Ein sicherer Verkaufserfolg
war das aktuelle Album der Böhsen Onkelz schon vor seiner Veröffentlichung. Bei Virgin Schallplatten gingen vor dem Handelsstart bereits Vorbestellungen in Höhe von 80.000 bis 100.000 Exemplaren ein. Dabei, so der Virgin-Vertrieb, hätten die neuen Bundesländer so viele Platten bestellt wie derzeit bei keinem anderen Virgin-Produkt. Es gibt aber auch Händler, welche die Onkelz-Musik kategorisch ablehnen. Den einzelnen Media-Märkten und Saturn-Filialen ist von der Geschäftsleitung freigestellt, ob sie Onkelz-Platten in ihr Sortiment aufnehmen. Bis vor einiger Zeit waren die Onkelz auf „Anweisung von oben“ dort nicht zu bekommen — genau wie bei der WOM-Kette, die im Vorfeld der neuen Veröffentlichung eine Mitarbeiterbefragung durchführte. Ergebnis: 14 von 19 WOM-Filialen stimmten mit „nein“ — eine „Grundsatzentscheidung“ (WOM-Einkaufsleiter Wolfgang Orthmayr), die zur Folge hat, daß die WOM-Verkaufsstellen geschlossen auf die aktuelle Onkelz-Platte verzichten.
Beim Videokanal Viva, an dem Virgin-Eigner EMI Anteile hält, war man sich bei Redaktionsschluß noch nicht sicher, wie man mit dem Video zur neuen Onkelz-Platte umgehen soll. Laut VivaÖffentlichkeitsarbeiter Thorsten Reiter lande der Clip aber „nicht grundsätzlich im Mülleimer“. Guido Weiß von der Zuschauer-Redaktion meinte jedoch, daß das Onkelz-Video „erst mal nicht eingesetzt“ werde. Für alle Fälle wurde bei Viva allerdings eine Dokumentation über die Böhsen Onkelz in Auftrag gegeben. Immerhin hatte Konkurrent MTV vor einem halben Jahr einen rund 2ominütigen Beitrag im Programm.
Im Rundfunk stoßen die Böhsen Onkelz auf unterschiedliche Resonanz. Der WDR zum Beispiel setzt weder ihre Songs ein noch plant er Interviews mit der Gruppe — „auch oder gerade aufgrund der aktuellen Texte“, wie es hieß. Zudem passe der Onkelz-Sound ohnehin nicht ins Tagesprogramm. Letzteres gilt auch für eine Reihe von anderen Sendern. Was jedoch zumindest im Falle von Bayrischem Rundfunk, Südwestfunk und Süddeutschem Rundfunk zunächst nicht zu Ablehnung führte. Hier wollte man sich bei Redaktionsschluß noch „mit der Platte beschäftigen“, um dann über Einsatzmöglichkeiten nachzudenken. Wobei der Südwestfunk die Böhsen Onkelz bereits zum Thema einer Hörerbefragung gemacht hat. Auch Virgin-Geschäftsführer Udo Lange, der die umstrittene Gruppe in diesem Jahr unter Vertrag genommen hat (siehe: „Viele Kritiker haben nie einen Ton gehört“), kam beim SWF zu Wort.