DVD’s


The Event – die komplette Serie

Universal

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Migration aus dem Weltall!

Roswell lässt grüßen: Außerirdische sind in Brooks Range, Alaska notgelandet. So was kann vorkommen, wenn man jahrzehntelang mit dem Raumschiff durchs Universum jettet. Irgendwann werden Vorräte, Treibstoff und Luftgemisch knapp. Blöd nur, wenn die US-Regierung davon Wind bekommt. Kurzerhand werden 97 der vermeintlich feindlichen Aliens in einem Geheimgefängnis interniert, ein Rest entkommt und taucht unter. In spritzigen Dialogen und mit zig Rückblenden in die Ära am Ende des Zweiten Weltkriegs wird in 22 Episoden die bizarre Geschichte um Außerirdische erzählt, die mit der Menschheit doch mehr verbindet als anfänglich gedacht. Warum „The Event“ beim US-Kommerzsender NBC nach nur einer Staffel eingestellt und bei RTL II gerade einmal sechs Folgen schaffte, erklärt sich mit der Qualität der Serie. Die ist in diesen Kanälen offensichtlich nicht besonders gefragt. Mike Köhler

Kings Of Leon Talihina Sky: The Story Of KOL

Revolver Entertainment

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Beten vor dem Auftritt: die zwei Welten des Followill-Clans

Ungewiss ist die Zukunft der Kings Of Leon, seit ihr Frontmann Caleb Followill am 27. Juli des vergangenen Jahres in bedröhntem Zustand inmitten eines Konzert in Dallas die Bühne verließ und nicht zurückkehrte. Sechs Monate Auszeit annoncierte die Band aus Oklahoma Ende vergangenen Jahres auf ihrer Homepage – ob es dabei bleibt oder diese Pause am Ende vielleicht nie mehr ein Ende nehmen wird, muss die Zukunft zeigen. Dass die so erfolgreiche Band in einem Zwiespalt steckt, ist offensichtlich, und nach dem Genuss von Regisseur Stephen C. Mitchells Dokumentation „Talihina Sky: The Story Of KOL“ weiß man auch warum: Das famose Quartett muss seit seinem internationalen Durchbruch in zwei strikt getrennten Parallelwelten zurechtkommen. Auf der einen Seite steht die lockere, mitunter auch regelrecht verlotterte Künstlerboheme, auf der anderen der religiös fundamentalistisch und politisch rechts orientierte Familienclan um Priester Ivan Leon Followill und seine Gattin Betty-Ann. Aus dieser Diskrepanz, so absurd sie auch erscheinen mag, speist sich allerdings auch das künstlerische Potenzial der Kings Of Leon. Als Zaungast darf der Zuschauer teilhaben an beiden Seiten, also an allzu weltlichen Verführungen wie auch an strikter Askese mit einem allmächtigen Gott als oberste Instanz. Das Resultat ist eine sehenswerte Dokumentaion zwischen Konzerten, Studioaufnahmen und Familienidylle, die fernab üblicher Klischees funktioniert. Mike Köhler

Jan Delay

Hamburg brennt!

Vertigo/Universal

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Ein derbe groovender Sommernachtstraum

Jan Delay hat seine Hometown im Griff: Im August vorigen Jahres steht der Hamburger mit Disko No. 1 auf der Bühne der Trabrennbahn, knapp zwei Stunden lang spielt sich die grandiose Band durch Delays umfangreiches Repertoire. Gemeinsam mit Samy Deluxe und Denyo gibt Jan Delay bei „Füchse“ seine Rap-Skills zum Besten, um kurz darauf mit, oh Schreck, Scooter-Frontmann H.P. Baxxter zu „Raveheart“ abzutanzen. Zum finalen „Pump Up“-Medley stürmen dann Deichkind die Bühne. Jan Delay, der in der Vergangenheit unter gefühlten 516 Pseudonymen in Erscheinung trat und immer wieder mit verschiedenen Stilen experimentierte, stellt also seine Vielseitigkeit unter Beweis: Von der C&C Music Factory bis hin zu den Backstreet Boys zitiert er sich quer durch die Popgeschichte. Gekonnt wechselt die Band von Funk-Grooves zu Old-School-HipHop, integriert Klassiker wie Cameos „Word Up“. Keine Frage, Disko No. 1 hat den Groove raus, während Jan Delay nicht gerade eine gesangliche Höchstleistung abliefert. Doch der Chefstyler ist schließlich auch nicht für seine Soulröhre, als vielmehr für seine Entertainer-Qualitäten bekannt.

Renzo Wellinger

The Libertines There Are No Innocent Bystanders

Pulse

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Dokumentation einer Wiedervereinigung: Wenn Unzulänglichkeit zum Kult wird

Nur kurz währte das Glück 2010, als sich jenes britische Kultquartett wiedervereinte, das einst virtuose Unzulänglichkeit und Querulantentum zur Tugend gemacht hatte: The Libertines, von 1997 bis 2004 ein Indie-Must-Have, gingen einmal mehr eine Liaison Dangereuse ein. Ob aus echter Zuneigung oder aus Geldnot, bleibt dabei offen. In mehr oder minder vorteilhaften Posen lassen sich Carl Barât, Pete Doherty und Co. von Haus- und Hof-Fotograf Roger Sargent zwischen Proberaum, Konzerten, Studio und Pressekonferenzen filmen. Zum Tanz auf dem Vulkan geraten wie zu alten Zeiten die Auftritte bei den Festivals in Reading und Leeds sowie Warm-up-Gigs in London. Ein Fiasko jagt das nächste zwischen all den lässig hingehuschten Songs, die so gerne Hymnen für die Massen wären, aber lediglich Novelty-Charme besitzen. Mittendrin der vom Leben gezeichnete Doherty, der elegant glamouröse Verwahrlosung auf den Punkt bringt und sich einfach nicht entscheiden kann, auf was er sich konzentrieren mag: auf die Solokarriere, die Babyshambles oder eine Zukunft mit Barât. Kein Wunder, dass The Libertines mittlerweile wieder für unbestimmte Zeit auf Eis liegen.

Mike Köhler