Der neue Musikexpress: Daft Punk im ersten Interview Deutschlands zu ‚RANDOM ACCESS MEMORIES‘
Zu Besuch bei Thomas Bangalter und Guy-Manuel de Homem-Christo: Für die Titelgeschichte der Juni-Ausgabe des Musikexpress hat Michael Pilz Daft Punk in Paris getroffen - ohne Helme, für das nun erscheinende erste Interview deutschlandweit.
Die gröbsten News sickerten in den vergangenen Tagen und Wochen durch: Ja, Daft Punk bringen nach über sieben Jahren ein neues Album raus, und ja, sie werden darauf jede Menge Gäste featuren. Die kamen in Daft Punks Collaborators-Reihe bereits ausführlich zu Wort, aber zwei Menschen haben sich über das neue Album RANDOM ACCESS MEMORIES bisher so bedeckt gehalten wie es ihre Gesichter seit Jahren sind: Daft Punk selbst. Bis jetzt.
Für die Titelgeschichte des neuen Musikexpress hat unser Autor Michael Pilz die beiden Herren hinter den Helmen getroffen – Thomas Bangalter und Guy-Manuel de Homem-Christo. Ihr kleines Pariser Studio, dessen genaue Lage er bitte nicht verraten soll, beschreibt Pilz so: „Die Wände haben sie mit Fotos ihrer Kinder dekoriert und mit Porträts verwandter Roboter, Fritz Langs Maria aus „Metropolis“ und R2D2 aus George Lucas’ „Star Wars“-Saga. „Star Wars“ liegt als DVD bereit, neben dem Film „Tron: Legacy“ mit seinem Daft-Punk-Soundtrack. Ihre kleine Bibliothek umfasst ein Album-Cover-Buch, das Heft „The Mind“ aus der Wissenschaftsreihe des „Life“-Magazins und „Walker’s Rhyming Dictionary of the English Language“. In der Ecke steht Raise!, das letzte Album von Earth, Wind & Fire, von 1981.“
Das Interview von Michael Pilz ist das erste Daft-Punk-Interview Deutschlands 2013. Lest hier Auszüge daraus.
Daft Punk: Interview im neuen Musikexpress
Musikexpress: Was ist das denn für ein Album?
Thomas: Das fragen wir uns auch. Deshalb haben wir uns gedacht: Laden wir jemanden ein, der uns das vielleicht sagen kann. Aber gut: Zunächst mal ist es, in gewissem Sinn, unser erstes Studioalbum. Bisher waren wir ja überzeugte Heimwerker. Unser aktuelles Konzept lautet: Musikmachen im Studio, Aufnehmen von Musik, Handwerk, Session. Natürlich war uns das Konzept noch nicht klar, als wir vor fünf Jahren angefangen haben. Wir haben uns damals einfach gesagt: „Mal sehen, was dabei herauskommt, wenn wir nicht mehr zu Hause arbeiten.“
Der Titel ist ein Witz, oder?
Thomas: Nicht wirklich.
Guy: Es ist ein Wortspiel.
Thomas: Technologie und Neurologie, Speichern und Erinnern. Das menschliche Gehirn ist fragmentiert wie eine Festplatte. Erinnerungen sind Fragmente, sie sind zufällig. Jeder Computerbegriff hat seine menschliche Konnotation. Das sagt viel darüber aus, was Computer für uns sind. Das hat noch nichts mit künstlicher Intelligenz zu tun. Es macht uns nur bewusst, dass unsere Beziehungen zur Technik intimer werden. Das wäre die Metaebene von RANDOM ACCESS MEMORIES.
Das Album selbst ist also vollkommen ernst gemeint?
Thomas: Nein. Das nun auch wieder nicht. Das Verhältnis von Mensch und Maschine ist ja auch ein eher spielerisches, jedenfalls für uns als Musiker. Wir sehen das Album wie ein surrealistisches Gemälde von René Magritte. Du kannst das als Witz sehen. Ein Typ ohne Gesicht mit einem Apfel auf dem Kopf.
Guy: Oder als Traum.
Es geht auch immer um das Material, um die Mittel. Ist das Album wirklich so analog entstanden, wie es sich anhört?
Thomas: Um ehrlich zu sein: Wir haben digitale Mittel für die Postproduktion benutzt. Aber wir haben keinerlei digitale Instrumente auf dem Album.
Was war noch mal so toll an analogen Sounds?
Thomas: Nennen wir sie getrost organisch. Heutige Popmusik wird mit Computern erzeugt. Computer an sich sind aber keine Musikinstrumente. Dafür sind sie nicht erfunden worden, dafür werden sie nicht gebaut. Sie können alles Mögliche. Uns persönlich interessieren heute Gerätschaften, deren Bestimmung und Zweck zuallererst darin besteht, Musik zu machen. Als wir zuletzt den Soundtrack zu „Tron: Legacy“ aufgenommen haben, hat sich das Orchester auf einen einfachen C-Dur Akkord eingestimmt. Schon das erschien uns wie reine Magie. Dazu sind Computer nicht fähig. Keine Software, die einen Synthesizer simuliert, und keine Soundbank werden einen je so bewegen wie ein Steinway-Flügel. Es geht um Gefühle. Das bedeutet nicht, dass man mit digitalen Mitteln nichts erschaffen kann. Aber mit analogen Mitteln kann man sich als Musiker ausdrücken. Es ist wie beim Kochen: Man kann auch mit billigen Zutaten ein Essen zubereiten, aber kein Gericht. Analog ist kein Mythos. Wenn Nile Rodgers Gitarre spielt, spielt er einfach Gitarre und die Aufnahme fängt den Moment ein.
Guy: Seine Stimmung.
Thomas: Es lässt sich nicht wiederholen. Mit dem Computer arbeitest du nun mal komplett im Virtuellen. Es ist alles sehr einfach, aber auch sehr traurig. Es ist wie die „Truman Show“. Du erzeugst eine künstliche Welt, speicherst alles ab und klappst den Computer zu. Wenn du ihn wieder aufklappst, ist die Welt noch exakt dieselbe. Aber so ist das Leben nicht. Es ist keine virtuelle Realität, auch wenn das viele heute behaupten. Unser Album setzt sich aus Schnappschüssen zusammen, die sich nicht wiederholen lassen. So funktioniert die Erinnerung. Es ist noch da, wird sich aber nie wieder genauso ereignen.
(…)
Das gesamte Interview mit Daft Punk lest Ihr im neuen Musikexpress. Vom 8. Mai 2013 an im Handel.