David Lee Roth
New York, Brendan Byrne Arena
Wenn das Volk nicht will, ist selbst das gescheiteste Großmaul machtlos. Wie hatte „Diamond Dave“ vor Beginn seiner „Skyscraper“-Welttournee gleich noch getönt: Seine neue Supershow sollte alles in den Schatten stellen, was man im Rock’n’Roll bis dato gesehen hatte.
Die Fans allerdings lehrten den springenden Shouter erst einmal das Fürchten und verdammten den 32jährigen Oberhäuptling des Las Vegas-Hardrock dazu, auf Grund mangelnder Nachfrage in den ersten Wochen durch die Provinz zu tingeln und in bescheidenen Sälen kleine Brötchen zu backen.
Am 7. April konnten Roth & Band dann endlich aufatmen. Die „Brendan Byrne Arena“, vor den Toren New Yorks gelegen, war mit 25.000 Tickets bis auf den letzten Platz ausverkauft.
Allem Anschein nach hatte sich die Kunde von der „Monstershow“ inzwischen doch herumgesprochen. Obwohl im Verlauf des Konzerts sämtliche Songs von SKYSCRAPER. einige von EAT ‚EM AND SMILE und sogar einige alte Van Halen-Glanzlichter zum Zuge kamen: Der Akzent lag eindeutig auf den Gags, Gimmicks und theatralischen Effekten.
Von seiner akrobatischen Gummimann-Beweglichkeit hat David wahrlich nichts eingebüßt: Seine Sprünge und Spagate sind eher noch gewagter und halsbrecherischer geworden. Wer ihn allerdings nach der Show hinter der Bühne zu Gesicht bekam, konnte sich auf eine Überraschung gefaßt machen: Daves blonde Lockenpracht weist inzwischen beträchtliche Lücken auf: ein fülliges Haarteil legt das Mäntelchen der Barmherzigkeit über die kahlen Stellen. Zu den Klängen von „Just Like Paradise“ seilt sich der Enthaarte von der dunklen Hallen-Kuppel an einem Bergsteigerseil auf die Bühne herab und schlendert zigarettenrauchend, einen weißen Schlapphut auf dem Kopf, über die Bretter: „Just A Gigolo“ in Perfektion. Nach kurzer Finsternis überrascht er dann mit einer karibischen Steelband im Rücken: Die Roadies dürfen auf Pauken und Petroleum-Fässern den Rhythmus angeben.
Höhepunkt der zirzensischen Darbietung: Dave klettert an einer Jacobsleiter bis in die Kuppel der Arena, begleitet von den Klängen zu „Star Spangled Banner“, besteigt hoch oben einen Box-Ring-Käfig, der in atemberaubender Fahrt auf die Bühne herabgelassen wird. Und wenig später gleitet er, von Seilen gezogen, zu „California Girls“ gar auf einem Surfboard durch die Halle.
Während der Maestro in die Umkleidekabine spurtet, um anschließend seine Sammlung spanischer Boleros zu präsentieren, schlägt die Stunde von Gitarrist Steve Vai, der sie mit atemberaubenden Fingerübungen auch glänzend zu nutzen weiß. Bassist Matt Bissonette, Bruder des Schlagzeugers Greg, sowie Keyboarder Brett Tuggle, seit neuestem vollwertiges Mitglied der Band, knüpfen derweil den satten Soundteppich.
Sage und schreibe 100 Tonnen Ausrüstung schleppt man von Auftritt zu Auftritt mit sich herum. Das Resultat ist eine 90minütige Materialschlacht in bester US-Show-Tradition, die nur einen Nachteil hat: Die Musik ist kaum noch mehr als der Soundtrack zum Spektakel.