Dillon
Zerbrechlich, jedoch nicht zu zerbrechen. So wirkt die brasilianisch-deutsche Neuentdeckung Dillon bei ihrem Konzert im ausverkauften Münchner Feierwerk.
Am Ende steht Dominique Dillon de Byington freudestrahlend am Verkaufsstand, signiert Schallplatten, schüttelt Hände und lässt sich von ihren Fans für ein gemeinsames Foto umarmen. Dabei wirkt sie noch wenige Minuten zuvor geradezu schüchtern, als sie auf der Bühne des komplett ausgefüllten Feierwerks jeden Blickkontakt zu meiden scheint, unentwegt auf den Boden starrt, mit dem Rücken zum Publikum singt oder gleich hinter einer dichten Nebelwand verschwindet, die sie nur noch als Silhouette zu erkennen gibt. Völlig unpassend zu solcher Selbstinszenierung gerät da ihre Animation des Publikums zum Mitsingen: Erst sollen die Frauen mitträllern, dann die Männer. Spätestens jetzt hätte das Ganze scheitern können. Doch tiefe Männerstimmen grummeln verlegen die gewünschte Melodie. Die Wahlberlinerin mit der markanten Augenschminke, die sich für solche Aktionen bis zum Bühnenrand vorwagt, flüchtet bald wieder in den hinteren Bereich der Bühne, wo sie sich auf einem Keyboard begleitet, während der Kölner Elektroniker Tamer Fahri Özgönenc die entsprechenden Beats und Beeps sowie weitere Klangteppiche beisteuert. Am intensivsten kommt Dillons Stimme allerdings zur Geltung, wenn sie ohne solche elektronische Unterstützung allein zum Klavier singt. Die Bodi-Bill-Nummer „Willem“ zum Beispiel, die spannend zerbricht, wenn die in Deutschland aufgewachsene Brasilianerin mit leichtem Akzent singt: „You don’t like Sonic Youth, so fuck off and die, too.“
Ein anderes Mal erinnert ihr Gesang sogar an Kate Bush. Wobei sie spannend die Facetten ihrer Stimme wechselt, sich mal melancholisch gibt, mal wütend, mal zerbrechlich zeigt, mal bestimmend. Am Ende behauptet sie sich sogar gegen den Lärm einer gesampelten Bohrmaschine. „This must end here before I lose myself in you“, singt sie und stoppt augenblicklich das Konzert. Ganz im Sinne ihres Albumtitels This Silence Kills hätte die folgende Stille bestimmt getötet, wenn das Publikum sich nicht mit tosendem Applaus dagegen gewehrt hätte.