Depeche Mode in New York City. Auch hier begeisterte ihr bewährter Sound. Ein paar Unebenheiten gab’s aber auch.
Kaum eine Band, welche das oft dramatische Up and Down im internationalen Musikbusiness mit so nachhaltigem Erfolg gekrönt hat wie Depeche Mode. In über zwei Jahrzehnten haben Dave Gahan, Martin Gore und Andy Fletcher neben allen Erfolgen auch etliche Krisen bewältigt, um am Ende wie Phönix aus der Asche wieder in einsame Charthöhen emporzusteigen. Und das, obwohl die Grundformel des Sounds von Depeche Mode über weite Strecken unverändert blieb. Fette, gelegentlich tanzbare Synthesizersequenzen, gepaart mit vertrackten Beats und einem zwingenden melodischen Element. Das aktuelle Album,“Exciter“, stellt erneut die Klasse von Gahan und den Seinen unter Beweis. Und das nach 21 Jahren Musikbusiness. Die selbstzerstörarische Drogenparanoia vergangener Jahre scheint endgültig Schnee von gestern zu sein, ebenso der Grufti-Pomp früherer Tourneen. Das von Starfotograf Anton Corbijn entworfene Bühnenbild der Exciter-Tour ist spartanisch kahl und nur mit einer riesigen Leinwand im Hintergrund ausgestattet. Darauf werden einfallsreich choreographierte Farbmotive sowie diverse Videoclips projiziert, von denen die herabstürzenden Wasserkaskaden zu „Waiting For The Night“ am wirkungsvollsten und ein zu „In Your Room“ auf blauer Leinwand schwimmender Goldfisch mit Hai-Begleitung am coolsten sind (nein, der Hai frisst den süßen Goldie nicht). Die Bühne ist in ein dunkles Rot getaucht, als ein Akustikmix aus „Easy Tiger“ und „Dream On“ aus den Boxen schlurft. Derweil nehmen Sänger Dave Gahan, Gitarrist und Songschreiber Martin Gore sowie Keyboarder Andy Fletcher ihre Plätze ein. Verstärkt werden sie durch den Tourneetastenmann Peter Gordeno, durch Drummer Christian Eigner und die Backing-Sängerinnen Jordan Bailey und Georgia Lewis. Das bloße Erscheinen der Band ist bereits Grund genug für die 15.000 Fans im ausverkauften Madison Square Garden, begeistert von ihren Klappstühlen aufzuspringen. Dabei haben Depeche Mode mit „The Dead Of Night“ und „The Sweetest Condition“ nicht eben den glücklichsten Einstieg in das Konzert gewählt. Nach den ersten Nummern kühlt die anfängliche Begeisterung der Fans denn auch merklich ab. Und auch während der folgenden zwei Stunden erreicht die dann doch bisweilen aufkommende Euphorie nie auch nur annähernd den Level, den man von früheren Depeche-Mode-Konzerten gewöhnt ist. Dabei hat die Setlist durchaus einiges zu bieten: „Black Celebration“ (von 1986) und „Never Let Me Down Again“ (1987), vier Songs von „Violator“, drei Titel von „Songs Of Faith And Devotion“, drei Tracks von „Ultra“ sowie acht von „Exciter“. Trotzdem will der magische Funke an diesem Abend nicht zu 100 Prozent von der Bühne in die Halle überspringen, auch wenn die Fans zumindest auf Hits wie „I Feel You“, „Enjoy The Silence“ oder „It’s No Good“ voll abfahren. Der Großteil der live gespielten „Exciter“-Songs dagegen lässt eher milde Begeisterung aufkommen. „Macht euch keine Sorgen“, murmelt Dave Gahan nach „I Feel Loved“, „ihr werdet den Song schon noch kapieren.“ Aber Depeche Mode setzen auch immer wieder Glanzlichter an diesem Sommerabend in New York City. Musikalische Höhepunkte sind zum Beispiel das von Dave Gahan und Martin Gore im Duett gesungene „Waiting For The Night“, die melancholisch präsentierte Hymne „I Feel You“ sowie die letzte der vier Zugaben, „Never Let Me Down Again“. Die Fans heben ihre Arme gen Himmel und singen verzückt jede einzelne Textzeile mit. Der Depeche-Mode-Klassiker „Personal Jesus“ hingegen klingt zu poppig und droht bedenklich in Richtung Spiee Girls abzudriften. Auch das mit blubbernden Basslinien, donnernden Drums, ineinander fließenden Riffs und zurückschwappenden Melodiebögen aufgemotzte „Dream On“ wirkt musikalisch zu unausgefeilt. Und „Black Celebration“ fehlt der dunkel-bedrohliche Biss vom gleichnamigen Album. Die Liveversion anno 2001 lässt den 1998 ausgeschiedenen Keyboarder Alan Wilder schmerzlich vermissen, wenngleich ein vor Energie nur so strotzender Dave Gahan und ein selten so animiert auf der Konzertbühne agierender Martin Gore überaus geschickt von dieser Tatsache abzulenken vermögen. Der stets exzentrisch gekleidete Gore, der an diesem Abend primär Gitarre spielt und nicht wie gewohnt die Keyboards bedient und zudem bei drei Songs, „The Bottom Line“,“Home“ und „Breathe“, die Lead Vocals übernimmt, ist von Kopf bis Fuß in Weiß gekleidet. Eine gewaltige Federboa auf Gores Schulter lässt ihn fast wie einen im Madison Square Garden gelandeten Götterboten erscheinen. Dave Gahan wirbelt derweil an der Bühnenrampe herum wie ein Punksänger auf Energy Drinks. Und das Fazit dieses Abends? Depeche Mode waren schon mal besser. Den Fans aber hat die Performance zumindest überwiegend trotzdem gefallen. Und schließlich zählt nur das am Ende.
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