Duffy
Eine Plattensammlung gab es im Elternhaus von Duffy nicht. Die Musik kam aus dem Radio. Die richtige musikalische Prägung der Sängerin setzte erst ein, als ihre Jugend schon fast vorbei war und sie das erste Mal auf Leute traf, die ihr Gesangstalent erkannten.
Eine Plattensammlung gab es im Elternhaus von Duffy nicht. Die Musik kam aus dem Radio. Die richtige musikalische Prägung der Sängerin setzte erst ein, als ihre Jugend schon fast vorbei war und sie das erste Mal auf Leute traf, die ihr Gesangstalent erkannten: die Macher der walisischen Variante von „Pop Idol“, Rough-Trade-Chef Geoff Travis und Suede-Gitarrist Bernard Butler. Zu spät war das allerdings nicht.
Der erste Song, an den ich mich erinnern kann …
Patsy Cline
Crazy (1961)
Meine Mom liebte Patsy Cline. Ich muss sechs oder sieben Jahre alt gewesen sein … Wenn ich sonntags in der Küche saß und der Regen an die Fenster prasselte, dann passte diese sehnsuchtsvolle Stimme einfach wahnsinnig gut. Es gab bei BBC eine Show namens „Our Tune“, da riefen die Leute an und sagten: „Mein Liebster ist im Falkland-Krieg, und ich habe seit drei Monaten nichts mehr von ihm gehört. Drei Leute aus seiner Einheit sind gestorben, und ich weiß nicht, ob er dabei ist. Ich bin so verzweifelt.“ Für die wurde dann dieser Song gespielt. Siehst Du meine Gänsehaut?
Dieser Song prägte meine Liebe zum Soul …
Sam Cooke
A Change Is Gonna Come (1964)
Auch das lief oft im Radio. Der Song hat so viele verschiedene Ebenen. Er ist stark, aber auch verzweifelt. Er ist eine Hymne der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung der Sechziger, aber er ist auch sehr persönlich. Wenn Sam Cooke singt, kommt man sich vor, als ob man mit ihm durch die Straßen laufen würde. Ich glaube, das ist einer der wichtigsten Songs, die jemals geschrieben worden sind. Es gibt davon auch eine sehr schöne Version von Aretha Franklin. Die nahm sie an dem Tag auf, an dem Martin Luther King umgebracht wurde.
Die erste Musik, die mir Bernard Butler gab …
Glen Campbell
By The Time I Get To Phoenix (1967)
Wieder so ein trauriger Song. Ein Telefon klingelt, der Liebste geht nicht ran und du weißt nicht, warum. Ich meine, da flippt man doch aus. Bernhard gab mir eine Menge Musik. Auch „The Man Who Sold The World“ von David Bowie. Vor allem aber gab er mir gute Tipps. Als ich mit den Aufnahmen zu meinem ersten Album halb fertig war, bekam ich erstmals einen Vorschuss. Ich hatte also ein paar Hundert-Pfund-Scheine in der Tasche und bin Platten kaufen gegangen. Das hatte ich vorher noch nie gemacht.
Als ich berühmt wurde …
Joy Division
Love Will Tear Us Apart (1980)
Ich glaube, das lernte ich tatsächlich erst zu der Zeit kennen, als mein Album durch die Decke ging. Angeblich hat man Ian Curtis, bevor die Vocals aufgenommen wurden, Frank Sinatra vorgespielt, damit er getragener klingt. Einmal sah ich Peter Hook in der Shopping Mall, den Bassisten von Joy Division und New Order. Ich nahm allen Mut zusammen und ging rüber zu ihm. Er sagte: „Oh, wow. Dein Album liegt in meinem Auto!“ Ich sagte nur: „Jaja, schon gut“, weil ich nur eine Sache von ihm wissen wollte. Nämlich ob er ein Fan von Carol Kaye ist, der bei vielen Motown-Platten Bass spielte. Wenn du genau hinhörst, dann erkennst du bei Joy Division einen Motown-Bass! Was auch nicht so ungewöhnlich ist, im Norden Englands lief in seiner Jugend vermutlich überall Northern Soul.
Als ich in einer abgeschirmten Unterkunft leben musste (siehe „Randnotizen“) …
Prince
The Most Beautiful Girl In The World (1994)
Wenn das im Radio läuft, bekomme ich schlechte Laune. Das war eine der schlimmsten Zeiten meines Lebens, ich hatte wahnsinnige Angst. Der Song gibt mir einen fiesen Flashback. Eigentlich kann er nichts dafür, aber ich hasse ihn richtig.
Mit meinen Eltern hörte ich …
The Kinks
Sunny Afternoon (1966)
Es gibt einige Lieder, die mich an meine Familie erinnern. Vor allem die, die oft im Auto liefen. „Sunny Afternoon“ gehört dazu. Meine Zwillingsschwester saß immer hinten, ich auf dem Beifahrersitz, weil ich zwölf Minuten älter bin. Den Refrain sangen wir dann zusammen. Ich glaube, wir hatten es als Kassette, aber ich weiß nicht, woher. Mein Vater war eigentlich zu geizig, um so etwas zu kaufen. Auf jeden Fall lief das immer in unserem Mini-Fiesta, der fast auseinander fiel. Jeden Morgen beteten wir, dass er anspringt. Wir wurden immer in die Schule gefahren, obwohl die nur ein paar 100 Meter weg war. Aber meine Mutter war zu faul, uns zu Fuß hinzubringen.
Randnotizen:
1. 1998 musste Duffy in eine speziell abgeschirmte Unterkunft ziehen: Die Ex-Frau ihres Stiefvaters hatte einen Killer auf diesen angesetzt.
2. Duffy war 19, als ihr ein gewisser Richard Parfitt ihr erstes Album schenkte, eine Wiederveröffentlichung der Soulsängerin Bettye Swann. Der nächste Plattenladen war 30 Kilometer entfernt und lausig sortiert.
3. Als Duffy Bernard Butler kennenlernte, hatte sie keine Ahnung, mit wem sie da sprach. Vorgestellt wurde Butler ihr von Rough-Trade-Chef Geoff Travis. „Es waren halt irgendwelche Typen, die mich in London treffen wollten. Ich war anfangs vermutlich etwas zu … blond. Ich erzählte was über Britney Spears und verabschiedete mich mit Wangen-Küsschen.“
4. Dass Albert Hammond an Duffys neuem Album Endlessly mitarbeitete, ist dessen Ehefrau zu verdanken. Die sah Duffys Auftritt in der US-Show „Saturday Night Life“ und rief ins Wohnzimmer: „Komm bitte sofort her! Da ist ein kleines, weißes Mädchen, das wie eine 50-jährige schwarze Mama klingt!“ Hammond klingelte sofort bei Duffys Management durch. Die war unbeeindruckt, wie sie sagt. Einige Tage vorher habe schließlich schon Burt Bacharach angerufen – einfach so.