Domi & JD Beck: Wie das quirky Gen-Z-Duo sogar Jazz-Daddys überzeugt
Ist das noch Jazz? Zumindest smells it funny: Was die Gen Z anders macht als ihre bärtigen Väter. Die aktuelle Stil-Kolumne von Jan Kedves.
Ein Traumjob, der leider schon vergeben ist: das Styling für das tolle Gen-Z-Jazz-Duo Domi & JD Beck zu machen. Ihr Debütalbum „Pussy With Balls“ (so wollten sie es eigentlich nennen) trägt jetzt den Titel NOT TIGHT (was auch super ist, gerade für Jazz …), und sämtliche Bedenken haben sich in Luft aufgelöst: Es tut den auf Affenzahn beschleunigten, in wirr verschachtelten Metren gespielten und hochkomplex synkopierten Drumset-Keyboard-Dialogen der beiden durchaus gut, wenn hier und da auch mal ein paar Stars mitmachen.
Auf dem Album sind Thundercat, Anderson.Paak, Mac DeMarco, Snoop Dogg, Busta Rhymes und Herbie Hancock zu Gast, kein Problem. Aber wir sind ja hier in der Stilkolumne, deswegen will ich feiern, wie sich Domitille Degalle, 22, und JD Beck, 19, stylen – oder sich mit professioneller Unterstützung stylen lassen? Das konnte ich nicht herausfinden. Er trägt zu seinem Mittelscheitel-Dauerwellen-Pony viel zu weite Schlagjeans, dazu eine Art Denim-Pellerine und diese genialen Skate-Sneakers von Mihara Yasuhiro. Deren Gummisohlen sehen aus, als seien sie zu heiß geworden und aus der Form gelaufen.
Jazzkids, die quirky sind und High Fashion lieben, was will man mehr!
Domi kultiviert ihren idiosynkratischen Barbie-Chanel-Cosplay-Look, oder trägt ein aus Minirock und Goldknopf-Kostümjäckchen bestehendes Age-of-Aquarius-Ensemble von Versace. Mit den überdimensionierten Harley-Quinn-Pferdeschwänzen rechts und links sieht das irre gut aus. Jazzkids, die quirky sind und High Fashion lieben, was will man mehr! Zum „Tiny Desk Concert“ bei NPR trug er ein pink-rotes Denim-Ensemble aus der Frauenkollektion von Maison Margiela, mit cropped Jacke. Bei der Live-Session im Vevo Studio, ebenfalls auf YouTube zu sehen, trug sie eine Kombination aus V-Neck-Strickweste und Hose aus der genialen Erdbeerkollektion von JW Anderson. Ich kann mich gar nicht sattsehen!
Hören auch nicht. Was mich zu der Frage bringt, die im Pop ja oft gar nicht so leicht zu beantworten ist: Unterstützen die Looks die Sounds, oder machen sie andersherum vielleicht sogar ein bisschen taub dafür, dass die Musik gar nicht so spektakulär ist? Wenn ich mich im Netz nicht in den völlig falschen Ecken umgesehen habe, scheint es zumindest keine alteingesessenen Jazz-Daddys zu geben, die meckern und behaupten, der Hype um das Duo habe mehr mit Mode zu tun als mit musikalischer Genialität. Nein, sogar die Jazz-Daddys sind überzeugt. Und dürfen sich freuen, dass sie mal etwas Interessanteres zu sehen bekommen als Merch-T-Shirts von Zildjian und Nord Keyboards.
Diese Kolumne erschien zuerst in der Musikexpress-Ausgabe 10/2022.