DIE 33ER
JIMI HENDRIX – ELECTRIC LADYLAND MCA, 1968
„The night I was born, I swear the moon turned firered.“ Wer dieses Doppelalbum hört, glaubt Jimi Hendrix jedes Wort, auch die Zeile aus „Voodoo Chile“, in der er seine Geburt als Hexensabbat inszeniert. Mit „Electric Ladyland“ steigt der Gitarren-Wizard aus Seattle endgültig auf in den Olymp der Rockgötter. Blues, Jazz, Psychedelk Rock und sogar Klassik führt er zusammen, um endlich den Klang auf Platte zu bannen, der ihm schon lange durch den Kopf schwirrt. Ein phantastisch schillernder Trip.
JEFFERSON AIRPLANE – SURREALISTIC PILLOW RCA, 1967
„One pill makes you larger, one pill makes you small, and the ones that mother gives you don’t do anything at all.“ Mit ihrem zweiten Album hebt das Airplane 1967 ab in den Hippie-Himmel. Psychedelische Phantasien wie „White Rabbit“, „Somebody To Love“ oder „Plastic Fantastic Lover“ bieten passende Parolen zum „Summer of love“, den die Band, die eine riesige Villa in San Franciscos In-Viertel Haight Ashbury bewohnt, zelebriert wie niemand sonst: „Feed your head.“
KINKS – SOMETHING ELSE BY THE KINKS Essential, 1967
Mögen ihre frühen Alben noch so charmant rumpeln: Die Kinks hatten stets mehr drauf als polternde Party-Parolen, nachzuhören auf Songs wie „Stop Your Sobbing“ oder der famosen LP „Face To Face“. Doch erst „Something Else“ von 1967 zeigte Ray Davies durchgehend als cleveren Chronisten Albion’scher (Alp-) Traume und birgt ganz nebenbei Schätze wie „Lazy Old Sun“, „David Watts“ oder „Waterloo Sunset“. Also: „Welcome to Daviesland“, wo sich wunderbare kleine Stories wie durch Zauberhand in wunderbare große Songs verwandeln.
VAN MORRISON – ASTRAL WEEKS WEA, 1968
„If I ventured in the slipstream between the viaducts of your dreams“: Schon die erste Zeile des Titelsongs nimmt den Hörer sanft an die Hand und führt ihn fort, weit, weit fort, nach Coa vielleicht, jenen verheißungsvollen Ort in Indien, zu dem 1968 pilgert, wer ein Hippie sein will, die Freiheit im Sinn, das Meer vor Augen, „Astral Weeks“ im Ohr; jenes Wunderwerk, das Jazz ist und Blues und Folk und Soul, nichts von alledem und doch alles zusammen – „to be bornm again“.
PINK FLOYD A SAUCERFUL OF SECRETS EMI, 1968
Die „Untertasse voller Geheimnisse“ ist vor allem ein Album des Übergangs. Syd Barrett ist schon weggetreten, aber noch nicht ganz, sein Nachfolger David Gilmour schon angekommen, aber noch nicht richtig, und die Band kämpft abwechselnd mit den schattenhaften Schimären aus Psycho-Welten und dem heraufdämmernden Irrsinn des interstellaren Overdrive. Wie auch immer: Wer „Let There Be More Light“ hört, weiß, warum Clubs damals Namen trugen wie „UFO“ oder „Middle Earth“.
OTIS REDDING – OTIS BLUE Atlantic, 1965
Sagen wir s frei heraus: Das ist definitiv eine der Platten für die einsame Insel. Und für die, die’s immer noch nicht kapiert haben, sei der Untertitel dieses Meilensteins zitiert: „Otis Redding sings Soul“, und zwar aus eigener („Respect“, „Ole Man Trouble“, „I’ve Been Loving You Too Long“) und fremder Feder (zweimal Sam Cooke, „Satisfaction“ von den Stones oder Solomon Burkes „Down In The Valley“), Klassiker allesamt, die den Mann aus Dawson/Georgia, der als einziger schwarzer Soulman beim Monterey Pop Festival auftritt und kurz vor Weihnachten 1967 bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kommt, schon zwei Jahre zuvor unsterblich machen.
ROLLING STONES – BEGGAR’S BANQUET Abkco, 1968
„Their Satanic Majesties Request“ hatte mächtig Stirnrunzeln ausgelöst unter den Stones-Jüngern. Und dann das hier: ein diabolischer Groove in „Sympathy For The Devil“; cooler Countryblues in „No Expectations“; rolliges Röhren in „Stray Cat Blues“; nackte Paranoia in „Dear Doctor“; Gospelfeeling in „Salt Of The Earth“; eingehüllt in ein Toilettenwand-Graffiti-Cover; Keith, Mick, Charlie und Bill in Hochform (nur auf Brian hatte wieder mal keiner aufgepaßt). Frage: „Was kann ein armer Junge anderes tun, als in einer Rock’n’Roll-Band zu spielen?“ Antwort: nichts.
VELVET UNDERGROUND – VELVET UNDERGROUND & NICO Verve, 1967 Die einflußreichste Rock-Band überhaupt? Kann gut sein. Oder auch: völliger Quatsch. Songs wie „I’m Waiting For The Man“ oder „Venus In Furs“ entziehen sich allen Kategorien, sind Alpträume aus Sex, Gewalt und Drogen, ausgeschwitzt im Hexenkessel New York. Lou Reed, John Cale, Maureen Tucker und Sterling Morrison (plus Teilzeit-Chanteuse Nico) sind Warhol-Proteges, emanzipieren sich aber schon sehr bald vom Pop-Art-Papst. Derweil Reed „Heroin“ singt: „I feel just like Jesus‘ son“. Und Cales Viola „The Black Angel’s Death Song“ zerfetzt. Letzte Ausfahrt Brooklyn.
CREAM – DISRAELI GEARS Polydor, 1967
Don’t believe the hype: Das als erste Supergroup der Rockgeschichte genial vermarktete Trio sollte seine überdurchschnittlichen Fähigkeiten noch an eitle Egotrips verschwenden. Aber mit „Disraeli Gears“ schaffen Eric Clapton, Jack Bruce und Ginger Baker einen Feuerball aus funkensprühenden Songs („Sunshine Of Your Love“, „Tales Of Brave Ulysses“, „Strange Brew“) und brennenden Improvisationen samt psychedelischem Budenzauberbritischer Bluesrock war nie besser.
NEIL YOUNG – EVERYBODY KNOWS THIS IS NOWHERE WEA, 1969 Im Nirgendwo hatte Neil Young den Stein der Weisen gefunden: Kracher wie „Cinnamon Girl“ und ausufernde Epen, die sich dahinschleppen wie ein verwundeter Wolf („Cowgirl In The Sand“, „Down By The River“) sind zugleich Geniestreich und Blaupause für spätere Großtaten. Beinahe noch wichtiger: Der kanadische Einzelgänger präsentiert hier „The Rockets“, die fortan an seiner Seite erhobenen Hauptes und aufrecht lärmend allen Stürmen des Lebens trotzen. Ihr neuer Name: „Crazy Horse“.
FRANK ZAPPA & THE MOTHERS OF INVENTION – FREAK OUT Ryko, 1966
Das Wort hat der Meister: „Alle Songs hatten ein Thema. Es war nicht so, daß wir eine Hitsingle hatten und nun einen Haufen Füllmaterial brauchten. Jeder Song hatte eine Funktion in einem satirischen Gesamtkonzept.“ Wohl wahr, Abgedrehteres ward bis dato nicht gehört: Rock und Blues, Klassik und Filmmusik, alles durch den Avantgarde-Fleischwolf gedreht, dazu Motown und Ballett, „hungry freaks“ und „brain police“, Groucho Marx und Edgar Varese. Wahnsinnig, einmalig.