Der Sound der Stille
Drei Jahre nach dem Erfolg von Veckatimest ist alle Welt gespannt, wie es mit Grizzly Bear weitergeht – das ging der Band auch selber so. Um es herauszufinden, haben die New Yorker die Verbindung zur Außenwelt zeitweise gekappt.
Es gibt einfach zu viel Musik in der Welt“, sagt Ed Droste und lacht ins Telefon. Wir erreichen den Sänger und Hauptsongschreiber von Grizzly Bear zu Hause in New York, zwei Tage nachdem das neue Album fertig gemixt ist. „Ich brauche Stille, um kreativ zu sein, nicht diesen ständigen Input. Darum haben wir uns zum Schreiben in die Einöde verzogen.“ Kein Internet, kein Fernseher und definitiv kein Indie-Sound, der aus irgendeinem Player dudelt: Grizzly Bear haben sich sogenannte writing retreats in der medialen Isolation verordnet, um den Sound für ihr neues Album zu finden. „Wir haben fast alle seit Veckatimest Musik in Nebenprojekten oder solo gemacht, jeder hat sich weiterentwickelt. Da prallen die Einflüsse ohnehin aufeinander. Und überhaupt müssen sich vier Leute, die länger Urlaub hatten und dann wieder zusammenarbeiten wollen, erst mal neu zusammenraufen. Auch dafür ist es gut, sich zurückzuziehen: Zusammen wohnen, zusammen kochen, so findet man schnell wieder zusammen.“
Im Sommer 2011 reisen Grizzly Bear nach Texas, um am Nachfolger von Veckatimest zu arbeiten. „Das war aber eher ein Fehlstart“, sagt Droste. „Wir dachten, wir wären so weit, aber dem war nicht so. Es war eine super Zeit, tolles Wetter. Wir haben zwölf Songs aufgenommen, waren am Ende aber doch nicht zufrieden damit.“ Sie reisen weiter, verbringen lange Zeit in Cape Cod in Massachusetts, von Weihnachten an arbeiten sie fast täglich am Album. Gehen morgens wandern, sitzen in der Sonne, mittags kocht Drummer Chris Bear („ein Wahnsinnskoch“) opulent für die Band, die dann von Nachmittag bis spät in die Nacht schreibt und aufnimmt. Sie müssen raus aus der Stadt, immer wieder, auch um dem Druck zu entgehen, der sie nach dem massiven Erfolg von Veckatimest umgibt. „In New York rennt dir ständig jemand von der Plattenfirma über den Weg oder ein Musikerkollege, der dich fragt:, Na, wie läuft’s denn so?‘ Dem zu entgehen hat uns geholfen, das ganze Tamtam zu vergessen.“
Und wie klingt es nun, das neue Album? „Ich glaube, wir klingen immer noch nach uns, aber sehr viel energetischer“, sagt Droste. „Es gibt neue Sounds, neue Texturen. Und wir sind lyrischer, wir haben viel mehr Aufwand in die Lyrics gesteckt, überhaupt gibt es mehr Text. Es ist ein intensives Album, aber in einem guten Sinn. Es macht Spaß.“ Kurze Stille. „Ehrlich gesagt: Es ist besser geworden, als ich es mir jemals hätte vorstellen können.“ Ab 14. September können wir uns selber ein Bild machen. Dann erscheint das neue Album, eine Tournee mit Terminen in Hamburg, Berlin und Köln folgt im Oktober. Der mittlerweile von der Band im Internet veröffentlichte Vorabsong „Sleeping Ute“ (der nichts mit dem deutschen Mädchen-Vornamen zu tun hat, sondern einen dösenden amerikanischen Ureinwohner vom Stamm der Ute zum Protagonisten) gibt Droste recht: Es ist ein reich instrumentierter, vielschichtiger Indie-Prog-Song. Er klingt wie Grizzly Bear, nur ganz neu.