Die Queens Of The Stone Age kennt man für schräge Shows jenseits der Normalität. Nur konsequent, dass auch das neue Album wieder mit allen Normen bricht.
Drei Schritte zur wahren Größe: Mit „Songs For The Deaf“, dem dritten Atbum der Band urn die einstigen Kyuss-Mitglieder Josh Homme und Nick Oliveri, schwingen sich die Queens Of The Stone Age endgültig in eine Schublade, auf der einzig und allein ihr Name steht. Nicht Stoner, nicht Retro, auch keine wilden Hybride wie Space Punk Robot Rock, sondern schlicht und ergreifend: Queens Of The Stone Age. Verstärkt durch Screaming Trees-Sänger Mark Lanegan und Foo Fighter Dave Grohl, der seine Rückkehr hinter das Schlagzeug mit den knackigsten Beats seit Nirvana feiert, sind die Queens auf einem Siegesmarsch durch die Regale.
„So viel gute Musik fällt auf taube Ohren“, erklärt Homme die Metapher des Albumtitels. „Das macht unsere Nichthörer zur Pointe eines Witzes. Es fühlt sich fast an, als sei diese Herausforderung unsere Aufgabe die Leute dranzukriegen und eine Reaktion herauszukitzeln.“ Dabei war London gut zu ihnen: Am Vorabend ihres Festivalauftritts in Glastonbury haben die Queens im Mean Fiddler gespielt, und das Publikum des ausverkauften Clubs watete verschwitzt und erschöpft mit klingelnden Ohren heim: Tolles neues Material, und erst das Line-up – die perfekte Allstar-Band eben. „Aber was, wenn wir einfach Freunde sind, die mit einander spielen wollen, und das so gut wie möglich?“, fragt Josh Homme rhetorisch. Der Sänger und Gitarrist der Stoner-Supergruppe thront in einem Hotelzimmer über den Dächern von Kensington und blinzelt zufrieden in die Sonne. Die meistgestellte Frage der letzten Nacht: Warum spielt Grohl denn nun bei ihnen? „Weil er nicht muss, sondern will. Und weil wir ihn wollen, genau wie wir Mark an Bord haben wollen. Die Leute messen solchen Sachen viel zu viel Gewicht und Endgültigkeit bei.“ Womit auch schon einer der brodelnden Töpfe der Gerüchteküche vom Feuer genommen wäre: Weder wird Dave Grohl festes Mitglied, noch sind die Foo Fighters in Gefahr. Homme und Oliveri sind ohnehin die einzigen Konstanten im Besetzungskarussell der Band. Um sie herum wirbeln die Freunde aus Kyuss-Zeiten und langen Desert Sessions-Nächten, jenem lose konzipierten Jam-Projekt üblichverdächtiger Stoner: „Die Queens sind wie eine berechnete Version der Desert Sessions, nur fokussierter,“ präzisiert Josh.
Und „Songs For The Deaf“, der Nachfolger von „Rated R“ (2000) und „Queens Of The Stone Age“ (1998), ist so fokussiert und vollgestopft, dass der bloße Versuch, das Album zu verstehen, die Hirnmasse zum Schwappen bringt. Jedes Stück verneigt sich auf schiefe Weise vor allmächtigen Klischees und amüsiert sich trotzdem königlich. Auf den spröden, repetitiven Gitarrenriffs wachsen wundervolle Harmoniegesänge, schwellende Akkordwirbel brechen unvermittelt ab und werden von mantrahaftem Gesäusel weggekehrt. Der rotblonde Hüne Homme hat sich dazu musikalische Mätzchen ä la Devo, Gary Glitter, Beach Boys bis hin zur Klassik einfallen lassen. „Es gab etliche Momente, wo wir uns verzweifelt die Köpfe gehalten und gejammert haben,“ erinnert er sich. „Dass wir drei Monate für die Aufnahmen gebraucht hoben, war für unseren Geschmack schon viel zu lang. Nick und ich mussten zwischendrin mit den Masters Of Reality auf Tour gehen, einfach, um unsere Schädel durchzulüften. „Wasvielleicht erklärt, weshalb das schon im letzten Sommer angegangene Atbum erst jetzt herauskommt-wobei „Songs For The Deaf“ die womöglich massenkompatibelste aller Queens-Platten geworden ist: Teils Groschenroman, teils grosses Welttheater, zusammengehalten von Radioschnipseln, Jingles und spitzen Kommentaren, mit der musikalischen Flügelspanne eines Donnervogels und den Beinen tief im Urschlamm des Rock. „Wir nehmen unsere Musik durchaus ernst,“ meint Josh, aber: „Unsere Verbeugungen vordem Rockbiest sollen auf keinen Fall bitter oder zynisch rüberkommen! Es ist eine groß angelegte und sehr weit gefasste Vorstellung von Musikdrama, die wir da vertreten. Wir möchten nicht so prätentiös sein, dass uns die Dinge irgendwann davonlaufen, überlegt er und findet in Radiohead ein Beispiel dafür, wie die Queens es nicht machen wollen: „Ich liebe deren Platten. Aber manchmal denke ich mir: Verdammt, Typ, kannst du dich jetzt bitte mal hinsetzen und einfach ein Bier trinken und chillen? Bitte?!“ Das neue Album mag aber auch Brückenschlag in eine neue Existenzphase sein: „Aus unerfindlichen Gründen habe ich mir nie mehr als drei Queens-Alben vorstellen können“, so Homme. „Ich hetze Musik nicht: ich warte einfach, bis sich die Stücke selber fertig stellen, was unweigerlich passiert, wenn sie lang genug im Orbit sind. Aber wenn sie fertig sind, haben sie ein Existenzrecht und müssen raus.“
www.qotsa.com