Dieter Hallervorden provoziert mit rassistischen Begriffen

Dieter Hallervorden verwendet in seiner Show rassistische Begriffe, angeblich als „satirische Provokation“.


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Dieter Hallervorden hat am Samstagabend, den 5. April, in der ARD-Jubiläumsshow „75 Jahre ARD – Die große Jubiläumsshow“ für Empörung gesorgt. Die von Kai Pflaume präsentierte Sendung zeigte eine Neuauflage seines bekannten „Palim, Palim!“-Sketches, in welcher der 89-jährige Komiker jetzt rassistische Begriffe verwendete. Die Reaktionen auf diesen scheinbar bewussten Tabubruch ließen nicht lange auf sich warten. Hallervorden hingegen verteidigt sich – und erklärt seinen Auftritt zur Satire.

Bereits im vergangenen Jahr stieß Dieter Hallervorden auf Kritik, als er ein Gedicht zur Lage im Gazastreifen veröffentlichte, in dem er Israel Apartheid und Völkermord vorwarf. Hallervorden verteidigte sich gegen die Vorwürfe des Antisemitismus mit dem Verweis auf Meinungsfreiheit und betonte, er habe zur Menschlichkeit und zum Dialog aufrufen wollen.

„Wenn ich das gewusst hätte …“

Im Sketch, der in einer Gefängniszelle stattfindet, spielt Hallervorden neben seinem Schauspielpartner Harald Effenberg die Figur eines Häftlings, der wegen der Nutzung veralteter Wörter für Schokokuss und Sauce ungarischer Art inhaftiert wurde. Dabei nennt er offen das rassistische „N-Wort“ und das ebenso diskriminierende „Z-Wort“.

Das „N-Wort“ ist eine rassistische Fremdbezeichnung für Schwarze Menschen, die eng mit ‚Rassentheorien‘, der Geschichte von Sklaverei und Kolonialismus verbunden ist. Das „Z-Wort“ wird vom Zentralrat Deutscher Sinti und Roma abgelehnt und ist ebenso abwertend konnotiert.

Hallervorden: Kritik sei Zeichen für mangelndes Satireverständnis

Hallervorden selbst weist die Vorwürfe entschieden zurück. In einem Statement erklärt er „N-tv“: „In Ermangelung von Mut, sich über die wirklichen Missstände zu erregen, weil diese anzuprangern grade nicht in Mode ist, ereifert man sich über einen Komiker, der auf einem Knastbett sitzt und einen berühmten Sketch mit neuem Text beginnt.“

Für Dieter Hallervorden ist der Auftritt eine Form von Satire, wenn nicht sogar Protest, so behauptet er laut „N-tv“: „Woke Menschen von heute versuchen ängstlich, nicht aus der Reihe zu tanzen, befolgen akribisch alle Social-Media-Gebote, um keine Likes aufs Spiel zu setzen und verstehen keine Satire mehr, weil Satire aus Angst vor Missverständnissen nicht mehr vorkommt.“

Hallervorden kritisierte bereits 2015 die deutsche Medienlandschaft, insbesondere die Mainstream-Medien in seinem Song „Ihr macht mir Mut“.

ARD spricht von „überspitzter Provokation“

Der öffentlich-rechtliche Sender erklärt, die ARD sei klar gegen jeden Rassismus und stehe für Vielfalt und künstlerische Freiheit. In ihrer Stellungnahme sagt die ARD: „In seiner Rolle als Häftling thematisierte er überspitzt den Wandel der Sprache und verwendete dabei Begriffe, die heute aus guten Gründen nicht mehr zeitgemäß sind – in diesem satirischen Kontext jedoch bewusst als Provokation gesetzt wurden.“

Doch hier stellt sich die Frage: Provokation an wen? Und mit welchem Ziel?

Diskriminierung ist keine Pointe

Gegen „woke“ Menschen zu schießen, ist inzwischen zum beliebten Sport geworden. Doch bevor man diese Menschen pauschal als überempfindlich oder humorlos abtut, sollte man sich fragen, ob man wirklich bereit ist, zuzuhören. Denn diese sogenannten „Woken“ setzen sich nicht für Likes ein, sondern dafür, dass die Lebensrealität vieler Menschen respektiert und anerkannt wird. Und zwar jeden Tag – nicht nur zur besten Sendezeit in einer Fernsehsendung.

Diskriminierende Sprache bleibt diskriminierend – auch wenn man sie als „Satire“ inszeniert. Entscheidend ist dabei nicht die Intention, sondern die Wirkung. Und die entscheidet nicht der Absender, sondern die betroffene Person. Wer andere mit Worten verletzt, kann das nicht einfach mit „War doch nur Satire“ abtun. Sprache wirkt – und sie wirkt besonders dann verletzend, wenn sie auf Kosten ohnehin marginalisierter Gruppen geht.