Die Schallplatte lebt – ein bisschen
Die Vinyl-LP ist der einzige physische Tonträger, der seit Jahren dramatische prozentuale Absatzzuwächse erreicht. So wurden 2014 in Deutschland 27,2 Prozent mehr LPs verkauft als noch 2013. Ein Blick auf die absoluten Zahlen wirkt ernüchternd. Die CD ist das dominierende physische Medium, Vinyl ein Mini-Erfolg in der Nische.
Ich hör’ so Radio
„Deutsche lieben ihr Radio“, mit diesem Satz überschreibt der Bundesverband Musikindustrie in seinem Jahresbericht 2014 einen Abschnitt, in dem das Musikhörverhalten nach Quellen genauer untersucht wird. Dass Deutsche ihr Radio lieben, sagt bei Kenntnis der aktuellen Radiolandschaft in Deutschland sehr viel über „die Deutschen“ aus. Wer bevorzugt Radio hört, braucht keine Musik zu kaufen, weil er die 20 bis 30 Songs, die die verschiedenen Radiostationen im Programm haben, mehrmals am Tag bei seinem bevorzugten Gute-Laune-Sender hören wird. 40,4 Prozent hören Musik über terrestrische Radiostationen, 18,8 Prozent über digitale Musikdateien, 13,5 Prozent mit physischen Tonträgern, 11,4 Prozent mit Video-Streaming, 9,9 Prozent über Online-Radio und 6,0 Prozent über Streaming-Dienste (kostenlos und –pflichtig).
Vinyl ist erwartungsgemäß eher das männlich dominierte Nerd-Ding.
Im Durchschnitt geben die Deutschen 60 Euro im Jahr für Musik aus. Die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) unterscheidet zwischen vier Käufertypen: Nichtkäufer, Gelegenheitskäufer (die weniger als 25 Euro im Jahr ausgeben), Durchschnittskäufer (25 bis 80 Euro im Jahr) und Intensivkäufer (mehr als 80 Euro pro Jahr). Die sogenannten Intensivkäufer waren im Jahr 2014 für fast die Hälfte (46,2 Prozent) der Tonträgerumsätze verantwortlich. Unter den gut 81 Millionen Deutschen gibt es 16,4 Millionen CD-Käufer (20,2 Prozent) und 500 000 Vinyl-Käufer (0,6 Prozent). Nimmt man die Plattenkäufer genauer unter die Lupe, werden einige Vorurteile bestätigt: 79,2 Prozent von ihnen sind männlich, 20,8 Prozent weiblich. Vinyl ist erwartungsgemäß eher das männlich dominierte Nerd-Ding. Auch der Blick auf die Altersstruktur der Vinyl- Käufer überrascht kaum: die große Mehrheit (43,9 Prozent) ist zwischen 40 und 49 Jahre alt. Die zweitgrößte Gruppe ist die der 30- bis 39-Jährigen mit 18,7 Prozent, dicht gefolgt von den 20- bis 29-Jährigen (16,8 Prozent). Die 50- bis 59-jährigen haben einen Anteil von 11,5 Prozent. Die über 60-Jährigen (3,6 Prozent) und unter 20-Jährigen (5,5 Prozent) spielen keine große Rolle.
Neil Young sagt auch was dazu
Anfang des Jahres äußerte sich Neil Young, der ja gerne mal einen Kommentar zum Zeitgeschehen abgibt, zum Thema Vinyl-Renaissance. Dieser ganze Hype, dieser Vinyl-Boom, der sei ja nur ein Fashion-Statement, sagte der erklärte Vinyl-Liebhaber und CD-Gegner. Und begründete das mit der Klangqualität der Platten. Die meisten Schallplatten, die heutzutage veröffentlicht werden, wären auf Grundlage der CD-Master entstanden, wer heute Schallplatten kauft, kaufe also CDs auf Vinyl. Und darum wäre das nur eine Modeerscheinung. Es ist aber eher unwahrscheinlich, dass 500 000 Menschen in Deutschland 1,8 Millionen Schallplatten kaufen, nur um ein Fashion-Statement abzugeben. Und wenn’s denn so wäre, was wäre so schlimm daran? Dass Pop eine Funktion als Distinktionsmerkmal erfüllt und eine Kunstform ist, die den Launen der Mode unterworfen ist, ist auch nicht unbedingt eine neue Erkenntnis.
„Wer bitte kauft FARBENSPIEL von Helene Fischer auf Vinyl? Das wird wohl für immer ein großes ungelöstes Rätsel der Popkultur bleiben.“