Die Fantastischen 4
Von vielen als rappende Schlagersänger nur mitleidig belächelt, verstehen sich die vier fantastischen Schwaben als „Pioniere des deutschen HipHop" - Erfolg und seine Folgen.
Doch, was deutschen Hip-Hop betrifft, ist Smudo sich sicher: „Jede Band wird mit uns verglichen. Dann heißt’s: ‚Die machen’s wie die Fantastischen 4.‘ Oder: ‚Die sind anders als die Fantastischen 4.‘ Wir werden als Maßstab genommen. Deshalb bleiben viele Bands wohl freiwillig im Untergrund.“ Keine Frage: Unter mangelndem Selbstvertrauen leidet der fantastische Smudo bestimmt nicht. Im Bewußtsein, daß seine Kollegen und er „Pioniere des deutschen HipHop“ sind, legt er sogar noch eins obendrauf: „Wir sind die einzigen, die die Hose aufmachen und sagen können: ‚Leckt uns doch alle am Arsch. Wir können Radiomelodien schreiben, wir können alles machen. Eine credibile HipHop-Band kann das nicht, weil sie Angst hat, ihr Gesicht zu verlieren.“ Diese Angst
saß auch den vier reimenden Schwaben schon einmal im Genick. Und zwar just zu jener Zeit, da der Hype um die Hymne ‚Die da‘ immer skurrilere Züge annahm, als das Quartett am Flughafen nicht mehr als ‚Die Fantastischen 4‘ erkannt wurde, sondern als ‚Die da‘, als sich selbst der Schlagerdino Dieter-Thomas Heck zu einem ‚Die da‘-Wortspiel hinreißen ließ. Der Song bescherte den Stuttgartern zwar eine fantastische Karriere, sorgte aber auch für Sodbrennen. Smudo: „Du wachst auf und hörst im Radiowecker folgende Eiskremwerbung: ‚Ist es die da oder die da?‘ Also rufst du den Anwalt an und fragst, ob das autorisiert ist. Nein? Also dann: einstweilige Verfügung. Doch so was dauert. Und bis dahin ist die Werbekampagne gelaufen.“ Der TV-Spot von O-Saft-Presser ‚Hohes C — rappende Kids, neben denen selbst Onkel Dittmeyer als Sympathieträger bestehen konnte — war aus der Sicht der Fantastischen 4 denn auch mehr eine Notlösung. „Wir wollten dem ganzen Treiben einen Riegel vorschieben“, erzählt Smudo. „Für 150.000 Märker gaben wir diesem Spot unser Okay.“ Viel zu wenig, wie Schnellsprecher Smudo heute meint: „Für das, was passiert ist, hätten wir das Vierfache verlangen sollen.“ Doch auch so haben die vier Endzwanziger ihre Schäfchen im trockenen. „Wir investieren in Immobilien“, plaudert Smudo aus dem Nähkästchen. „Schließlich sehe ich nicht ein — nachdem ich mein Studium geschmissen und das Risiko mit der Musik auf mich genommen habe —, daß ich jetzt um den Lohn gebracht werde und jede zweite Mark dem Staat schenke.“ Wobei die Fantastischen 4 künftig wohl noch intensiver darüber nachdenken müssen, wie sie ihr Geld am besten anlegen. Denn ähnlich wie die vorhergehenden Veröffentlichungen dürfte auch ‚Lauschgift‘, das neue Album des Stuttgarter Quartetts (s. Plattenteil), wieder einiges an Geld in die Kassen fließen lassen. Und das um so mehr, als die Fantastischen 4 seit Beginn ihrer Karriere textlich wie musikalisch dazugelernt haben: „In den letzten Jahren haben wir viele neue Erfahrungen gemacht“, erklärt Smudo den erweiterten Horizont. „Mit den Leuten der Jazzkantine zum Beispiel oder auch mit den Megalomaniax. Einen Song wie ‚Love Sucks‘, bei dem ich so richtig penetrant und schmutzig losbrettere, hätte es ohne diese Erfahrung ganz sicher nicht gegeben.“