Der ewige Hippie: Robert Plant zwischen Folk und Fön
MÜNCHEN. Retro-Rock und Plateau-Schuh-Revival mögen wohlwollendes Interesse an den originalen Schlaghosenträgern wecken, doch die endgültige Wachablösung an der Hippie-Front ist längst vollzogen: Robert Plant, als Sänger von Led Zeppelin einst Garant für volle Stadien, durfte im vergangenen Sommer gerade mal den Anheizer für Hippie-Nachgeburt Lenny Kravitz mimen.
Wobei der Auftritt im Vorprogramm immerhin deutlich machte, daß der reifere Herr mit seinen 45 Jahren ein immer noch fulminanter Sänger ist, dessen Stimmumfang und Ausdrucksfähigkeit in den vergangenen 20 Jahren kaum gelitten haben.
Als Headliner in kleineren Hallen gut aufgehoben das Münchner Terminal I ist bestenfalls zu 70 Prozent ausgelastet . entpuppt sich Plant als Meister der Zwischentöne: Led Zeps Macho-Bluesrock schimmert zwar bisweilen durch, doch Akustikgitarre und Mandoline verhelfen dem Reperoire zu einer stilistischen Bandbreite jenseits von „Whole Lotta Love“. Bestes Beispiel: Eine viertelstündige Version von „I’m In The Mood“, die mit gekonnter Dynamik den weiten Bogen vom wuchtigen Hardrock zum filigranen Folk zieht.
Plant kündigt Tim Hardins „If I Were A Carpenter als einen seiner Lieblingssongs an und demonstriert auch anderweitig eigenwillige Repertoire-Kenntnis: Die wundersame Welt keltischer Druiden scheint den Lockenkopf textlich immer noch zu beschäftigen. Apropos Lockenkopf: Robert weiß, wie man sich männlich-abenteuerlich in Szene setzt und läßt sieh von einem (unter dem Mikroständer installierten) Ventilator dramatisch die Löwenmähne dauerwallen. Den Eindruck eines alterndem Narzisses im Rausch des Mittelpunktdranges erweckt das dennoch nicht. Plant durch und durch Symphat gibt seiner jungen, kompetenten Band die Chance zur ausgiebigen Profilierung. Zeitweise drei Gitarristen sorgen mit sensibler Feinarbeit oder druckvollen Riffs für den passenden Soundtrack zu Plants Vokalakrobatik.
Und wenn dann bei „What Is And What Should Never Be“ oder „Baby. I’m Gonna Leave You“ Page’schem Blues gehuldigt wird, gerät das Publikum – größtenteils männlich und um die 30 – vollends aus dem Häuschen.