Die Meister-Klasse
Hits interessieren sie nicht, Blackmail wollen lieber das perfekte Album. Und ihr Maßstab sind dabei immerhin die Beatles.
Das Skateboard rast auf ein Treppengeländer zu. Aydo Abay versucht das Brett hochzureißen, um das Gestänge runterzurutschen – zu spät. Es haut ihn um, er schreit „Ich kann nichts“ and knallt das Joypad der Spielkonsole auf den Tisch. Nebenan produziert Kollege Kurt Ebelhäuser eine Nachwuchsband. Draußen plätschert die Lahn. Wir sind in Koblenz, im Studio 45, dem Refugium von Blackmail, einer der wichtigsten Alternative-Rockbands Deutschlands. Deren viertes Album ist fertig, und Sänger Aydo sagt: „Ich bin leer.“ Was in ihm war, steckt nun in Friend Or Foe?, ein eng geschnürter Ranzen aus unkonventionellen Riffs (Kurt), blutigen Bässen (Kurts Bruder Carlos),tackernden Rhythmen (Mario Matthias) und hymnischen Melodien (Aydo). Und weil es so eigen ist, schafft es große Distanz zur Konkurrenz von 4.Lyn, Donots oder Emil Bulls. Kein Pop, kein Kitsch, nur Rock, der keine Grenzen zu kennen scheint.
„Uns interessiert das Meisterwerk“, sagt Kurt, der öfter mal per Haftbefehl gesucht wird, weil er ungern Knöllchen bezahlt.
„Meisterwerke sind immer die Platten, auf denen keine Hits sind. OK Computer, das Weisse Album das ist Kunst! Deswegen bin ich auch so stolz auf dieses Album.“
Hört, hört. Weil Blackmail so anders sind, verschlissen sie den Londoner Starproduzenten Andy Gills („Der Typ hat uns nicht verstanden“) und verweigern ihrem Label eine radiokompatible Single. Blackmail wollen nur zu ihren eigenen Bedingungen arbeiten, scheinen integer bis zum Haaransatz; rastlose Kreative, die überschüssige Energien in Nebenprojekte stecken (Ken, Scumbucket, Dazerdoreal). www.blackmail-music. com