Doldrums


Der Alchemist, der aus der Wüste kam: Airick Woodhead fügt Geräuschschnipsel zu faszinierenden Soundcollagen zusammen.

Was macht ein junger Mann in Skischuhen mitten in der Wüste? Und warum schiebt er einen Einkaufswagen mit Lautsprecherboxen und einem alten Computer vor sich her? Diese Fragen bleiben unbeantwortet, während sich die Lage zuspitzt: Unter der heißen Sonne bricht der Mann zusammen. Er ist knapp vorm Verdursten, als in letzter Sekunde die Rettung naht – in Form einer riesigen, motorisierten Katze.

Die Handlung des „She Is The Waves“-Videos der Doldrums klingt absurd, kam aber näher an die Realität, als es Hauptdarsteller Airick Woodhead lieb gewesen wäre: Beim Dreh in der marrokanischen Wüste ging der Crew das Benzin aus. Mit schwindenden Wasservorräten war man mitten im Nirgendwo gestrandet: „Es hatte 40 Grad, und unsere Telefone haben nicht funktioniert“, erzählt Woodhead. „Erst nach Stunden kam jemand aus der Stadt, um uns abzuholen. Wir wären fast am Arsch gewesen.“

Als Mastermind der Doldrums sind Woodhead Extremsituationen nicht fremd. Seit einiger Zeit lebt der aus Toronto stammende Musiker ohne fixen Wohnsitz in Montreal. An seinen wilden Soundcollagen bastelt er oft tagelang ohne Pause. „Das ist wie Alchemie. Du verbringst Stunden mit diesen giftigen Chemikalien und versuchst, sie in Gold zu verwandeln“, sagt er. „Für mich heißt das, dass ich mich all diesen anstrengenden Geräuschen aussetze, den Loops und den Drums, bis ich ganz tief drinnen bin in der Musik und keinen Unterschied mehr fühle zwischen meiner Umwelt und mir selbst.“

Noch vor ein paar Jahren war Woodheads Zugang zur Musik konventioneller. Mit der Band Spiral Beach, in der auch sein Bruder Daniel spielte, machte er recht bodenständigen Indie-Rock. Doch das wurde ihm bald zu langweilig. „Ich habe noch immer ein gutes Verhältnis zu den Jungs, aber Musik kann so viele Formen annehmen“, erklärt er. „Ich glaube, die meisten Musiker nehmen sich zurück, weil sie Angst haben, sonst nicht verstanden zu werden. Mir ist das egal.“

Modernes technisches Equipment und Computersoftware helfen beim Experimentieren, auch wenn Woodhead dem digitalen Zeitalter und seinen Innovationen sehr skeptisch gegenübersteht. Lange Zeit hatte er nicht einmal einen Computer. „Ich habe vor den Dingen kapituliert, die ich verachte“, sagt er heute. „Das Internet bietet Musikern wie mir ja auch Möglichkeiten, die es vorher nie gab. Das Feld ist geebnet. Nun können wir Kids rauskommen und darauf spielen.“

Albumkritik S. 83

Das erste Lebenszeichen der Doldrums war eine Videocollage auf VHS-Kassette. Woodheads Hintergrundmusik dazu erregte die Aufmerksamkeit des Labels No Pain In Pop und erschien später als „Empire Sounds“-EP.

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Bekanntheit erlangte Doldrums durch einen Remix des Portishead-Songs „Chase The Tear“. Geoff Barrow war so angetan davon, dass er die Version auf die B-Seite der Portishead-Single nahm.

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Klingt wie: Panda Bear, Atlas Sound, Grimes