Dead Kennedys – Bonn, Rheinterrassen


This song is dedicated to the man who would eat your own mother… Franz Josef Strauß…!“ Jello Biafra, der Sänger der Dead Kennedys, visiert das Publikum feindselig an, erwartet die unvermeidliche Stellungnahme. It’s our Nazi-Song“, fährt er dann höhnisch grinsend fort. „California über alles“. Drei brachiale, abgehackte Gitarrenakkorde, dann setzt die Rhythmusgruppe mit halsbrecherischer Geschwindigkeit ein, und Biafra verwandelt sich binnen Sekunden zum amoklaufenden Psychopathen. Er windet sich am Boden, attackiert seine Mitstreiter und verleiht seinem destruktiven Akt durch gewagte Sprünge ins Publikum noch mehr Zündstoff. Der scheinbar brutale Nihilismus dieser unkontrollierten Tobsuchtsanfälle und der infernalische, vollkommen übersteuerte Bühnensound kaschieren jedoch einen wesentlichen Bestandteil des Kennedy-Konzepts. Den sarkastischen, hintergründigen Witz der Texte nämlich, die trotz ihrer politisch brisanten Aktualität ganz ohne unglaubwürdige Phrasen und hochstilisierte Guerilla-Attitüden auskommen.

Man kann den Kennedys schwerlich jenen Anachronismus vorwerfen, der den profilneurotischen Anarcho-Punks heute so gerne attestiert wird. Sicherlich, die Band bedient sich (bewußt) aller herkömmlichen Punk-Klischees. Der sich überschlagende, nur von gelegentlichen Lautstärke-hireaks und Pausen unterbrochene Beat, die jaulenden, feedbackverzerrten Gitarrenriffs – all das sind Stilmittel, die natürlich nicht von dem Quartett aus San Francisco erfunden wurden und auch die musikalische Ausdrucksfähigkeit beträchtlich einschränken. Aber der wütende Protest, die hemmungslose Rage ihrer Performance, wirkt immer spontan, nie autgesetzt oder einstudiert. Jeder Song kollabiert am Ende regelrecht und mit ihren überzeugendsten Nummern wie z.B. .Holidays in Cambodia“ gelingt es der Band, die apokalyptischen Zustände des von Pol Pots Regime terrorisierten Khmer-Staates akustisch und visuell beeindruckend umzusetzen.

Dennoch – den Dead Kennedys fehlt das Martialische, Verkrampfte, ein Tatbestand, den ein Teil des Publikums einfach nicht zu begreifen schien. Wenn die vielbeschworene Anarchy sich in sinnloser Sachbeschädigung entlädt, ein vollkommen unbeteiligter Kameramann durch einen hinterhältigen Wurf mit einem Bierhumpen gefährlich verletzt wird, dann scheint die bundesdeutsche Punk-Begrifisauffassung doch in eine Sackgasse geraten zu sein. Fragt sich nur, ob es von den Hardcores noch ein weiter Weg zum hirnlosen Macho-Fetischismus der HM-Gemeinde ist…