Die Beatles Story Teil 3


Dies ist die Story der Beatles. Dritter und (leider) auch letzter Teil. Denn heute geht jeder der vier Giganten seinen eigenen Weg. Eigentlich ging mit "Sgt. Pepper's Lonely Hearts Club Band" das goldene Zeitalter der Beatles zu Ende. Deshalb wollen wir uns in dieser Folge der "Beatles-Story" etwas eingehender mit diesem "Jahrhundert-Album" befassen.

Die Beatles waren einen langen Weg gegangen, bevor sie sich 1967 ins Studio begaben, um mit — für damalige Verhältnisse – Wahnsinnsaufwand diese LP einzuspielen. Hinter ihnen lag eine beispiellose Karriere: Aus dem düsteren Gemäuer des Liverpooler „Cavcrn“-Club hatten sie sich mit ihrer unvergeßlichen Musik den Weg bis in den Buckingham Palace erspielt. Die Wogen der „Beatlemania“ (eine Krankheit, die so fern und überwunden scheint wie die mittelalterliche Pest), die fanatische Begeisterung der Massen hatten die Beatles zu ungeahnten Erfolgen getragen. Wo immer sie in den frühen 60er Jahren auftraten, wurden sie empfangen, als wäre der Messias zurückgekehrt. John Lennon selber hatte in dieser fernen Zeit einmal bemerkt: „Die Beatles sind nun populärer als Jesus“, und prompt stand das religiöse Amerika köpf. Jedoch: Nachdem die Beatles mit den anstrengenden Tourneen Schluß gemacht hatten, war ihr Stern im Sinken. Die letzten Singles wie „Paperback Writer“ und „Penny Lane kamen nur noch mit Mühe auf die vorderen Plätze der Hitlisten. Diesem geschäftlichen Mißerfolg entsprachen personliche Enttäuschungen innerhalb der Gruppe. Nachdem man sich, in Hotelzimmer zusammengepfercht, während der Tourneen gehörig gegenseitig genervt hatte, gab es nun — ’66—’67 — Auseinandersetzungen über den weiteren Weg der Beatles. Paul hatte ansprechende Liedchen komponiert, die er mit ins Studio brachte. „The Fool On The Hill“ z.B.. das er zu dieser Zeit komponierte, war ein solcher Song. John setzte in schroffem Gegensatz sein „I Am The Walrus“ dagegen. Kalt-ironisch, vielleicht politisch, war dieser Song, und er zeugte vom Auseinanderstreben des Geschmacks zweier Menschen, die als Lennon/ McCartney eins der großartigsten Komponistenteams der Musikgeschichte gewesen waren. George Harrison war von seiner Frau Partie auf indische Weisheit angetörnt worden. Das hatte ihn selbstbewußter gemacht, und zielstrebig verfolgte er nun die Absicht, seinen fernöstlich angehauchten Eigenkompositionen (für die man auf den letzten LP“s „Rubber Soul“ und „Revolver“ mit Mühe ein Plätzchen gefunden hatte) ein breiteres Forum zu verschaffen. Er verlangte energisch mehr Raum für sich auf der zu produzierenden nächsten Platte. Nur Ringo hatte keine Meinung und beschränkte sich darauf, im stillen eine zweite Karriere vorzubereiten: als Filmstar! Nachdem die LP „Revolver“ im Kasten war. entschlossen sich die Beatles denn auch zunächst mal, ein schöpferisches Pauschen einzulegen. Fast ein halbes Jahr lang gingen John, Paul, George und Ringo eigene Wege. George spann sich weiter ein in indische Hintergründigkeiten, Paul ging (endlich mal Zeit!!!) viel ins Theater und beschäftigte sich mit klassischer Musik. Wie wir schon wissen, pflegte Ringo seine Kontakte zur Filmwelt und verbrachte einen Gutteil seiner „Ferien“ in Hollywood. Auch John hatte Kontakt zu Schauspielern und Regisseuren aufgenommen; Ende 1966 unterschrieb er den Kontrakt für eine Nebenrolle in dem Film „Wie ich den Krieg gewann“

(„How I Won The War“) und begab sich zu den Dreharbeiten nach Deutschland. Er verbringt die nächsten Wochen hauptsächlich mit im-Schlamm-Kriechen auf dem NATO-Truppenübungsplatz von Bergen-Hohne. Im Gegensatz zu Ringo, dessen Darstellungskünste eher in Richtung „Act Naturally“ – also „Spiel-Dich-Selbst“ gehen, nimmt John den Auftrag an, eine Rolle drehbuchgemäß auszufüllen, sehr ernst: Er spielt einen einfältigen Soldaten, der – vor dem Hintergrund des 1. Weltkriegs —auf recht ungewöhnliche Weise die Schlacht für sich entscheidet. „How I Won The War“ ist das erste sichtbare Produkt eines Politisierungsprozesses bei John Lennon.

Sgt. Pepper’s Lonely Heart’s Club Band

Nachdem man einige Monate nichts voneinander gehört hatte, begannen im April ’67 die Aufnahmen für ein neues Album. Der „Urlaub“ hatte geholfen, die kritische Situation nach dem Ende der Tourneen zu überwinden. Die englische Musikpresse, die schon von „split up“-Auflösung gemunkelt hatte, begrüßte diese neue Entwicklung in den höchsten Tönen. Im Studio herrscht Hochstimmung, ein Einfall jagt den nächsten. Die Beatles sind kreativ wie lange nicht mehr; von der Mundharmonika bis zum 40-köpfigen Streicherensemble wird alles zum Einsatz gebracht. John und Paul bringen ein letztes Mal ihre musikalischen Ideen mühelos unter einen Hut. Die Eingangsmelodie „Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band“ ist ein fideles Bekenntnis zur ungezwungenen Unterhaltungsmusik, die für jeden etwas bringen soll. Tanzkapellen-Sound und – künstlich untergemischtes Publikumsgejohle, Textzeilen wie „we’d like to take you home with us“, signalisieren eine allgemeine „Seid-nett-zueinander-Stimmung“. Nicht von ungefähr: Schließlich ist 1967 das Jahr der knospenden Blüten. „Flower Power“ hat Europa- erreicht, und wie Pilze schießen „psychedelische“ Clubs in Soho und poppig-bunt bemalte Boutiquen in der „Carnaby Street“ und auf „Kings Road“ aus dem Boden. Das „Adlib“, eine plüschig-gemütliche Discothek, eröffnete seine Räume hoch über den Dächern Londons. Hier traf sich alles, was Rang und Namen hatte: die Stones, die Animals, Manfred Mann, Walker Brothers, Who, P.J. Proby, Alan Price, Hollies und Kinks, Marianne Faithful und Sandie Shaw — keiner fehlte. Und natürlich ließen sich auch die Beatles die verrückte Show im „Adlib“ nicht entgehen. Mal war es Eric Burdon, der — „You know I’m mad“ – die Whiskyflasche in den Kronleuchter warf, mal hatten Brian Jones und seine Freundin Anita Pallenberg in „SS“-Uniformen gekleidet ihren großen Auftritt. Vielleicht war es aber auch Donovan, der in einer stilleren Ecke des Clubs der andächtig zuhörenden Schikeria seine Geschichten von Zigeunern und untergegangenen Kontinenten erzahlte. Wenn sich nicht gerade Mick Jagger und seine damalige Freundin Marianne Faithful öffentlich in die Haare kriegten, war es eigentlich eine friedliche und tolerante Gesellschaft, die in märchenhaft bunte Klamotten gehüllt, den Club allnächtlich bevölkerte. London, tristgraue Themsenmetropole, war auf einmal zu einem Wunderland geworden: Ob die Hippies nun gutverdienende Stars in ihren Westend-Villen waren, oder ob sie zu den zugewanderten jugendlichen „Freaks“ zählten, die sich im Künstlerviertel um die „Nottingham High-Street“ ansiedelten. – „Love & Peace“ herrschte überall. Die Marihuana-.loints kreisten allerorten, und viele Leute nahmen LSD. Ein bißchen vorsichtig sein mußte man schon, und wer das Zeug im Hause ‚rumliegen ließ, war selber schuld. Bei Hausdurchsuchungen fand die Polizei größere Mengen an Haschisch bei John und George. Beide kamen relativ glimpflich mit einer Geldstrafe davon. Böser sah es für Mick Jagger und Keith Richard aus, denen eine Gefängnisstrafe drohte. Zu diesem Anlaß veröffentlichten die Rolling Stones eine Single mit dem Titel „We Love You“. Kettenrasseln und Zellentürschlagen unterschieden diesen Song zwar ziemlich von dem mit der „Marseillaise“ eingeleiteten „All You Need Is Love“ der Beatles, jedoch wurde es wegen der Titelähnlichkeit mit dem Sommerhit der „Fab Four“ weltweit als Plagiat mißverstanden. „All You Need Is Love“ wurde in einer interkontinentalen Direktübertragung über Satellit in viele Länder der Welt gesendet. Es war der englische Beitrag zu einer Fernsehsendung mit dem Thema „Our World“, und überall auf der Erde konnte man überrascht feststellen, wie sehr sich die Beatles verändert hatten. Bärtig, mit Blumen im Haar, mit Pelzwesten und afghanischen Kaftans, mit dem Peace-Zeichen und dem freundlichsten Lächeln auf den Lippen, ganz auf das „neue Zeitalter“ eingestellt, machten sie sich zum Fürsprecher für eine „Bessere Welt“. „ALL YOU NEED IS LOVE“ hörten einige Hundert Millionen, und die Beatles sagten ihnen dann, daß mit Liebe und ein bißchen gutem Willen ein Paradies auf Erden möglich ist. Die gewiß naive Botschaft dieses Songs steht im Gegensatz zu den Texten und der anspruchsvollen Musik der „Sgt. Pepper“ Lp, die etwa zur gleichen Zeit herauskam. Der Themenkreis dieses Albums reicht von der Drogenverzückung in „Lucy In The Sky With Diamonds“ mit elektronischer Stimmveränderung und seinem psychedelischen Bilderreichtum, über das masurkenhafte „She’s Leaving“ mit der Geschichte von dem Mädchen, das von zu Hause abhaut und mit einem Lastwagenfahrer durchbrennt, bis hin zur verschlungenen Parabelmystik auf George Harrisons „Within You Without You“, das außerdem George’s Fortschritte auf der Sitar dokumentierte.

Wie ein Beatles-Song entsteht…

Hunter Davies berichtet in seinem im Droemer-Knauer- Verlag erschienenen Buch „Alles was Du brauchst ist Liebe“ (das Buch liefert vielseitige Information über den Werdegang der Beatles, und ich habe einiges für diesen Bericht daraus übernommen) in dem Kapitel „Die Beatles und ihre Musik“ (S. 241 ff.) etwa folgendes: Eines schönen Sommertages machte P-ul McCartney mit seinem Hund Martha einen Spaziergang. Es war im Mai ’67, und es wurde endlich warm in England, „lt’s getting better“, dachte Paul („es macht sich schon . . .“). Irgendwie verhakte sich diese simple Feststellung, und während er noch nach Martha rief, um dann in seinem Mini zurück ins Studio zu fahren, summte er schon eine Melodie vor sich hin: „lt’s getting better, it’s getting better all the time“. Als er den anderen im Studio dieses Lied (mit viel „Lala la“ und“.Damm, dam, dam“ zwischendurch vorspielte, sagte John, daß eigentlich eine Erklärung fehle, was denn nun „besser würde“. John war in der „Quarry Bank High School“ immer ein aufsässiger Schüler gewesen, und stets hatte er sich über „tumbe“ Pauker geärgert. Also stellte er fest, daß sich seit diesen Tagen in Englands Schulen doch etwas geändert haben müsse, er sang: „I used to get mad at my school, the teachers that taught me weren’t cool, Your holding me down, turning nie round, filling me up with your rules“. Daran schloß sich Pauls Idee an, so daß am Schluß folgender Refrain zustande kam: „I’ve got to admit it’s getting better, it’s getting better all the time“, um dann mit — stets opportun — den Worten ….. since you’ve been mine“

zu enden. Natürlich könnte man den Beatles an dieser Stelle vorwerfen, daß sie auch bei „It’s Gctting Better'“ nur wieder einmal das uralte Schlagerthema „Liebe. Eifersucht etc.“ variierten. Jedoch die intelligente textliche Verarbeitung, die stets über das (dem deutschen „Schmerz-auf-Herz-reimt-sich-soschön“ verwandten) Klischee „You love me and I love you, and ever since you’ve gone Im blue“, hinausging, bewahrte sie zumeist davor, ins Triviale abzugleiten. Es entstanden häufig wunderschöne und niveauvolle „Love-Songs““. Einerlei ob „Michelle Ma Belle . . .“ (weil, wie es weiter heißt.“.die Worte so schön zusammengehen“) besungen wurde, ob es schlicht „Girl“, das selbstbewußte Madchen war, oder ob John stets“ mit Blick für das Besondere „Lovely Rita“, die Polizistin, die die Strafmandate ans Auto steckt, beschrieb, immer hatten die Songs „das gewisse Etwas“. Oder um es mit „Sgt. Pepper“ zu sagen: „A splendid time is guaranteed for all“.

Wie Mickey Mouse im „Gelben Unterseebot fährt“

Im Juni 1967 beginnt in Hollywood ein Team von Trickfilmzeichnern die ersten Vorlagen für einen abendfüllenden Film, der die Beatles – als kunterbunte Karikaturen – auf einer Reise durch das Märchenland der Phantasie zeigen soll. Etwas konkreter könnte man auch sagen, daß es sich um eine Trickfilmdarstellung der Suche nach den „künstlichen Paradiesen“ (Baudelaire) handelt, auf der sich die Beatles seit einiger Zeit befinden. Unter der Supervision und Regie von Heinz Edelmann entsteht „Yellow Submarine“. Daß die Beatles einmal zur Konkurrenz von Mickey Mouse, Donald Duck und Tarzan weiden sollten, hatte sich wohl niemand träumen lassen. Indes „Yellow Submarine“ („Nothing Is Real“) hält den Vergleich mit den besten Disney-Filmen aus. Das gelbe U-Boot begibt sich mit der Beatles-Crew auf Tauellfahrt ins Unterbewußtsein. Die Vier begegnen dem „Nowhere Man“ genauso wie den Monstern der Tiefsee. Viele Klafter tief fallen sie durch einen „Löchersee“ („Sea Of Holes“). um endlich in „Pepperland“ anzukommen. Sie kämpfen mit den „Meanies“. den „Miesmachern“ und bestehen am Ende doch alle Abenteuer.

Brian Epstein stirbt, Maharishi und ein „weißes Album“

Im Juni kommt, wie erwähnt. „Sgt. Pepper“ auf den Markt. Und während die Käuferschaft dieses Albums noch nach dem Sinn der verworrenen Songs sucht, begeben sich die Beatles nach Griechenland mit der Absicht, dort eine Insel zu kaufen. Sie können sich ein Pauschen leisten, denn für die nächsten Monate haben Millionen von Fans genug damit zu tun, herauszufinden wer denn nun Henry, das walzertanzende Pfetd ist. oder was es mit den 4000 Löchern in Blackburn. Lancashire auf sich hat. Jedermann weiß, daß es die halluzinogenen Drogen waren, die die Beatles dazu brachten, über das Leben mit M („When Im Sixty Four“) nachzugrübeln, LSD machte sie mit Lucy, dem Mädchen mit den Kaleidoscope-Augen, bekannt. Und was war wohl die „Kleine Hilfe von den Freunden“, wenn nicht der Marihuana-Joint? Die Einflüsse auf „Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band“ reichten von indischen Raga-Klängen über beschwingte Melodien aus dem galanten Wien, über gigantomane Wagnerposaunen bis hin zur Zwölftonmusik unserer Tage. Die Kritik pries die Beatles als „die größten Komponisten seit Schubert“ und schwelgte in überschwenglichen Erwartungen, was das nächste Album der „Fab Four“ betraf. Jedoch vieles sollte anders kommen . . .

Ende ’67 verlieren die Beatles in vieler Hinsicht die Übersicht über ihre ehrgeizigen Unternehmungen. Ein richtiger Fehlschlag wird der Film „Magical Mystery Tour“, den die Beatles zu dieser Zeit abdrehen. Während alle Welt sich über „Yellow Submarine“ amüsiert hatte, fand kaum jemand Verständnis für diesen zweiten von den Beatles selber zusammengehauenen Film. Statt eines U-Boots wurde diesmal ein Omnibus für eine Fahrt ins Blaue verwendet. Jedoch dem Film mangelte es an Handlung, und nur die Musik, die auf einem EP-Doppelalbum veröffentlicht wurde, riß die Sache noch irgendwie raus.

Der Tod von Brian Epstein am 15. Oktober 1967 bedeutete eine weitere einschneidende Änderung im Leben der Beatles. Wohl halten sie sich schon seit den Aufnahmearbeiten zu „Revolver“ von Epsteins Führung losgesagt. Jedoch war Epstein. ein unscheinbarer Mann mit künstlerischen Ambitionen (er hatte sich ’67. als die Beatles zu filmen begannen, auch selber als Schauspieler am „Savile-Theatre“ versucht), stets eine wohltuende Vermittlerrolle zugefallen. Ihm gelang es fast immer, die Streitigkeiten, die bei den Beatles zur Tagesordnung gehörten, zu schlichten. Dennoch akzeptierten sie ihn nur widerwillig als Menschen. Sie sprachen mit ihm als ihrem Manager. Wäre Brian Epstein weniger sensibel gewesen, ihm hätte gelangt, was er erreicht hatte: Ein großes Vermögen, eine 25000-Pfund-Villa auf dem Lande, ein Platz in der Londoner Gesellschaft, das Raunen der Schickeria, wenn er Clubs wie das „Marquee“ oder „Speakeasy“ betrat. Möglicherweise war es die Vereinsamung eines Mannes, der sich zu Höherem berufen fühlte, als nur zum Geschäftsmann, labil, neurotisch, latent, homosexuell, griff er immer häufiger zu barbiturhaltigen Tranquilizern. Eines Tages verschätzte er sich in der Dosis— und das war’s dann. Selbstmord? Wahrscheinlich nicht.

Die Beatles selber befanden sieh an dem Wochenende, als ihr Manager tot in seiner Wohnung aufgefunden wurde, nicht in London. Sie waren in Begleitung ihrer Frauen und Mick Jagger nach Banger, Südengland, gefahren. Auf Drängen Patty Harrisons hatten sieh John, Paul und Ringo bereit erklärt, an der Sommerkonferenz des indischen Gurus Maharishi Mahesh teilzunehmen. Natürlich hatten die Fans davon Wind bekommen, und so kam es. daß die Beatles dem Ober-Yogi die Schau stahlen. John erntete darum höchstes Lob von den Deligierten der SIMS (Students International Meditation Society), als er erklärte, die Beatles und Jagger wären als „Schüler“ gekommen, nicht wegen der Publicity. Maharishi, der enormen Publicity, die die Beatles ihm bringen, bewußt, kümmert sich in liebenswürdigster Weise um sie, als sie vom Tode Epsteins erfahren. Er spinnt die Beatles ein in blumige Schilderungen der Reinkarnationen und der höchsten Glückseligkeit im Nirvana. Er verspricht, sie im nächsten Frühjahr (also 1968) in die Technik der „Transzendentalen Meditation“ einzuweisen. Erbaut und beruhigt kehren die Beatles nach London zurück. Die nächsten Wochen verstreichen ohne besondere Vorkommnisse. Ringo fliegt nach Amerika, um an der Seite von Riehard Burton und Marion Brando eine Rolle in dem Film „Candy“ zu übernehmen. Die „Rest“-Beatles verständigen sich über die weitere geschäftliehe Zukunft der Beatles. Angeregt von Vorgängen in San Francisco (das sie zu dieser Zeit ständig zu Stippvisiten besuchen), geleitet von dem Ideal, etwas „kreativ-Antikommerzielles“ zu starten, ventilieren sie den Plan einer eigenen Firma. Es soll eine Art Hippie-Konzern mit vielen Branchen werden. Sie wollen ihre Platten in völlig eigener Regie produzieren, junge Künstler fördern und schließlich auch noch eine Boutique eröffnen. John findet den originellen Namen für diese Beatles-Firma: Als „Apple Corps Ltd.“ wird sie am 6. Februar ins Londoner Handelsverzeichnis eingetragen. Die Oberaufsicht in diesem Laden, dessen aufs aufwendigste ausgestatteten Geschäftsräume in der noblen „Savile Row“ eingerichtet wurden, behielten sich die Beatles selber vor. Stellvertretend herrschte ihr „Press-Officer“ Derek Taylor über das Imperium. Während im Keller des Hauses ein Studio installiert wird, ziehen sich die Beatles zur Produktion eines neuen Albums in die EMI-Aufnahmeräume an der „Abbey Road“ zurück. Die Arbeiten am „White Album“ werden unterbrochen von einem mehrmonatigem Indienaufenthalt. Maharishi gibt ihnen ein geheimnisvolles „Mantra“, ein Wort, eine Silbe, das die bedrängte Seele von allem Übel befreien und „neue Kraft“ schenken soll. (Die Ähnlichkeit zur Wirkungsweise eines bestimmten Erzeugnisses der Süßwarenbranche war wohl unbeabsichtigt.) Ringo reist nach kurzer Zeit aus Indien ab. John Lennon überwirft sich mit den Getreuen des Meisters und beschuldigt schließlich diesen der Scharlatanerie. In der Tat handelt es sich bei der „Transzendentalen Meditalion“, kurz „MS“ genannt, um eine höchst unzulässige (aber marklgerechte) Kreuzung zwischen altindischen „Hatha-Yoga“- Atemübungen. Hindu-Mystik und dem von amerikanischen Ärzten entwickelten „Autogenen Training“. Der Erfolg der Methode ist umstritten. Daß hingegen das Geschäftsgebaren des stets grinsenden Maharishi skandalös war, bewegte John Lennon dazu, ihm auf dem „White Album“ einen Song mit dem anzüglichen Titel „Sexy Sadie“ zu widmen. Darin heißt es bezeichnend: „Sexy Sadie, what have you done, you made a fool of everyone“ und „Sexy Sadie, however big you think you are!“. Nur, eins muß man dem pfiffigen Inder doch als Verdienst anrechnen: Immerhin gelang es ihm, die Beatles zumindest vorübergehend von den Drogen zu befreien. Der Erfolg hält bei John nicht lange an: „Happiness Is A Warm Ciun“. dreideutiger Höhepunkt des „Weißen Albums“, handelt bereits von seinen neuesten Drogenerfahrungen: von Heroin. John hat eine schwere Zeit ’68. Seine Ehe mit Cynthia geht zu Bruch, nachdem sich John mit einer japanischen Künstlerin namens Yoko Ono eingelassen hatte. Yoko war in der Londoner Gesellschaft kein unbeschriebenes Blatt: Von ihrem ersten Film, der 365 Ärsche in Cinemascope zeigte, redete man hinter vorgehaltener Hand. Auch die anderen Beatles waren von Johns neuer Gespielin nicht eben begeistert. Vor allem Paul, der nach seiner Trennung von der Arzttochter Jane Asher stets andere Titelbildschönheiten zum Essen ausführte, konnte mit der zickigen Japanerin nichts anfangen. Ringo, wie immer gutmütig, war freundlich zu Yoko, obwohl gerade er am wenigsten Verständnis für ihre „Kunst“ aufbrachte. George hatte gar keine Zeit, sich groß Gedanken über Johns fernöstliches Anhängsel zu machen: Er nahm seine erste Solo-LP mit Namen „Wonderwall“ auf. Das Elektronengehirngezirpe und die Sitarakkorde dieser LP waren als Filmmusik gedacht. Die Beatles gingen, nachdem das indische Abenteuer noch einem gemeinsamen Interesse entsprang, von nun an getrennte Wege. Schon das „White Album“ wurde gewissermaßen ein Sampler von John. Paul. George &. Ringo, weniger ein echtes „Beatle-Album“. Im Klartext: Die als Lennon/McCartney ausgewiesenen Kompositionen waren in Wirklichkeit entweder Songs von John oder Paul. (Und nur die Copyrightbedingungen der „Northern Songs“ bewirkten die irreführende gemeinschaftliche Namensnennung.) „Yer Blues“. „Back In The U.S.S.R.“. „Glass Onion“ oder „Dear Prudence“ sind typische Lennon-Einfälle: ironisch, hintergründig und teilweise provozierend. Ebenso „Why Don’t We Do It In The Road“, das auffordert, „es“ auf der Straße zu tun. Etwas anderes ist die Lage bei „Heiter Skelter“. Produkt eines gemeinsamen Besäufnisses im Studio. Nebenbei gibt es von dem Song noch eine traurige Geschichte zu erzählen: „Heiter Skelter“, zu deutsch „Achterbahn“, enthielt laut Aussage von Charles Manson angeblich eine Botschaft. Den Befehl zum Töten. Unter Drogeneinfluß und mit dieser „Botschaft“ im Kopf, ermordeten er und seine „Family“ im Sommer „69 die Schauspielerin und Polanski-Gattin Sharon Täte und ein paar ihrer Freunde. Überhaupt war die Zeit der Veröffentlichung des „White Albums“ begleitet von merkwürdigsten Ereignissen. Zum Jahreswechsel 68/69 widmete die amerikanische Illustrierte „“Life“ Paul McCartnev eine Titel-Story. Darin wurde behauptet, Paul wäre seit langem tot. Als Beweis wurde angeführt: Die Armbinde von seiner Kitschee-KotVUniform auf „Sgt. Popper“. „O.P.D.“ = „Ontario Police Department“ hieße in Wirklichkeit „officially pronounced dead“. Johns Gemurmel am Schluß von „Strawberry Eields“ hieße nicht „I’m very bored“, sondern „I buried Paul“. Die Textzeile in „A Day In The Life“: „He blew his mind out in a car“ bezöge sich auf Pauls schrecklichen Tod bei einem Autounfall.

Und wenn man schließlich das „dim, dumm, dumm, hamfetim“ zwischen „Dear Prudence“ und „Glass Onion“ rückwärts abspiele, ergebe sich „Paul is dead, miss him. miss him.“ Alles in allem eine spannende Geschichte, die zudem noch feststellte, daß der Sieger des „Wer-sieht-Paul-am-ähnlichsten-Wettbewerb“ niemals bekanntgegeben wurde. Tatsache ist. daß George Harrison zu dieser Zeit einen schweren Autounfall hatte, bei dem er und Patty ziemliche Verletzungen davontrugen. „Ihre Autos zerbrachen wie ihre Liebe“ schrieb die „Paris Match“ vor einigen Wochen in einem Artikel über die Beatles. George und Patty trennten sich 1969. Wir erinnern uns, daß sie es war. die den Beatles die „indische Weisheit“ nahegebracht hatte. Nach der Trennung geriet George, dessen religiöses Interesse neue Glaubensinhalte suchte, in die Umgebung der „Cream People“. Zusammen mit Eric Clapton — der nach Auflösung der „Cream“, ebenso wie John heroinsüchtig wurde – suchte Harrison fortan „The Lord Jesus“. Musikalisch bewirkte die Freundschaft mit Eric Clapton eine Umorientierung seines Stils. „Savov Truffle“ und „Long, Long Time“ auf dem „Weißen Album“ sind Songs ohne „indische“ Kinkerlitzchen. Die auch als Single veröffentlichte Harnson-Komposition „While My Guitar Gcntly Weeps“ zeigt beim Solo die typische „Glissando‘-Technik von „Slowhand Clapton“. Auch Ringo beteiligte sich an dem Doppelalbum, übrigens mit einer Eigenkomposition: „Don’t Pass Me By“. Stilistisch liegt das Lied schon ganz auf der Linie der Songs seines dritten Soloalbums „Ringo“. Pauls Beiträge zum „White Album“ reichen vom anmutig instrumentierten „Blackbird“‚ über das romantische „Mother Nature’s Son“ bis zu Kitschstücken wie „Julia“ oder „Goodnight“. Ein Gespür für den nostalgischen Trend, der ja eigentlich erst in den 70er Jahren zum Tragen kommt, beweist wiederum Johns „Honey Pic“ mit Schellackplattengekrächze und Anspielung auf den Hollywood-Glamour der „goldenen Zwanziger“. Progressives und Altmodisches, Triviales und spitzbübisch-Hinlergündiges kennzeichnen das „Weiße Album“ der Beatles. Und heute ist es leichter als damals, es als ein Symptom für den Verfall einer bemerkenswerten Gruppe zu erkennen.

Vier Menschen, vier Wege

Ist es wirklich notwendig, noch groß auf die beiden folgenden Beatles-Alben „Abbey Road“ und „Let It Be“ einzugehen? Mit Erscheinen der Single „Hey Jude“ Ende ’68 war im Grunde alles klar: Die Beatles waren nicht mehr imstande, sich wirklich zusammenzuraufen. Ein Stück wie dieses (das natürlich trotzdem ein Hit wurde) hätten sie in früheren Zeiten niemals herausgebracht. Es war ein einfallsloser Song mit schier nicht enden wollendem Refrain: „dadada dad dada da“ usw. usw. Noch ärger war die Rückseite: „Revolution“ betitelt (eine Auskoppelung aus dem „White Album“), konnten die Verse dieses Songs angesichts der Ereignisse in Paris! Mexico, USA, angesichts der Ermordung Martin Luther Kings und des Attentats auf Rudi Dutschke in Berlin, von der jugendlichen Anhängerschaft der Beatles nur als bourgeoises Gewäsch gewertet werden? Der Lack war ab. und viele ihrer Fans wandten sich in diesem Jahr den Rolling Stones zu, die mit „Street Fighting Man“ scheinbar hinter der Jugend, den Studenten standen und zur Revolution aufriefen. Die Beatles hingegen hielten Rückschau. Vieles auf „Abbey Road“ und „Let It Be“ (die übrigens in umgekehrter Reihenfolge produziert wurden) wirkt der Versuch, musikalisch in glückliche Zeiten zurückzukehren. Während Jon und Paul als Songschreiber wenig Glück hatten, was die Produktion dieser beiden Alben angeht, bewiesen gerade die beiden „stillen“ Beatles ein unerwarttes Talent. „Something“ und „He Comes The Sun“ waren zwei ausgezeichnete Harrison-Produktionen. „Octopus Garden“ eine erfreulich beschwingte Starkey-Komposition. John Lenno zeigte mit „Come Together“ (auf „Abbey Road“) und mit „On After 909 (auf „Let It Be“) den ausgeprägtetesten Rückwärtstrend: Das eine Stück enthält Teile von „You Can’t Catch Me“, einem Standard der Hamburger Zeit, das andere entstand schon 1962 in Liverpool. — Paul hingegen zeigte mit „The Long And Winding Road“. sowie dem schwülstigironischen „Let It Be“, daß er nunmehr Burt Bacharach Konkurrenz machen wollte. Schon fast ein Zufallstreffer war denn auch „Get Back“, ein Song, den sie in einem letzten, spontanen Live-Auftritt auf dem Dach des Apple-Hauses uraufführten. Zu dem Album „Let It Be“ kam ein Film auf den Markt. Inhalt: die Aufnahmearbeiten zu der Platte. Und indem die Beatles auch noch ein Glanzfotobuch mit Szenen aus dem Film zu dem Album herausgaben, zeigten sie deutlich, wie sehr sie auf der Stelle traten. Der grüne Apfel, Markenzeichen ihres Konzerns, wurde auf dem Cover der letzten LP rot abgedruckt, Rot = Stop, Ende einer über zehnjährigen Zusammenarbeit. Oder auch Rot wie „rote Zahlen“, denn ihr Konzern machte inzwischen aufgrund katastrophaler Fehlplanungen 65000 Dollar Verlust pro Woche. Die Trennung dieser „größten Gruppe aller Zeiten“ erfolgte denn auch fast parallel mit dem Erscheinen der LP „Let It Be“.

John

1970 hatten John Lennon und Yoko Ono geheiratet. Die Geschichte dieser Trauung (die auf Gibraltar vollzogen wurde) erzählt die vorletzte Beatles-Single „The Ballad Of John And Yoko“. Über Amsterdam (wo die beiden ein mehrtägiges Love-in im Doppelbett ihrer „Hilton Hotel“-Suite veranstalteten) führte die Reise nach Wien, wo sie sich den Journalisten in Packpapier eingehüllt zum Interview präsentierten. „Baaisms“ nannte John diese neue Kunstform des Sich-Verhüllens. Von nun an stellten John und Yoko ihn in in den Dienst der Emanzipation des Menschen und des Friedens. Sie schickten Ahornbäume an Politiker in aller Welt, damit „der Frieden wachsen möge“. Sie veröffentlichten „Unfinished Music“ (im wesentlichen Geschrei und Gekreisch von Yoko), gaben ein „Wedding Album“ heraus, das mit einem Aktfoto der beiden geschmückt war. Ferner gründeten sie die „Plastic Ono Band“, mit der sie lamoryant um „eine Chance für den Frieden“ baten („Give Peace A Chance“), zum „Live Peace At Toronto“ aufforderten oder die unangenehmen Foluen des Heroins auf Platte besangen („Cold Turkey“). Sie unterzogen sich in Los Angeles einer „Urschreitherapie“ bei dem Psychoanalytiker Dr. Arthur Janov. Schließlich ließen sich die beiden (die inzwischen das Haar zeitweilig kurzgeschoren trugen) in New York nieder. Täglich von der Ausweisung bedroht, produzierte John seither anspruchsvolle LP’s wie „Imagine“. „Mind Games“ oder – kürzlich – „Walls & Bridges“. Mit der Platte „Rock’n’Roll“, die ausschließlich Standards der 50er und frühen öOer Jahre enhält. machte John unlängst noch einmal klar, wo er sich eigentlich wirklich beheimatet fühlt. In der Gesellschaft der Rock’n’Roll-Idole seiner Jugendzeit. Mit der Musik von Elvis. Chuck Berry. Little Richard und Fats Domino schließt sich der Kreis.

George

George Harrison wandte sich nach der Auflösung der Beatles vor allem der Verfolgung seiner religiösen und sozialen Ideale zu. Süße, fromme Einfalt bestimmte fortan sein Wirken. Mit Propheten-Bart und Rasputin-Augen machte er es sich zur Aufgabe, die Welt zu bekehren. Hatte er noch ein Jahr zuvor dem indischen Gott Krishna gehuldigt (und mit dessen glatzköpfiger Anhängerschaft das monotone „Hare Krishna, Hare Rama. Hare Hare“ auf Platte cebracht). so wurde er nun gewissermaßen zum dreizehnten Jünger Jesu. „My Sweet Lord“ und andere Songs des Dreier-Albums, mit dem philosophischen Titel „All Things Must Pass“, priesen die Glückseligkeit in einem Leben nach den Maximen des „Neuen Testaments“. Unangenehm sektirerisch setzte sich diese Tendenz auf dem Album „Living In The Material World“ fort. Ähnlich wie (der musikalisch völlig anders ausgerichtete) John McLaughlin benutzte Harrison seine Platten als Vehikel für sein religiöses Eiferertum. Natürlich waren seine ehemaligen Fans, wenn sie nicht inzwischen selber zu „Jesus-Freaks“ geworden waren, von diesen Entwicklungen nicht begeistert. Als Hilfsaktion für die Opfer des pakistanisch-indischen Konfliktes sollte das Einspielergebnis des „Concert For Bangla Desh“ verwendet werden. Jedoch ist bis heute nicht klar, ob das Geld (von Apple-Manager Allan Klein verwaltet) auch wirklich im „Land der Freien“ ankam. Sensationeller Höhepunkt des Konzertes war ein Auftritt von Bob Dylan gewesen, so daß schon allein durch dessen Mitwirken ein Anreiz zum Kauf des luxuriös ausgestatteten Livemitschnittes gegeben war. Vor kurzem veröffentlichte George sein – vorerst – letztes Album mit Namen „Dark Horse“. Diese LP gibt Anlaß zu der Hoffnung, denn doch noch bessere Sachen von George zu hören, als es die vorletzte Platte befürchten ließ.

Ringo

Unter der „Rubrik Familiäres“ ist zu vermerken, daß Ringo sieh vorerst von seiner Frau Maureen getrennt zu haben scheint. Überwiegend in Hollywood lebend, begann er eine Affäre mit einem Fotomodell namens Nancy. Musikalisch zeigte sich Ringo klug beraten von Freunden wie Richard Perry und Harry Nilsson, als Meister auf dem Gebiet wirklich guter Unterhaltungsmusik. Die beiden LP’s „Ringo“ und „Goodnight Vienna“ sind hervorragend produziert. Neben anderen prominenten Gastmusikern wirkten auf der erstgenannten — man höre und staune —alle vier Beatles mit. Allerdings nicht auf einem Stück zusammen. Die romantisch-einfältige Pose, das Kokettieren mit dem „Underdog-Image“, das Ringo in Titeln wie „Have You Seen My Baby“ oder der Starkey-Harrison-Komposition „Photograph“ gekonnt ausspielt, haben ihm den Weg ins amerikanische Showbusiness aufs Beste geebnet. Vergessen sind seine eher lächerlichen Alleingänge, die er 1970 gleich nach dem Split der Beatles, noch in London unternahm. „A Sentimental Journey“ (mit Ringos Interpretationen amerikanischer Big Band Schlager) und sein hilfloser Versuch, seinem Country-Idol. Carl Perkins, nachzueifern, sind langst aus den Regalen der Schallplattenläden verschwunden …

Paul

Paul hatte sich 1970. gleich nach der Auflösung der Beatles, an die Aufnahmen für ein erstes Soloalbum gemacht. Diese LP „MeCartney“, wurde mit reichlich primitiver Ausrüstung auf dem Dachboden von Paul’s Landhaus produziert. Er spielte alle Instrumente selber, dilettierte am Cello und „übte“ – —anders kann man das nicht ausdrücken – sich erfolgslos im „mixen“. Einzige Assistenz bei den Vocalpartien und am Klavier war Linda McCartney, geschiedene Eastman. Die kühle Blonde aus Amerika hatte Paul ein Jahr zuvor geheiratet. Aus erster Ehe, mit dem steinreichen Eastman-Kodak-Erben, brachte Linda eine Tochter namens Heather mit. Weitere Nachkommen wurden bald darauf ausgebrütet. Um es kurz zu machen: Kaum eine von Pauls ersten Soloproduktionen fanden vor den Ohren der englischen Kritiker Bestand. Bei „Ram“‚, „Red Rose-Speedway“, „Wild Life“ war es vor allem das Fehlen Lennon’scher Ironie und Coolness, was die Kritiker bemängelten. Süße, harmonische Liedchen lernte Paul allmählich in professioneller Weise zu produzieren. Und auch wenn Paul mit seiner Gruppe Wings (deren Besetzung sich dauernd ändert) einige Hits wie „Hi Hi Hi“ oder „Mary Had A Little Lamb“ landen konnte, dauerte es doch bis 1973, ehe ein Album herauskam, das eines Beatles würdig war. „Band On The Run“ in Lagos, Nigeria, aufgenommen, enthielt so hervorragende Songs wie „Drink To Me“ (Hommage an Picasso), „Mamunia“ oder das glänzende Titelstück. Paul’s bislang letzter Schlag: „Venus And Mars“. Das Album wurde wieder mit neuer „Wings“-Crew eingespielt. Als Gastmusiker verzeichnet die Hülle so erlauchte Namen wie Dave Mason oder Allen Toussaint. Es geht also weiter bergauf mit Mr. McCartney …

Es tut nicht not, alle die Gerüchte breitzutreten, die mindestens einmal im Jahr von einer Reunion der „Fab Four“ reden. Standig werden sie gemeinsam in irgendwelchen Aufnahme-Studios gesichtet, und schon ist die Nachricht komplett: „Sie sind wieder zusammen!!“ Tatsache ist, daß die Beatles noch bis nächstes Jahr rechtlich an ihr gemeinsames Apple-Imperium gebunden sind. Wenn der Termin Juni 1976 gekommen ist, steht solchen Schritten nichts mehr im Wege. Also bis dann…