Die großen Verlierer der Oscar-Nominierungen 2017
„La La Land“ ist der große Gewinner der Oscar-Nominierungen. Warum das keine gute Nachricht ist, sieht man, wenn man sich die sträflich ignorierten Filme und Schauspieler anschaut. Dazu verlieren auch noch die Zuschauer und die Veranstalter.
Am Montag wurden in Los Angeles die Nominierten für die Oscar-Verleihung bekanntgegeben. Die Verleihung findet am 26. Februar statt. Das Musical „La La Land“ ist mit 14 Nominierungen der große Favorit bei der Veranstaltung. Damit stellt der Film von Damien Chazelle einen Rekord ein: Nur „Titanic“ und „Alles über Eva“ gingen in so vielen Kategorien ins Rennen um einen Preis.
Dass der Film dermaßen oft nominiert wurde, hat einen faden Beigeschmack. Im „La La Land“ suchen Emma Stone und Ryan Gosling Ruhm und Erfolg in der Traumfabrik Los Angeles – die 14 Nominierungen fühlen sich an als würde man Hollywood beim Masturbieren vor dem Spiegel zuschauen.
Regisseur Damien Chazelle und allen Beteiligten von „La La Land“ gönnt man natürlich den Erfolg, ihr Film ist gleichzeitig Kritiker- und Publikumsliebling. Mit Blick auf die großen Verlierer, die seit der Verkündung der Nominierten feststehen, fragt man sich aber dann doch, warum die Academy das Feld nicht ein bisschen besser durchgemischt hat und nur wenige Filme („Moonlight“ hat 8 Nominierungen, „Arrival“ ebenfalls) ins Wettbewerbsfeld holt.Die großen Verlierer der Oscar-Nominierungen 2017:
Martin Scorsese und „Silence“
Wenn Martin Scorsese einen Film dreht, dann sind ihm Oscar-Nominierungen eigentlich immer gewiss. Eigentlich. Ausgerechnet sein Herzensprojekt „Silence“, das er nach mehr als zwei Jahrzehnten endlich umsetzen konnte. Eine Nominierung für die Kameraarbeit sprang am Ende heraus, eine Katastrophe für das Epos über Glauben und die katholische Kirche. Einer der „Silence“-Darsteller darf ebenfalls enttäuscht sein:
Adam Driver
Driver hat ein irres Jahr hinter sich. „Star Wars: Das Erwachen der Macht“ brachte ihm weltweite Bekanntheit, danach fiel er gleich in zwei Filmen durch beeindruckendes Spiel auf. In Jim Jarmuschs „Paterson“ spielte er einen schüchternen Poeten, danach folgte mit „Silence“ ein sehr gelungener Auftritt neben Hauptdarsteller Andrew Garfield. Eine Nominierung hätte er verdient gehabt.
Amy Adams
Adams zählt zu den besten Schauspielerinnen unserer Zeit. Und hat es 2016 nochmal bewiesen: In „Nocturnal Animals“ wird sie zwar von Jake Gyllenhaal ausgestochen, allerdings spielte sie in „Arrival“ ganz groß auf. Der Science-Fiction-Film von Denis Villeneuve ist nun zwar für acht Oscars nominiert, Amy Adams allerdings nicht. Obwohl sie den Film voller Effekte und Sprachwissenschaften quasi allein stemmte.
Die Academy
Die Academy of Motion Picture Arts and Sciences vergibt die Oscars, ihre Mitglieder bestimmen über Nominierte und Sieger. Und man hat das Gefühl, dass die diesjährigen Nominierten nur auf Schlagzahlen abzielten: „La La Land“ stellt Rekord von „Titanic“ ein. Eine solche Rekordjagd ist natürlich ein hilfreicher Superlativ, wenn es um die Aufmerksamkeit und die vermeintliche Einmaligkeit der Verleihungszeremonie geht. Zynisch könnte man aber auch sagen, dass die vielen Nominierungen für „La La Land“ nichts anderes als ein Hilfeschrei nach einer besseren Einschaltquote ist.
„Titanic“ und „Alles über Eva“
Waren bisher Rekordhalter was Nominierungen anging. 1997 respektive 1960 gingen sie mit 14 Nennungen ins Rennen um Trophäen. Diese fast einmalige Leistung wird durch „La La Land“ schlichtweg abgewertet. James Cameron wird sich ärgern und aus Frust wahrscheinlich noch ein paar „Avatar“-Drehbücher mehr schreiben.
Die Zuschauer
Es bleibt zu hoffen, dass „Moonlight“ „La La Land“ ein paar wichtige Kategorien wegnimmt. Beste Kamera und Bester Film zum Beispiel. Ansonsten wird es die langweiligste Oscar-Verleihung seit Jahren. Spätestens nach zwei Stunden wird uns Ryan Goslings Gesicht nämlich zum Hals raushängen. Danach wird niemand mehr „And the Winner is La La Land“ hören können…
„Die Taschendiebin“
Park Chan-Wook hat mit „Die Taschendiebin“ ein stilistisches Meisterwerk erschaffen, das dazu auch noch Erotik und Tiefe bot. Vor allem in den technischen Kategorien wie Produktionsdesign und Kamera hätte der Film nominiert werden müssen. Müssen! Ist aber nicht passiert.
Alle Leute, die der Meinung sind, dass Mel Gibson nichts mehr in Hollywood zu suchen hat
Mel Gibson ist nachweislich Antisemit und Frauenschläger. Und dennoch gelingt ihm mit „Hacksaw Ridge“ das große Comeback. Er selbst ist für den Oscar als Regisseur nominiert, weitere fünf Preise kann sein Film einheimsen. Die Filmindustrie hat ein Comeback-Märchen für einen Antisemiten geschrieben – das darf man beunruhigend finden.