Devo
Der schräge Typ oben auf der engen Bühne kann’s kaum fassen: „Do vou really want more of this stuff?“, fragt er die rasende Menge – und die brüllt unisono: „Jaaaaaa“ Das Publikum will die wildgewordenen Programmierer in den weißen Laborkitteln partout nicht von der Bühne lassen, es will mehr von diese: Songs, die viel eher Provokation sind als eine harmonische Abfolge von Tönen.
Gut zehn Jahre nach dem Höhepunkt ihres Erfolgs verfügen die füllig gewordenen Computerspezialisten von Devo eben noch immer über eine devote Anhängerschaft – zahlenmäßig zwar überschaubar, dafür aber enorm begeisterungsfähig. Welche irrwitzigen Klangcollagen die Musiker ihren mikrochipgesteuerten Instrumenten aus japanischen Soundfabriken mittels Tastendruck auch immer entlocken – das mit der Band älter gewordene Publikum zeigt sich dankbar. Selbst billige Beats vom Band werden brav beklatscht.
Das beginnt schon zum Auftakt der Show, wenn auf der Leinwand über der Bühne ein Film abläuft, der, untermalt von eigener Musik, die Devolutionäre in den verschiedenen Phasen ihres Schaffens zeigt. Der Film muß sein, denn die Band versteht sich als multimediales Projekt – zum Sehen, Hören und Fühlen.
Dem Fühlen helfen die musikalischen Hightech-Heroen mit brutalen Baßfrequenzen auf die Sprünge, die selbst aus gestärkten Oberhemden das letzte Stäubchen rauspusten. Einen Bassisten sucht man auf der Bühne trotzdem vergeblich. Und den braucht’s auch nicht, denn nicht umsonst gelten die Devoten als Hohepriester der musikalischen Computersprache.
Deshalb nimmt sich der Schlagzeuger hinter seiner altbackenen Schießbude zwischen den kleinen, aber klanggewaltigen Keyboards schon fast wie ein Relikt aus scheinbar längst vergangenen Rock ’n‘ Roll-Tagen aus. Doch erstaunlicherweise bringt die Band die Bude trotz digitaler Klangkälte zum Brodeln. Diese apokalyptische Computer-Kakophonie setzt jede Menge Adrenalin frei und hat auf unerklärliche Weise einen wilden, mitunter sogar erotischen Reiz.
Devo live – das sind ein paar verrückte Musikprofessoren, die beweisen, daß sogar schnöde Mikrochips über Sex-Appeal verfügen. Ihre schweißgetränkten Chirurgenjäckchen, die sie am Ende der futuristischen Show ins Publikum schleudern, sind denn auch heiß umkämpfte Objekte der Begierde – als Devotionalien einer Band, die Computerklänge zur Kunstform erhebt.