David Essex in Stardust


Das supercoole US-Fachblatt ROLLING STONE bückte ihm tief in die Augen und fand sie „blau wie der Himmel über Colorado“, der MELODY MAKER taufte ihn „den britischen Cassidy“ (und tat ihm bitterlich unrecht damit): David Albert Cook, 28, Sohn eines englischen Dockarbeiters und einer irischen Zigeunerin, besser bekannt, aus zigtausend wundgeschrienen Kehlen, als David Essex, der Junge mit dem kleinen Goldring im linken Ohr.

Der Bilderbuchfall eines Kids aus dem Eastend, dem der Sternenstaub des Starruhms auf die schwarzen Locken gestreut wurde, nach vielen Jahren Frust und Tingelei durch kleine, verqualmte Clubs, nicht unähnlich jenem Jim McLaine, den er in seinen beiden Filmen „That’ll Be The Day“ und „Stardust“ spielt.

Nun ist er, live und auf Leinwand, auch in Deutschland zu besichtigen, diese Kreuzung aus James Dean der 60er Jahre und stimmgewaltigem Pop-Bübchen. „Stardust“ (Regie: Michael Apted, Musik: David Puttnam und Dave Edmunds, Darsteller: u.a. Adam Faith, Keith Moon) läuft ab Ende März in unseren Kinos.

Als Star des Rockmusicals „Godspell“ war David schon bekannt, bevor er (1973/74) mit „Rock On“ Nr. 1 in England und Amerika wurde. Hits wie „Lamplight“, „America“, „Gonna Make You A Star“ und „Stardust“ folgen ließ, und die Alben „Rock On“, „David Essex“ und das neue Album „All The Fun Of The Fair“ herausbrachte. Am Schluß seines ersten Films „That’ll Be The Day“ (ein Streifen vor dem Rock’n’Roll-Hintergrund der 50er Jahre, mit Ringo Starr, Keith Moon, Bill Fury) läßt Jim MacLaine (David Essex) Weib und Kind im Stich und macht sich mit einer gebrauchten Gitarre auf die Walze. Zu Beginn von „Stardust“ stößt er auf den Jahrmarktsarbeiter Mike Menary (Adam Faith), der Roadmanager von Davids Klitschen-Rockband „The Stray Cats“ (Keith Moon spielt, berserkerhaft und verrückt wie im Original, den Drummer) wird. Mike macht den kleinen Wäschereikönig Harrap (John Normington) und den Musikverleger Colin Day (Marty Wilde) an, die Boys werden nach Beatles-Manier ausstaffiert und durch die Werbemühlen gedreht. Ihre erste Scheibe wird Nummer auf beiden Seiten des Atlantik. Jim MacLaine, der immer mehr ins Scheinwerferlicht rückt, und die Stray Cats gehen nach Amerika und werden dort, ohne ihr Wissen, von Porter Lee Austin (Larry Hagman), einem gerissenen Business-Hai, eingekauft. Der entnervende Tournee-Alltag (getreulich mit allen Drogen und Groupie-Exzessen dokumentiert) und Jim’s Ego-Trip sprengen die Gruppe, MacLaine wird zum Solo-Superstar aufgebaut. Er verliert auch seine treue Freundin Danielle (Ines Des Lonchamps), seine Mutter stirbt; bei ihrem von Fan-Exzessen gestörten Begräbnis kommt Jim die Idee zu einem monumentalen Oratorium, einer allen Frauen gewidmeten Rock-Oper. Dieses „Dea Sancta Et Gloria“ -Spektakel, per Satellit von 300 Millionen Menschen miterlebt, wird zum Höhe- und Schlußpunkt seiner bitter erkauften Karriere. Er flippt aus, verkriecht sich mit Mike (Adam Faith) in einem spanischen Kastell, ein drogenabhängiger, neurotischer Pop-Millionär. Trotz der Erkenntnis „The whole business is füll of shit“ gibt Jim nach zwei Jahren Einsiedlerzeit dem Drängen des Firmenbosses nach und willigt in ein exklusives TV-Interview ein. Zu spät: Während der Übertragung bricht er zusammen, auf dem Weg ins Krankenhaus stirbt er.

Der mit prächtigen Bildern und tragikomischer Note garnierte Film bündelt wie in einem Hohlspiegel die Atmosphäre der frühen 60er Jahre und deren Fortentwicklung bis heute. Es ist die Ballade von Ruhm und Elend, von Hype und Hysterie, von gemachtem Starkult und persönlichem Desaster. Ein Streifen auch, der eine verblüffende Authentizität aus dem Lebenslauf seines Helden gewinnt, der schließlich selbst ein Superstar geworden ist.