Do You Want To Know A Secret?


Unter den zahlreichen unveröffentlichten Beatles-Aufnahmen, die während der 60er Jahre in den Abbey Road-Studios oder bei Apple entstanden, gibt es neben Hunderten von Outtakes, Altemativ-Aufnahmen und Zweit-Abmischungen auch eine Anzahl kompletter Songs, die nie auf offiziellen Alben der Beatles erschienen sind. Der britische Autor lan MacDonald gibt einen Oberblick über die Beatles-Songs, die mit großer Wahrscheinlichkeit in der ‚Anthology‘-CD-Reihe erstmals veröffentlicht werden. BESAME MUCHO (Velazquez/Skylar), 6. Juni 1962 Die Beatles begannen ihre erste Aufnahme-Session für EMI am 6. Juni 1962 um 9 Uhr mit ‚Besame Mucho‘, einer typischen Rumba-Ballade der 40er Jahre. Der Song, der von Consuelo Velazquez für ein lateinamerikanisches Publikum geschrieben wurde, war 1944 auf den anglo-amerikanischen Markt übergeschwappt und wurde einer der großen Hits gegen Ende des Zweiten Weltkriegs. HOW DO YOU DO IT? (Murray), 4. September 1962 Die Beatles nudelten die Mitch Murray-Nummer ‚How Do You Do It?‘ schnell herunter, um soviel Zeit wie möglich der Aufnahme ihres eigenen Songs ‚Love Me Do‘ widmen zu können. Im damaligen TinPan-Alley-Geist rotiert ‚How Do You Do It‘ um ein schamlos seichtes, durchschaubares und kindisches Thema. George Martin bot die Beatles-Version von ‚How Do You Do It‘ später den Kollegen Gerry And The Pacemakers an.

LEAVE MY KITTEN ALONE (John/Turner/McDougal), 14. August 1964 ‚Leave My Kitten Alone‘ kam am Ende des zweiten Aufnahmetages für ‚Beatles For Säle‘ auf Band, bevor die Beatles auf ihre erste große Tour durch die USA gingen. Als klassischer Blues wurde der Song ursprünglich von Little Willie John aufgenommen.

IF YOU’VE GOT TROUBLES (Lennon/McCartney). 18. Febraur 1965 ‚If You’ve Got Troubles‘ ist der einzige totale Reinfall im Lennon/Mc-Cartney-Katalog. Der Song wurde Knall auf Fall inmitten der ‚Help‘-Sessions für Ringo Starr geschrieben. ‚If You’ve Got Troubles‘ tut Ringo wirklich keinen Gefallen. Der Text ist grotesk und die Melodie verlangt vom armen Ringo, Triolen zu singen und gleichzeitig einen Vierviertel-Takt zu schlagen. THAT MEANS A LOT (Lennon/McCartney), 20. Februar/so. Mn 1965 Zwei Tage nach dem Scheitern des drolligen ‚If You’ve Got Troubles‘ steckten die Beatles schon wieder in einem Fehlversuch – ein bezeichnender Vorfall, der zeigt, daß sie es bereits damals zu wüst mit den Drogen trieben. Nachdem sie den Song am 30. Februar mit einer lauten, überladenen Aufnahme begonnen hatten, kehrten sie nach fünf Wochen zurück und versuchten ein entschlacktes, schnelleres Remake. Schließlich gaben sie sich geschlagen und übergaben den Song an P.J. Proby. Auf jeden Fall bleibt der Song Stückwerk, das zu Recht nicht auf dem ‚Help‘-Album erschienen ist. CHRISTMAS TIME (IS HERE AGAIN) (Lennon/McCartney/Harrison/ Starkey), 28. November 1967 Entstanden für die fünfte Fan-Club-Weihnachts-EP, wurde dieser kurze bluesige Gesang abgekoppelt und mit dem üblichen Herumgealbere auf dem Rest der Scheibe durchmischt. Der original Sechs-Minuten-Take schlummert immer noch in den Abbey-Road-Archiven. CHILD OF NATURE (Lennon), Letzte Maiwocbe 1968 Bevor sie für die Sessions für das ‚Weiße Album‘ in die Abbey Road gingen, versammelte sich die Gruppe in George Harrisons Bungalow in Esher, um einen Haufen reichlich grobstrukturierter Demos mit Material aufzunehmen, das während ihres Indien-Trips entstanden war. Aus ‚Child Of Nature‘ wurde vier Jahre später John Lennons quälend-selbstanalytischer Song ‚lealous Guy*. NOT GUIITY (Harrison), 2. August 1968 Als Song über Gewissen und Wut war ‚Not Guilty‘ sowohl rhythmisch als auch harmonisch derart knifflig, daß die ersten 18 Aufnahmen einzig und allein für die Probe des Intros draufgingen. Von den nächsten 27 Takes schafften es nur fünf, Harrisons komplexe Rhythmen, die wackligen Harmonien und die wechselnde Dynamik auf die Reihe zu kriegen. Am zweiten Tag kämpfte sich die Band durch weitere 50 Aufnahmen. Mit Take 99 (!) war Harrison soweit, sich mit dem zu begnügen, was er hatte – einem immer noch unbrauchbaren Song, der nie benutzt wurde. Elf Jahre später tauchte ein langsameres Remake des Songs auf dem ‚George Harrison‚-Album auf. WHArs THE NEW MARY JANE? (Lennon/McCartney), 14. August 1968/26. November 1960 ‚What’s The New Mary Jane?‘ ist ein ähnlich freiformaler Ausflug wie ‚Revolution No. 9‘, der eine unerfreuliche Drogenerfahrung darstellen soll. Der Song kam nicht auf das ‚Weiße Album‘ sondern in den Abbey Road-Keller und gewann unverdiente Reputation als unterdrücktes, anarchistisches Meisterwerk.

MAILMAN BRING ME NO MORE BLUES (Roberts/Katz/Clayton), 29. jaraanp69, Apple, Savile Row Diese Buddy-Holly-Nummer, eingespielt während der ‚Get Back‘-Sessions bei Apple im Januar 1969, war zwischen 1961 und 1962 Bestandteil des Beatles-Programms. Als dünner Zwölftakter mit rudimentärem Text steht und fällt ‚Mailman Bring Me No More Blues‘ mit der Qualität seiner Aufführung. Die Interpretation der Beatles ist langsamer und melancholischer als Buddy Hollys Originalversion. COME AND GET IT (Lennon/McCartney), 24. Mi 1969 Man gewinnt einen Einblick in die unterschiedliche Arbeitsweise von McCartney und Harrison, wenn man diesen Track, der im Multi-Instrumental-Verfahren in weniger als einer Stunde heruntergehauen wurde, mit ‚Not Guilty‘ vergleicht, das vier Tage und über 100 Takes brauchte und dennoch mäßig ausfiel. Wo Harrison einen Weg zu erzwingen suchte, besaß McCartney die Fähigkeit, ohne Umstände hervorragende musikalische Lösungen zu erkennen. ‚Come And Get It‘, als Demo für die Apple-Vertragspartner Badfinger aufgenommen, ist der bei weitem beste unveröffentlichte Beatles-Track (wenn man das überhaupt einordnen kann).