Eberhard Schoener – Auf der Suche nach der verlorengegangenen Zeit
Den Münchener Multi-Media-Künstler Eberhard Schoener kann man nur schwer einordnen: Macht er vorgestern Platten mit POLICE, gestaltet er gestern ein überraschend/überragendes Museum für BMW, macht er heute eine LP mit Leuten wie Pete York, dirigiert morgen Strawinsky-Sinfonien ßr eine LP mit dem Bayrischen Rundfunk-Orchester, macht er übermorgen eine Tournee, die zwischen Rock/Elektronik/Sinfonik und (wiedermal) balinesischen Einflüssen steckt…
Ich bin so naiv, daß ich an die Menschen glaube, und daran, daß man mit Liebe mehr erreichen kann, als mit Haß.“ Das sagt Eberhard Schoener als etwas Selbstverständliches; mit leuchtenden Augen. Und wer ihn einmal bei der Arbeit mit Musikern, Technikern,Tänzern, mit Menschen schlechthin, beobachtet hat, weiß, daß das kein leerer Spruch ist. Für Schoener steht das Vermitteln von Gefühlen absolut im Mittelpunkt. Im künstlerischen wie im privaten Bereich. Immer ist das klärende Wort da, eine Geste, ein Lächeln für den anderen Menschen. „Ich lebe aus dem Bauch. Und so kann aües was ich mache auch nur aus meinen Gefühlen kommen.“ Diese Haltung steht bei ihm vor Ansehen, Geschäft. Äußerlichkeiten und anderen Dingen, die zu einem ‚Etablierten gehören müßten“.
Eberhard Schoener hat sich ein geraumes Quentchen Naivität bewahrt. Naivität, die jeder Mensch, jeder Künstler, haben sollte, damit seine Taten/Werke echt und ehrlich sind. Bei Schoener sind sie das. Auch wenn er, von manchen Kritikern belächelt, musikalisch-kompositorisch-spieltechnisch in Schubladen greift, die andere vor ihm schon mal geöffnet haben (was meist nicht einmal stimmt!), so sind sie doch in jedem Fall für ihn, sein Leben, sein Ich, neu. Intensiv und neugierig erfährt er sein Leben und so ist es nicht verwunderlich, daß er seine neueste LP, EVENTS, als den wichtigsten Abschnitt seiner bisherigen künstlerischen Arbeit bezeichnet.
Ganz persönliche, eigene Erfahrungen der letzten Zeit sind Grundlage für Text und Musüc der Platte. War E.S. in der Vergangenheit von der rasanten Entwicklung der Technik fasziniert, den Computern, Synthesizern, Lasern, ja dem Phänomen Fernsehen, das einem Geschehnisse aus fernen Ländern in Sekundenschnelle in die eigene Umgebung übermitteln kann, so hat ihn diese Erfahrung mit der Technik wieder zu einer Verinnerlichung gebracht.
„In den 70er Jahren ist viel passiert, aber die 80er sind eine völlig neue Epoche. So fühle ich das zumindest. Und ich will noch bewußter, menschlicher leben. Ich gehe auf die Vierzig zu, nein, ich habe keine Paranoia, aber vieles bekommt in meinem Leben ein anderes Gewicht. Es gibt doch nur zwei Dinge – Aggressivität, so wie sie sich bei Nina Hagen z.B. äußert, und die friedliche, menschliche Politisierung. Die müssen wir von uns aus tragen, Brücken bauen. Ich kann die Dinge nicht mehr als Punker sehen, wobei Punk an richtiger Stelle absolut okay ist, ich aber muß anders an die Umweit gehen.
Ich will alles direkt sinnlich erfahrbar machen. In den letzten Jahren habe ich es über die Magie der Technik versucht, heute geht die Magie von mir als Mensch aus. Ich nannte deshalb meine neue LP EVENTS – Ereignisse. Und bei der Produktion der Platte haben wir über jeden Titel, jede Stimmung, die ich vermitteln will, gesprochen. Die Musiker sollten nicht nur für Kohle spielen, sie sollten für meine Gefühle ihr eigenes späteres persönliches Feeling bekommen. Auch die Texte sind sehr persönlich, von Gefühlen geprägt.“ Wenn Eberhard Schoener jetzt wieder auf große Tournee kreuz und quer durch unser Land geht, dann nimmt er keine Laser mehr mit. „Je größer die Show, desto größer werden die Schwierigkeiten einer astreinen Bühnen-Präsentation. Das soll nicht heißen, daß es diesmal nichts zu sehen gibt. Wir machen nur weniger, aber perfekter.“ Und die Wertigkeiten haben sich verschoben: „Das Wichtigste ist, daß wir musikalisch fesseln!“ Drei Balinesen, Tänzer, Filme, die Band von Pete York, die auch die LP mit eingespielt hat, sind dabei und Mr. FAIRLIGHT I, ein bisher einzigartiger Digital-Computer, der jedes Geräusch, jeden Klang umsetzen und wiedergeben kann, den man ihm einspeichert – ständig abrufbar und auf einem Bildschirm sichtbar gemacht. Ganz kommt Schoener also von der Technik nicht los, auch wenn seine Show neue Inhalte hat, sinnlicher, menschlicher geworden ist.