Digital-Rückblick 2013, Teil 3: Business und Netzpolitik
Von Erfolgen, Enttäuschungen und Kuriositäten in der digitalen Musikwelt. Ein Rückblick. Teil 3: Business und Netzpolitik.
2013 war das Jahr des Streamings. Wie wir bereits in Teil 1 des digitalen Jahresrückblicks festgestellt haben, konnten sich digitale Musikdienste im vergangenen Jahr weiter im internationalen und deutschen Markt etablieren. Die Branche boomt, die Nutzerzahlen steigen stätig, Labels und Streaminganbieter jubeln über die neue Einnahmequelle. Doch es gab auch kritische Stimmen. Im Jahr 2013 formierte sich eine kleine Schaar von Musikern und lief Sturm gegen die Geschäftsmodelle von Spotify und Co.
Pandora: „Weniger als ein T-Shirt“
Im Juni sorgte der US-Musiker David Lowery für Aufsehen. Er veröffentlichte auf der Internet-Seite The Trichordist die Einnahmen, die er mit seinem Songs „Low“ unter anderem beim Internet-Radio Pandora verdiente. Die Zahlen waren ernüchternd: Für mehr als 1,1 Millionen Plays zahlte Pandora gerade mal 16,89 Dollar an den Musiker aus. Wie Lowery zynisch bemerkte, verdiene er mehr mit dem Verkauf eines T-Shirts.
Pandora-Chef Tim Westergren versuchte zwar mit einem Blogeintrag Schadensbegrenzung zu betreiben. Gleichzeitig aber rief er in einem offenen Brief Musiker dazu auf, eine Petition an den US-Kongress zu unterschreiben, die darauf abzielte, die Tantiemenregelung zu Gunsten der Streaming-Dienste – und gleichzeitig zu Ungunsten der Musiker – zu ändern. Die Antwort verärgerter Musiker ließ nicht lange auf sich warten. So entlarvten Roger Waters, David Gilmore und Nick Mason von Pink Floyd in einem Artikel in der Zeitung USA Today den Aufruf als hinterlistigen Trick, mit dem Musiker der Kürzung ihrer eigenen Tantiemen zustimmen sollten.
Thom Yorke vs. Spotify: Der Wert von Musik im digitalen Zeitalter
Der wirkliche Aufreger des Jahres 2013 aber war ein anderer. Es war der Kampf zweiter Schwergewichte, oder: Übermusiker und Berufsidealist Thom Yorke gegen den Streaming-Riesen Spotify. Yorkes Vorwurf: Digitale Musikdienste, allen voran Spotify, verdienten unverhältnismäßig viel an der Musik. Die Künstler selbst, vor allem junge und unbekannte, werden trotz Millionen Plays oft mit nur wenigen Dollars abgespeist.
Also zog Yorke Konsequenzen und wurde dabei von Atoms-For-Peace-Kollege Nigel Godrich unterstützt. Sie ließen insgesamt drei Alben aus dem Programm von Spotify und rdio entfernen. Ein Kreuzzug, den Godrich selbst bei Twitter als „bedeutungslosen Aufstand“ bezeichnete. Dennoch stießen sie damit eine Diskussion über den Wert von Musik im digitalen Zeitalter an.
So schlossen sich Künstler wie beispielsweise David Byrne, Ron Sexsmith und Four Tet der Kritik an. Doch es gab auch Gegenstimmen. So sprach sich Radiohead-Co-Manager Brian Message für den Nutzen von Spotify für Musiker und Branche aus. Der britische Produzent Stephen Street ging noch einen Schritt weiter und warf Thom Yorke vor, er und seine Band Radiohead hätten mit dem Vertrieb des Albums IN RAINBOWS und der Möglichkeit, den Käufer selbst den Preis bestimmen zu lassen, ein falsches Zeichen gesetzt.
Spotify selbst nahm die Kritik gelassen. In einem Interview mit dem Magazin Music Week im Juli wies man schlicht auf die rund 500 Millionen US-Dollar hin, die Spotify bereits an Musiker ausgezahlt habe.
„Playfair“: Streaming mit Gütesiegel
In Deutschland machten sich die Branchenexperten des Bundesverbandes Musikindustrie (BVMI) Gedanken über eine angemessene Vergütung von Künstlern für die Nutzung ihrer Musik in Internet – und präsentierten als Ergebnis im September die Initiative „Playfair“. Mit dem „Playfair“-Gütesiegel werden seither alle in Deutschland verfügbaren digitalen Musikangebote ausgezeichnet, die eine faire Beteiligung der Künstler an den Einnahmen garantieren.
Ziel von „Playfair“ ist es vor allem, Nutzern im Netz eine Orientierung zu geben. Laut BMVI fiele es Vielen schwer, legale und illegale Dienste zu unterscheiden. Dank des Siegels sei es nun einfacher, lizensierte Dienste zu erkennen. Aktuell sind in Deutschland 16 Anbieter mit dem Siegel ausgezeichnet, unter anderem Deezer, iTunes, Spotify und WiMP. Besonders Musiker zeigen sich begeistert von „Playfair“. So äußerten sich Künstler wie Bastille, die Guano Apes und Scooter positiv über die Initiative.
C3S: Die GEMA für das neue Jahrtausend
Der wohl größten Herausforderung des Jahres 2013 stellten sich die Gründer der Cultural Commons Collecting Society (C3S). Ihr Ziel: Sie wollen eine neue Verwertungsgesellschaft als Alternative zur GEMA gründen und greifen damit ein Jahrzehnte altes Monopol an, oder wie sie es selbst in einem Imagevideo kommentieren: „Was wir gerade angehen, hat seit 100 Jahren keiner mehr gewagt.“
Dabei geht es den Initiatoren der C3S keinesfalls darum, die GEMA abzulösen. Vielmehr wollen sie eine Alternative bieten, die den Anforderungen des Internetzeitalters gerecht wird. Mit der C3S soll vor allem die Lizensierung von Musik im Internet sehr viel unkomplizierter werden, was vor allem junge und wenig bekannte Künstler freuen dürfte.
Auf ihrem Weg zu einer anerkannten Verwertungsgesellschaft konnte die C3S bereits einige Erfolge verbuchen. Eine erste, im Juli gestartete Crowdfunding-Kampagne wurde im September mit rund 117.000 Euro an Einnahmen erfolgreich abgeschlossen. Eine zweite Spendenrunde im November brachte noch einmal rund 40.000 Euro in die Kassen. Nun können die Initiatoren eine vom Land Nordrhein-Westfalen versprochene Förderung in Höhe von 180.000 Euro beantragen.
Bisher konnte die C3S ihre Arbeit als Verwertungsgesellschaft noch nicht aufnehmen, dazu muss unter anderem noch ein Antrag beim Deutschen Patent- und Markenamt gestellt werden. Die wird aber nicht vor dem Herbst 2015 geschehen.