – die Charaktere werden pro Folge vor ein Problem gestellt und nach jedem gelösten Konflikt befinden sie sich wieder an ihrer Anfangsposition. Diese Erzählweise wurde vor allem aus dem Grund eingeführt, dass Episoden nach Lust und Laune im Fernsehen wiederholt werden konnten, ohne dass jemand der Geschichte nicht folgen könnte. Erst als offensichtlich wurde, dass Zuschauer*innen eher bei einer Sitcom hängen bleiben, wenn sie mit den Figuren mitfühlen und ihren Lebensweg verfolgen möchten, wurde die „zirkuläre Dramaturgie“ abgeschwächt. Stichwort: Charakterentwicklung.

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Die ikonischsten Sitcoms der 1970er-Jahre:

Mary Tyler Moore

1970 – 1977

Die Sitcom erzählt die Geschichte der 30-jährigen Mary Richards (gespielt von Mary Tyler Moore), die nach einer aufgelösten Verlobung nach Minnesota zieht und dort als Produzentin bei dem fiktiven lokalen Fernsehsender WJM zu arbeiten beginnt. Als Kollegen stehen ihr dabei ihr griesgrämiger aber liebenswerter Chef Lou Grant (Ed Asnor), der Redakteur Murry Slaughter (Gavin MacLeod) und der albern-dümmliche Nachrichtensprecher Ted Baxter (Ted Knight) zur Seite. Mary wohnt in demselben Etagenhaus wie ihre beste Freundin Rhoda Morgenstern (Valerie Harper), das wiederum von der egozentrischen Phyllis Landstrom (Cloris Leachman) vermietet wird.

„Mary Tyler Moore“ ist bis heute für seine realistischen und komplexen Handlungsstränge und Charaktere bekannt, die sich stark von den eher einseitigen Figuren in früheren Fernsehformaten unterscheiden. Inbesondere die Rolle der Mary Richards gilt als Pionierin einer neuen Ära: eine zentrale weibliche Figur, die weder verheiratet noch von einem Mann abhängig ist – eine damals bahnbrechende Darstellung für das konservative amerikanische Fernsehen. Auch war es die erste Sitcom, die auch ernstere Elemente mit in den Erzählstrang integriert hat. So wurden auch Scheidung, Genderungerechtigkeit, Homosexualität, Sex vor der Ehe und Tod thematisiert.

Wo kann man die Serie streamen? Alle sieben Staffeln von „Mary Tyler Moore“ sind auf Hulu verfügbar, einzelne Folgen kann man auch über YouTube anschauen. 

https://www.youtube.com/watch?v=qwA-szkpGmM

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All in the Family

1971 – 1976

Die von Norman Lear entwickelte Sitcom hob alles aus den Angeln, was das amerikanische Fernsehen in den 1970er-Jahren bisher kannte: „All in the Family“ handelt von Archie Bunkers (Carroll O’Connor), einem eher mäßig intelligenten und groben Dockarbeiter, der gemeinsam mit seiner Frau Edith (Jean Stapleton), ihrer schönen Tochter Gloria (Sally Ann Struthers) und deren Ehemann Michael (Bob Reiner) lebt. Archie ist der Archetyp eines tyrannischen Tunichtguts: Er beleidigt jegliche Minderheit, ist homophob, hasst alle Linken und Feministinnen und ist bekennender Patriot und Patriarch.

Norman Lear kreierte Archie als Analogie zu allen negativen Aspekten des amerikanischen Lebens – Gier, Selbstgefälligkeit, Patriotismus, Rassismus. Als linkspolitisch gerichteter Mensch wollte Lear die Absurdität von Krieg und Hass anhand des Archie-Charakters aufzeigen, doch sein Plan schlug fehl: Es stellte sich heraus, dass viele der Menschen, die „All in the Family“ schauten, die Rolle des Archie vor allem deshalb liebten, weil sie mit ihm politisch übereinstimmten. Dennoch hat es die Sitcom geschafft, das konservative amerikanische Fernsehen grundlegend zu erschüttern und somit die Basis für die heutige TV-Landschaft zu legen.

Wo kann man die Serie streamen? „All in the Family“ ist momentan nur über iTunes erhältlich, aber auch bei dieser Serie findet man einzelne Folgen auf YouTube. 

https://www.youtube.com/watch?v=ha7a2v70Ikk

Sanford and Son

1972 – 1977

Aus mehreren Gründen wurde die Sitcom „Sanford and Son“, die im Jahr 1972 auf NBC Premiere feierte, oft als afroamerikanische Antwort auf „All in the Family“ interpretiert: Auch diese Serie wurde von Norman Lear aus dem Programm von BBC adaptiert und kam so in den USA zu großem Erfolg. Zudem hat auch „Sanford and Son“ einen engstirnigen und oft rabiaten Vater als Hauptprotagonisten – und es ist die Aufgabe seines Sohnes Lamont, dessen eingeschränkten Horizont zu erweitern.

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Im Mittelpunkt der Sendung steht das familiäre Verhältnis zwischen Fred Sanford (Redd Foxx) und seinem Sohn Lamont (Demond Wilson). Die beiden nennen sich gegenseitig „Dummy“ und „Old Fool“, sie streiten sich oder ziehen sogar mal aus dem gemeinsamen Haus aus. Dennoch: Trotz Lamonts gewissenhaftem Charakter hält er zu seinem Vater, wenn Fred in seinem Streben danach, möglichst schnell viel Geld zu verdienen, die Legalitätsgrenze überschreitet – ihre Loyalität zueinander bricht nie gänzlich ab. Ein weiterer wichtiger Charakter in der Sitcom ist die stark religiöse Tante Esther (LaWanda Page), deren Abneigung zu Fred auf Gegenseitigkeit beruht. Auch Freds bester Freund Grady Wilson (Withman Mayo) und Lamonts Kumpel Rollo Lawson (Nathaniel Tylor) erweitern die Besetzung.

Wo kann man die Serie streamen? „Sanford and Son“ ist mit allen sechs Staffeln auf Hulu erhältlich.

https://www.youtube.com/watch?v=pbDEoKW1XUw

M*A*S*H

1972 – 1983

M*A*S*H war nicht nur eine Sitcom, sondern ein wahnsinnig erfolgreiches Multimedia-Franchise, bestehend aus dem Film „M*A*S*H“ aus dem Jahr 1970, der gleichnamigen Serie, drei darauffolgende Sequels, mehreren Büchern und Spielen. Sie alle erzählen die Story der Mitarbeiter*innen in einem mobilen Feldlazarett der US-Army während des Korea-Krieges. Im Fokus der Sitcom steht der Chefchirurg und Womanizer Captain Benjamin Franklin „Hawkeye“ Pierce (Alan Alda), der nebenbei noch eine Schnapsdestille betreibt. Ihm zur Seite steht sein bester Freund Captain John Francis Xavier „Trapper“ McIntyre (Wayne Rogers), und ihr liebenswerter und antiautoritärer Vorgesetzter Lieutenant Colonel Henry Blake (MacLean Stevenson). Gemeinsam stehen sie ständig unter der Beobachtung der beiden Ranghöchsten Major Frank D. Marion „Ferret Face“ Burns (Larry Linville) und Major Margeret „Hot Lips“ Houlihan (Loretta Swit).

Die Dauer der Sitcom belief sich auf zehn Staffeln, elf Jahre und 256 Folgen – insgesamt dauerte die Serie somit länger als der Krieg, in dem sie spielte. Es mag ein schmaler Grad sein, eine Sitcom während eines Kriegs zu verorten, doch in dem Fall von „M*A*S*H“ funktionierte es: Hinter der vordergründigen Komik und Sarkasmus steckte eine gehörige Portion Anti-Kriegshaltung – und so etwas hat es im amerikanischen Fernsehen bis dato noch nie gegeben.

Wo kann man die Serie streamen? Alle elf Staffeln von „M*A*S*H“ sind auf Hulu zu finden. 

https://www.youtube.com/watch?v=P6mGVi5DHBk

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One Day at a Time

1975 – 1984

„One Day at a Time“ ist die dritte Sitcom dieser Liste, die von Norman Lear entwickelt wurde. Und wie viele seiner Serien war „One Day at a Time“ nicht nur erfolgreich, sondern baute auch seriöse Themen in die Dramaturgie ein – insbesondere Feminismus stand wiederkehrend im Fokus der Sitcom. Die Idee, eine Comedy-Serie über eine alleinerziehende Mutter zu kreieren, die mit ihren zwei Töchtern nach Indiapolis zieht, stammt allerdings nicht von Lear, sondern von dem Schauspielerpärchen Witney Blake und Allan Manings. Dies hat einen autobiografischen Hintergrund: Bevor sich die beiden kennenlernten, trug auch Witney Blake die alleinige Verantwortung für ihre drei Kinder.

Die vier Hauptdarsteller*innen – Bonnie Franklin als die Mutter Ann, sowie Mackenzie Phillips und Valerie Bertinelli als ihre zwei Töchter und Pat Harrington als der Hausverwalter Dwayne Schneider – kamen durch „One Day at a Time“ schnell zu großer Berühmtheit; im Jahr 2005 trafen sich alle für ein Reunion-Special wieder, zwölf Jahre später erschien ein Reboot auf Netflix. Das Besondere an der Show war die Entwicklung, die die Zuschauer*innen mit den Charakteren durchlebten: Waren die zwei Töchter Julie und Barbara zu Beginn der Serie noch klein, wurden diese im Laufe der Sendung erwachsen, heirateten und bekamen selbst Kinder.

Wo kann man die Serie streamen? Der kostenlose US-Streamingdienst Pluto TV hat am 24. März alle Staffeln von „One Day at a Time“ in sein Sitcom-Programm aufgenommen – allerdings nur für einen Monat. Bis dahin laufen Folgen des Sitcom-Klassikers abwechselnd mit Episoden von „All in the Family“ auf Pluto TV.

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